Bürger greifen lieber zum Telefon

E-Government floppt bei Bürgern

11.07.2005 von Dorothea Friedrich
Trotz aller Werbemaßnahmen greifen Bürger bei Anfragen an ihre Kommune lieber zum Telefonhörer als zu Tastatur und Maus. E-Government und seine Angebote sind noch längst nicht im Bewusstsein verankert. Nur rund ein Drittel hat überhaupt schon einmal etwas von E-Government gehört. Das sind Ergebnisse einer Befragung im Auftrag von Siemens im Freistaat Sachsen.

Die Ergebnisse sind nicht ermutigend, können aber laut Studie als repräsentativ für die Bundesrepublik gelten. Demnach findet die Kommunikation mit Behörden immer noch weitgehend im persönlichen Gespräch oder per Telefon statt.

Auch wenn die Behördengänge im Durchschnitt mehr als eine Stunde Zeit in Anspruch nehmen, wollen die Befragten lieber lange Anfahrts-, Warte- und Beratungszeiten in Kauf nehmen, als sich am PC zu informieren. Die Online-Angebote von Kommunen nutzen nur 23 Prozent. Und die gehören zur Gruppe der "Unter-35-Jährigen".

Call-Center statt Bürgerportal

Sie votieren demnach auch weniger für den Ausbau so genannter Bürgerportale als für zusätzliche Call-Center. Das würde mehr als der Hälfte der Teilnehmer entgegenkommen, während 27 Prozent ein Bürgerportal als Einstiegsseite für das Internet-Angebot ihrer Kommune bevorzugen würden.

Insgesamt beurteilen die Befragten das Internet-Angebot ihrer Gemeinde als eher unwichtig. Die Studie folgert daraus, dass "eine Verbesserung beim Bürger kaum bis keine Eindrücke hinterlässt". Daher beurteilt sie "den hohen Einsatz von Haushaltsmitteln" für die Entwicklung von E-Government "kritisch, wenn nicht sogar negativ".

Zwar wünschen sich rund zwei Drittel der Teilnehmer Verbesserungen in der Kommunikation mit lokalen Behörden. Sie präferieren jedoch eindeutig den telefonischen Kontakt. Sogar 40 Prozent der Online-Nutzer würden ein Call-Center einem Bürgerportal vorziehen.

Als Gründe für das schlechte Abschneiden von E-Government-Angeboten nennt die Studie "Anonymität und Unsicherheit bei der Bezahlung".

Wenig zielgerichtete kommunale Angebote

Eine Ursache dafür könnte das teils wenig zielgerichtete Angebot der Kommunen sein. Denn immerhin gaben drei Viertel aller Befragten an, sie wüssten nicht, ob sie zur Erledigung ihres Anliegens auf der Seite der Gemeinde oder des Landkreises suchen müssten. 65 Prozent der Internet-Nutzer ziehen vielleicht deshalb für einfache Informationen das Telefon vor.

Bei den "Unter-35-Jährigen" ist die Akzeptanz von E-Government entschieden höher. 98 Prozent gaben an, sie würden statt per Telefon lieber per Internet mit der Gemeinde kommunizieren.

Die Autoren gehen daher davon aus, dass sich E-Government im Laufe der Zeit durchsetzen wird. Nach ihrer Berechnung wird allerdings erst 2032 die Hälfte der Bürger E-Government nutzen.

Die "Marktanalyse Verwaltungskommunikation in Sachsen" wurde vom Marktforschungsunternehmen Analyse GmbH im Auftrag von Siemens und der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung (SAKD) erstellt. Befragt wurden 1.835 erwachsene Einwohner des Freistaats Sachsen.