Roboter, Drohnen, VR-Brillen

Digitalisierung in der Landwirtschaft

03.06.2016 von Kolja Tönges
Die digitalisierte Landwirtschaft ist in aller Munde. Aber welche Technologien und Trends sind es, die den Bauern helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern? Wir haben die sechs wichtigsten herausgepickt.

Augmented Reality klingt kompliziert: Es geht darum, das physische Objekte identifiziert und mit passenden Informationen angereichert werden. Bauern können beispielweise Gebäude, Landmaschinen oder Ländereien durch eine Virtual-Reality-Brille oder mit einer App durch die Smartphone-Kamera betrachten und sich zu dem Gesehene kontextuell passende Informationen anzeigen lassen. So könnten Bilder und Daten eines Feldes mit Soll-Informationen oder Daten des Vorjahrs abgeglichen werden - ergänzt beispielsweise mit Details darüber, welcher Acker wie viel Wasser oder Dünger verbraucht hat.

In Bezug auf Pflanzenanbau, Schädlingsbekämpfung oder Ackerplanung kann das ein wertvolles Hilfsmittel sein, um Felder effektiver zu bewirtschaften. Historisches Bildmaterial lässt sich mit aktuellen Impressionen vergleichen, um Entwicklungen aufzuzeigen. Dabei können Informationen wie Niederschlagsmuster oder Wetterdaten beigefügt werden. Mithilfe solcher Analysen wird der Landwirt seine Ertragsaussichten für die kommenden Jahre wesentlich präziser beurteilen können.

Augmented Reality steckt noch in den Kinderschuhen, aber die Technik wird für die gesamte Lebensmittelkette immer wichtiger. Mit einfachen Anwendungen können Lieferanten von Landmaschinen, Düngemitteln oder sonstigen Gütern die Bauern informieren und ihnen Chancen aufzeigen. Zieht ein Bauer etwa den Kauf eines neuen Traktors in Erwägung, kann er sich zeigen lassen, was diese Anschaffung für die Bestellung seiner Böden bedeuten kann.

Augmented Reality versorgt den Bauern stets mit relevanten Informationen Drohnen können helfen, die Frucht zu überwachen und bei Schäden einzuschreiten Robotik ist längst nicht mehr nur in Form von Melkrobotern verfügbar
Foto: Monthira Yodtiwong - shutterstock.com

Potenzielle Gefahrenherde auf und um dem Hof, Waldbrände etwa oder Bodensenkungen, können mit Augmented-Reality-Anwendungen identifiziert werden. Doch auch die Lieferketten zum Kunden hin lassen sich transparenter gestalten. Verbraucher können mit entsprechenden Anwendungen nachvollziehen, woher ihre Nahrung kommt und wie sie produziert wurde. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern der Bedarf von heute. (siehe auch: Weichen für das Smart Farming werden gestellt)

Drohnen überwachen Ländereien

Zunächst vor allem für militärische Zwecke eingesetzt, sind unbemannte Flugkörper, sogenannte Drohnen, nun für den Agrarsektor interessant geworden. Ob die Vermessung der landwirtschaftlichen Nutzfläche ansteht oder die Ermittlung der Bepflanzungsdichte und der Feuchtigkeit oder ob das Viehs auf der Weide beobchtet werden soll - Drohnen bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Sie helfen landwirtschaftliche Prozesse zu optimieren und Handlungsbedarf frühzeitig zu erkennen.

Dem Agrarunternehmer verschafft die Drohne ein zusätzliches Paar Augen. War es für ihn bislang kaum möglich, alles zu überwachen, stehen ihm nun viel mehr Informationen über seinen Betrieb zu Verfügung. Die zusätzlichen Daten aus der Vogelperspektive sind aber auch eine Chance für Zulieferer. Stellt etwa eine Drohne fest, dass die Pflanzen die Köpfe hängen lassen und zusätzliche Nährstoffe benötigen, kann der Lieferant schnell reagieren und das passende Düngemittel liefern.

Wichtig ist dabei, dass die Informationen von allen Beteiligten in der Agrarkette gemeinsam genutzt werden können. Dazu müssen die eingesetzten Systeme in der Lage sein, die Daten zu speichern und Auswertungsmöglichkeiten anzubieten. Nur dann sind Zulieferer in der Lage, den Landwirten kundenspezifische Lösungen anzubieten, die individuell auf deren Pflanzen- und Viehbestand angepasst sind. Die enge Zusammenarbeit mit den Agrarbetrieben wird für die Lieferanten in Zukunft generell wichtiger. Ihr Ziel muss es sein, dem Landwirt bei allen Anforderungen zur Seite zu stehen.

Gläserne Pflanze und vernetzte Kuh

Das Internet der Dinge bietet revolutionäre Lösungen für den Agrarsektor. So werden Bodensensoren für die Zukunftsfähigkeit der Betriebe entscheidend sein. Sie registrieren die Trockenheit des Bodens und können diese Daten mit Informationen über den zu erwartenden Niederschlag für die nächsten 24 Stunden kombinieren. Mit diesen Informationen lässt sich eine Sprinkleranlage optimal steuern. So wachsen Pflanzen unter den bestmöglichen Bedingungen - ohne Verschwendung von Wasser.

Auch in der Nutztierhaltung eröffnet das Internet der Dinge Möglichkeiten: So ist beispielsweise ein voll vernetzter Stall denkbar, in dem Energieeffizienz, Tierschutz und Umweltschonung bestmöglich durchkalkuliert und aufeinander abgestimmt wurden. Mithilfe von Sensoren kann in Echtzeit überwacht werden, ob Trinkwasser- und Futterzufuhr optimal sind, der Energieverbrauch im Rahmen bleibt und die Luft im Stall ausreichend frisch ist. Je mehr Komponenten im landwirtschaftlichen Betrieb miteinander kommunizieren, desto größer werden die Einsparungen sein, die sich etwa durch Energieeffizienz oder optimiertem Arbeitsaufwand erzielen lassen.

In der vernetzten Agrarwirtschaft dreht sich immer mehr um das Erheben, Verarbeiten und Interpretieren von Daten. Zulieferer können ihre Produkte um passende Services erweitern, indem sie beispielsweise Daten zu Umweltbedingungen oder dem Zustand von Pflanzen und Tieren mitliefern. Setzen sie bei ihren Kunden Sensortechnik ein, sind sie zudem in der Lage, diese besser zu beraten. Damit solche Szenarien Wirklichkeit werden, sollten Futtermittelhersteller, -berater und -lieferanten, Tierärzte und auch die Energieversorger zusammenarbeiten. Sie alle müssen Zugang zu den neu gewonnenen Informationen bekommen, damit sie in der Lage sind, ihre Dienstleistungen und Produkte individuell anzupassen.

App aufs Feld

Landwirtschaftliche Apps sind in der Agrarbranche schon heute vielfach unverzichtbar. Es gibt eine ganze Reihe von Anwendungen für Ackerbau, Mechanisierung sowie Vieh- und Wetterinformationen. Insbesondere mobile Endgeräte sind für Landwirte wichtig. Dabei ist nicht nur das Interesse an robusten Smartphones groß, auch Wearables verschiedener Art sind zunehmend gefragt. Tatsächlich bieten Smart Glasses wie die Google-Brille oder intelligente Uhren wie die Apple Watch viel Potenzial in der Landwirtschaft.

Mit der App "Claas Telematics" können Landwirte ihren Claas-Maschinenpark ständig überwachen.
Foto: Claas Telematics

Mit gut gemachten Apps können zudem Agrarzulieferer relevante Informationen an den Landwirt senden. Mit Rücksicht auf die Daten eines Hofes, die Saison und auf etwaige Rechtsvorschriften können sie ein Konzept erstellen, wann welche Produkte eingesetzt werden dürfen und sollten. Ein Smartphone mit der richtigen App kann helfen, die Medikation von Nutztieren zu überwachen, die strengen gesetzlichen Restriktionen unterliegt. Mit der Google-Brille können zudem Barcodes auf Medikamenten gescannt werden, sodass die richtige Dosierung und mögliche Nebenwirkungen eingeblendet werden.

Auch im Ackerbau gibt es viele Anwendungsmöglichkeiten. Über die Kamera von Google Glass könnten zum Beispiel Krankheiten von Pflanzen erkannt werden. Die Informationen können dann direkt an einen Zulieferer weitergeleitet werden, wobei die GPS-Koordinaten, Kundendaten und andere relevante Informationen mitgesendet werden. Der Lieferant kann direkt an den Landwirt herantreten und gezielt beraten, wie die Ernte am besten geschützt werden kann.

Lieferanten sollten die Entwicklung im Bereich Mobile und Wearables im Auge behalten. Hier bieten sich enorme Chancen, um neue Dienstleistungen und Produkte zu entwickeln - und so die Kundenbeziehung digital neu zu definieren. Dabei sollten sich die Zulieferer genau überlegen, wie sie für den Kunden greifbar und relevant bleiben. Eine gute Balance zwischen Direktkontakt und Technologie ist von größter Bedeutung.

Roboter auf dem Bauernhof

Bereits in den 1980er Jahren begann die Robotertechnik den Agrarsektor zu erobern - damals noch mit einfachen Schrittzählern, um die Aktivität einer Kuh zu messen. Heute sind Melkmaschinen und -computer, GPS-gesteuerte Traktoren und Unkrautvernichter in der Landwirtschaft selbstverständlich. Sie liefern über ihre eigentliche Aufgabe hinaus wertvolle Informationen über Tiere und Pflanzen. Roboter sind in der Lage, eine Vielzahl von Informationen zu erfassen, zu analysieren und Maßnahmen daraus abzuleiten. Der große Vorteil Geräte ist, dass sie verschiedene Technologien an Bord haben können: Kameras zur Beobachtung für die Navigation oder Sicherheit - oder Sensoren, um bestimmte Werte zu messen.

Meldet etwa ein Melkroboter, dass einige Kühe weniger Milch geben, können die Futtermittel-Lieferanten diese Information heranziehen, um einen neuen Futterplan zu erstellen. Und auch weiterverarbeitende Unternehmen könnten ein Signal erhalten, dass eine geringere Milchmenge zu erwarten ist. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen den einzelnen Gliedern der Agrarkette werden zu einem absoluten Muss.

Verschiedene Lieferanten eines Kunden müssen Regeln festlegen, um Abweichungen in ihren Daten zu erkennen, Rückschlüsse daraus zu ziehen und konkrete Maßnahmen für den verantwortlichen Zulieferer abzuleiten. Wichtig ist vor allem die Auslese, Analyse und Weitergabe von Daten mithilfe von leistungsstarken Systemen.

Nichts geht ohne Satelliten

Satelliten bieten Agrarlieferanten vielfältige Möglichkeiten, um den Landwirt der Zukunft perfekt zu bedienen. Die ausgesandten Signale könnten Traktoren und andere Maschinen im "Autopilot" steuern - zum Beispiel beim Streifenanbau, Pflanzen, Mähen oder der Entwässerung. So können landwirtschaftliche Unternehmer die Saison optimal nutzen: mit weniger Arbeit und mehr Effizienz.

Durch das Heranziehen von Satellitenbildern lassen sich erhebliche Kosteneinsparungen erzielen. Die niederländische Regierung hat zum Beispiel ein Portal eingerichtet, in dem - vor allem für die Landwirtschaft - alle Satellitendaten in einer allgemein zugänglichen Datenbank gesammelt werden. Die Bilder sind detailliert und zeigen Details, die das menschliche Auge gar nicht wahrnimmt: Pflanzenwachstum, die Zunahme der Biomasse und die Verdampfung pro Pflanze.

Satelliten sind sogar in der Lage, den Ertrag einer Ernte zu schätzen, da sie auch Daten aus dem Boden registrieren. Für den Landwirt selbst sind diese Daten viel zu grob, um sie direkt im Anbau nutzen zu können. Doch Zulieferer haben mit leistungsstarken Systemen die Möglichkeit, die Informationen auswerten, um gezielt Wachstumsmodelle zu entwickeln und zu analysieren. Sie besitzen somit einen außerordentlich wichtigen Datensatz, um auf hohem Niveau den besten Lösungsansatz für ihre Klientel, die Landwirte, zu entwickeln.