Fernsehkauf

Ein Guide durch den TV-Dschungel

14.01.2013 von Meike Lorenzen
Wer noch einen alten Röhrenfernseher zu Hause stehen hat, ist inzwischen vom schnell wachsenden TV-Markt quasi überrannt worden. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Angebot komplett verändert. Die Bildschirme werden größer, die Empfangsmöglichkeiten vielfältiger und die Beantwortung der Frage, welches Gerät das richtige ist, immer schwieriger.

Flachbildschirme gehören nach wie vor zum liebsten Konsumgut der Deutschen. 2010 standen die schlanken Fernseher bereits in 40 Prozent der deutschen Haushalte. Und der Markt ist seitdem weiter gewachsen. Außerdem überbieten sich die Hersteller mit technischen Neuerungen. In diesem Chaos den Überblick zu behalten, ist nicht einfach. LCD-, LED- oder Plasma-Bildschirm? Antenne, Kabel oder Satellit? Welche Größe ist geeignet? Wie viel Strom frisst das Gerät? Welche Zusatzfunktionen sind mir wichtig?

Vorweg eine gute Nachricht: Egal, für welches Gerät man sich entscheidet, einen Fehler kann man kaum machen. "Richtig schlechte Fernseher sind eigentlich nicht mehr auf dem Markt", sagt Michael Gundall aus dem Referat Telekommunikation und Medien der Verbraucherzentrale Rheinland Pfalz. "Aber es gibt Verbraucher, die sich für einen ungeeigneten Fernseher entscheiden." Gundall beobachtet den Markt seit Jahrzehnten. Letztlich sind es Nuancen, die über den Kauf entscheiden.

Die Empfangswege

Eine der wichtigsten Fragen für die Auswahl eines Gerätes ist die nach der Empfangsart. Denn je nachdem, ob das Programm via Antenne, Kabel, Satellit oder Internet empfangen wird, muss eben auch das entsprechende Empfangsteil, der sogenannte Tuner, ausgewählt werden. Letztlich gibt es vier Möglichkeiten, Sender zu empfangen: Per DVB-T, DVB-C, DVB-S und IPTV. Die Namen klingen komplizierter als sie sind. Das DVB steht einfach für die digitale Fernsehübertragung, die in den vergangenen Jahren die analoge Übertragung ersetzt hat. Das digitale Fernsehen kam bei den Kunden gut an, da hier deutlich mehr Programme zur Verfügung stehen und auch die Bild- und Tonqualität besser ist. Die Buchstaben T, C und S stehen für den terrestrischen (erdgebundenen) Empfang, Kabel und Satellit. IPTV ist die Bezeichnung für den TV-Empfang per Internet.

DVB-T und Satellit

Während der Empfang via Zimmer- oder Dachantenne (DVB-T) früher auch analog möglich war, wird seit Ende 2008 nur noch digital übertragen. Und auch das Satellitenfernsehen wurde Ende April 2012 komplett auf Digital-Fernsehen umgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch knapp 15 Prozent aller Satellitenkunden analog unterwegs.

Kabelfernsehen

Ganz anders sieht es beim Kabelfernsehen aus. Hier schauen noch weit über 50 Prozent der Zuschauer analoges Fernsehen. "Der Grund dafür sind weniger die technischen Möglichkeiten der Fernseher, als das Angebot der Kabelnetzbetreiber", sagt Michael Gundall. Während die öffentlich-rechtlichen Sender mit dem passenden Empfangsgerät kostenfrei digital empfangen werden können, fallen bei den werbefinanzierten Sendern wie RTL, Sat1 und ProSieben Extra-Kosten an. Nur wer mehr zahlt, bekommt auch eine sogenannte Smartcard, um das Angebot der Privaten entschlüsseln zu können. Außerdem muss in dem Fernseher oder dem verwendeten Receiver eine entsprechende Entschlüsselungsschnittstelle integriert sein - wer digital via Kabelanschluss schauen möchte, muss darauf achten.

Welcher Bildschirm der richtige ist

"Mit analogem Kabel-TV lassen sich zwar 34 Sender empfangen, dafür ist die Bildqualität längst nicht so gut, wie über den digitalen Weg", sagt Gundall. Die Entschlüsselung lohnt sich also, oder das Umsteigen auf Satelliten-Fernsehen oder DVB-T. Diese Möglichkeit ist für Menschen aus ländlichen Regionen jedoch nicht so interessant, da der Empfang meist schlechter ist, als mit dem Kabelanschluss.

Wichtig zu wissen ist, dass sich die beiden Angebote - digital und analog - nicht ausschließen. Vielmehr ergänzen sie sich. Es ist möglich, die öffentlich-rechtlichen Sender über das digitale Kabel und die Privatsender über das analoge Kabel zu empfangen. Diese Möglichkeit kann durchaus auch langfristig interessant sein, da die Netzbetreiber bisher keinen Abschaltzeitraum für das analoge Kabel angekündigt haben.

Empfang per Internet

Das Internet ist ein Empfangskanal, der bisher in Sachen Fernsehen kaum im Rahmen seiner Möglichkeiten genutzt wird. "Zwar besuchen immer mehr Menschen Mediatheken im Netz oder nutzen das TV-Angebot der Telekom oder Vodafone, aber als Empfangsweg am Fernseher ist das Internet noch nicht sehr verbreitet", sagt Gundall. "Aber langfristig ist dies ganz sicher der Weg, auf dem viele Menschen fernsehen werden." Als Empfangsgerät wird hier ein IPTV-Receiver benötigt.

Wer sein Fernsehgerät mit einem Internetanschluss verbindet, kann auch HbbTV nutzen, das sogenannte interaktive Fernsehen. Dies ermöglicht den Zuschauern, Zusatzangebote zu den laufenden Sendungen mit dem Fernsehgerät abzurufen. Eine der beliebtesten HbbTV-Funktionen ist die "Tagesschau-App", die viele schon vom Smartphone her kennen. "Damit können die Zuschauer einen Beitrag überspringen oder auch das Wetter zuerst schauen", erklärt Michael Gundall.

Egal für welches Empfangsgerät sich der Kunde entscheidet, die meisten Geräte haben den Tuner inzwischen wieder integriert. "Die Zeit, in der man Extra-Geräte samt Fernbedienung brauchte, ist wieder vorbei", sagt Gundall. Wer sich nicht auf eine Empfangsart festlegen will, kann sich auch für einen kombinierten Empfänger entscheiden. Die sogenannten Tripletuner ermöglichen den Empfang via DVB-T, -S und -C.

Bildschirmgröße und Bildqualität

Ob analog oder digital - mit dem ersten Fernseher wurden die Programme in einer Standardauflösung von 576 Bildzeilen gezeigt. Seit Ende der 2000er Jahre kommen immer mehr Programme und DVDs in HD auf den Markt. Das hat auch Einfluss auf die technischen Möglichkeiten der Fernseher.

HD-Logos im Überblick
FullHD
Es gibt je nach Hersteller diverse FullHD-Logos. In der Regel sagen diese nichts anderes aus, als dass das Gerät eine Auflösung von 1920x1080 Pixeln besitzt.
HDTV
Sobald ein Produkt das Logo HDTV besitzt, kann ohne Receiver HD empfangen werden. Der Zusatz 1080p stellt eine Auflösung von 1920x1080 Pixeln sicher.
HDready
Das Logo kennzeichnet Fernsehgeräte, die mindestens eine Auflösung von 1280x720 Pixel (Bildpunkte) haben und die die HDTV-Formate 720p und 1080i verarbeiten können. Um hochauslösendes Fernsehen schauen zu können, ist bei Geräten mit diesem Logo auch noch ein HDTV-Receiver nötig.

Inzwischen sind die reinsten Heimkinos in den Fachgeschäften für jedermann erhältlich. Dabei ist größer nicht immer auch besser. "Das beste Bild erhält man, wenn man die Bildschirmdiagonale auf den Sitzabstand ausrichtet", sagt Gundall. Ein Beispiel: Wer sich für eine Bildschirmdiagonale von 81 Zentimetern (32 Zoll) entscheidet, sollte etwa zwei Meter vom Fernseher weg sitzen. Problematisch ist daran, dass der Abstand für das Anschauen der Standard-Bildqualität ein anderer ist, als der von HD-Qualität. Ideal wäre für die HD-Qualität eigentlich ein Abstand von 1,20 Meter bis 1,60 Meter, für das Standard-Bild 2 Meter bis 2,40 Meter. "Weil niemand anfängt das Zimmer umzumöblieren, nur weil er beide Angebote nutzt, empfehlen wir den Mittelwert", sagt Michael Gundall.

Ein Grund, warum sich Flachbildschirme binnen weniger Jahre durchgesetzt haben, ist das flache Design - ein anderer die deutlich bessere Bildqualität. Die Bildqualität ist in der Produktbeschreibung anhand der Hertz-Zahl (Hz) erkennbar. Diese gibt an, in welcher Frequenz ein Bild wiederholt wird. Dabei ist laut Produkttests der Unterschied zwischen 50 Hz und 100 Hz deutlich erkennbar. Die Unterschiede zwischen einem 200 Hz- oder 600-Hz-Gerät fallen dem menschlichen Auge hingegen kaum auf. Hier können also durchaus Abstriche gemacht werden.

Der ideale Sitzabstand zum Fernseher
60 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 152 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,80 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
55 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 140 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,40 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
50 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 127 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 3,10 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
46 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 118 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 2,90 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
40 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 102 Zentimetern sollte der Fernseher etwa 2,50 Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.
32 Zoll
Bei einer Bilddiagonalen von 81 Zentimetern sollte der Fernseher etwa zwei Meter von der Sitzgelegenheit entfernt stehen.

LCD, LED oder Plasma?

Auch für diese Frage hat der Experte nur ein kurzes Achselzucken übrig. "Vor ein paar Jahren haben sich die Bildschirme tatsächlich noch stark unterschieden. Inzwischen wurden die jeweiligen Schwächen nahezu ausgeglichen", sagt Michael Gundall.

LCD-Fernseher benutzen sogenannte Flüssigkeitskristalle zur Bilddarstellung. Dabei strahlen Leuchtstoffröhren die Pixel an. Beim sogenannten Full-LCD-TV werden die Lampen im Hintergrund, bei Edge-LCD-TV an der Seite angebracht. "Genauso funktionieren auch die LED-Geräte, allerdings mit LED-Lampen", sagt der Experte von der Verbraucherzentrale. Die LED-Variante wird LCD über kurz oder lang obsolet machen - wie bei der Glühbirne. Bei Plasma-Fernsehern entsteht das Bild durch Gas. Die Leuchten im Gerät werden durch Entladungen erhellt.

Laut einem Test der Stiftung Warentest ist das Bild von LCD-Fernsehern bei hellerem Licht besser, Plasma-Fernseher punkten hingegen im Dunkeln. Beim Stromverbrauch hingegen schneiden die LCDs und LEDs deutlich besser ab. Sie verbrauchen weit weniger Energie als die Plasma-Bildschirme.

"Am einfachsten ist es, sich die Geräte im Geschäft einmal vorführen zu lassen. Am besten in HD- und in Standardqualität, um sich selbst ein Urteil zu bilden", sagt Gundall. Vor allem, wenn auch Standardqualität auf dem Flachbild geschaut wird, lohnt es sich, die Bildqualität genau unter die Lupe zu nehmen. "Wenn ein Standardprogramm geschaut wird, werden die Pixel für das Gerät hochgerechnet. Die Qualität des Bildes hängt von der jeweiligen Technik ab, die zum Einsatz kommt", sagt der Fachmann. Wem was zusagt, sei individuell sehr verschieden.

Eines ist auf jeden Fall sicher, die Entwicklung im Bereich der Bildqualität schreitet weiter voran. Inzwischen sind bereits erste 4K-Fernseher mit vierfacher Full-HD-Auflösung (3840x2160 Pixel) auf dem Markt, die über noch mehr Bildpunkte verfügen. Allerdings werden bisher kaum Programme angeboten, die diesem Standard genügen. "Das wäre dann der nächste Schritt", sagt Michael Gundall.

3D und der Energieverbrauch

Spätestens, seitdem James Cameron im Dezember 2009 mit seinem Film "Avatar - Aufbruch nach Pandora" einen echten Kassenschlager gelandet hat, geht auch die Entwicklung von 3D-Fernsehern für das breite Publikum rasant voran. Inzwischen kaufen immer mehr Menschen entsprechende Endgeräte. Allerdings wird die 3D-Funktion kaum genutzt, denn es gibt bisher fast kein Angebot in 3D, von wenigen Pay-TV-Sendern einmal abgesehen. Blu-Ray-Disks hingegen lassen sich über einen 3D-Bluray-Player in 3D anschauen.

Wichtig beim Kauf eines 3D-Fernsehers ist die Brille. Wie im Kino kommen die Zuschauer nur mit einer entsprechenden Brille in den dreidimensionalen Genuss. Allerdings passt nicht jede Brille zu jedem Fernseher. Meist haben die Hersteller Brille und TV auf einander abgestimmt. Bei billigen Geräten wird die Brille meist mit etwa 50 Euro extra berechnet. Bei teuren Fernsehern wird sie einfach mitgeliefert.

Energieverbrauch

Ein Blick auf den Energieverbrauch des neuen Fernsehers vor der Kaufentscheidung lohnt sich. Laut Informationen der Deutschen Energie-Agentur (dena) kann der Unterschied beim Stromverbrauch gleichgroßer Geräte bis zu 70 Prozent betragen. Seit Dezember 2011 müssen in ganz Europa alle neuen Geräte mit einem entsprechenden Etikett versehen sein, das den Stromverbrauch anzeigt. Dieses Etikett orientiert sich an den Energieklassen, die auch für Kühlschränke und Waschmaschinen ausgewiesen werden müssen. Dabei gibt die Effizienzklasse A Geräte an, die sehr wenig, G hingegen jene, die sehr viel Strom verbrauchen.

Fazit

Letztlich gilt es also beim Kauf eines Fernsehers, ein paar grundlegende Dinge zu beachten: Über welchen Weg sollen die Programme künftig empfangen werden? Wie weit steht der Fernseher entfernt und welche Zusatzfunktionen sind einem wichtig? Auch der finanzielle Rahmen spielt natürlich eine Rolle. Inzwischen sind bereits Geräte ab 200 Euro erhältlich, nach oben sind kaum Grenzen gesetzt.

"Die billigen Geräte sind nicht mehr alle schlecht", sagt Michael Gundall. Aber vor allem beim Stromverbrauch lohne es sich, genau hinzuschauen und im Zweifel lieber im Vorfeld etwas mehr auszugeben, ehe sich die Kosten am Ende auf der Stromrechnung niederschlagen.

Wer sich nicht nur im Fachgeschäft beraten lassen möchte, für den lohnt sich auch der Produktfinder der Stiftung Warentest. Darin präsentiert die Stiftung alle Testergebnisse für Fernseher in einer Datenbank. Der Produktfinder enthält derzeit 473 Flachbildfernseher aus den Jahren 2007 bis 2011. Die aktuellsten Geräte sind darin also nicht mehr enthalten. (Wirtschaftswoche)