Der neue CIO

Ein Manager für Effizienz

05.10.2005 von Marita Vogel
Der CIO der Zukunft heißt CEFO ("Chief Efficiency Officer"). Er soll nach einer Untersuchung der Personalberatungsgesellschaft Egon Zehnder neben der IT-Organisation auch einen Geschäftsbereich mit wesentlicher IT-Bedeutung verantworten.

CIO: Die Position des klassischen CIO wird es Ihrer These nach in einigen Jahren nicht mehr geben. Was wird passieren?

Gabriel Andrade: Wir haben 20 CIOs von großen Banken und Versicherungen in Deutschland interviewt. Dabei zeigte sich, dass künftige CIOs eher veränderungsorientierte Business-Treiber sein werden, die die Umgestaltung der Organisation vorantreiben. Dazu wird der CIO seine Führungsrolle und seinen Verantwortungsbereich verändern müssen. Außerdem stellten wir fest, dass ein klarer Trend in Richtung Zentralisierung der IT-Aktivitäten zu erkennen ist.

CIO: Obwohl viele Unternehmen doch erst vor einigen Jahren ihre IT dezentralisiert haben?

Andrade: Das Pendel zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung schwingt immer hin und her. Anfang der 90er-Jahre ist die IT exorbitant explodiert; es war wichtig, schnell zu reagieren. Mittlerweile sind die Standards gesetzt, die Infrastruktur stabil, während gleichzeitig der Kostendruck massiv zunimmt. Deshalb muss die Effizienz erhöht werden, was sich sehr gut durch Zentralisierung erreichen lässt. Hierin liegt auch die erste Herausforderung für den IT-Verantwortlichen.

CIO: Sie haben drei Stufen der Entwicklung ausgemacht, in denen sich Unternehmen hinsichtlich ihres CIOs befinden können: Phase 1, die sich durch Dezentralisierung und reine IT-Verantwortung auszeichnet. Unternehmen in Phase 2 zentralisieren die IT. Und die zentralisierten Unternehmen in Phase 3 erwarten von ihrem CIO Geschäftsverantwortung. Erfordern diese Phasen nicht sehr unterschiedliche Kompetenzen von den CIOs?

Dirk Mundorf: Ja. Allerdings befinden sich heute nur noch wenige Unternehmen in der Phase 1. Deren CIOs sind in der Regel durchsetzungsstark, haben ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Verständnis bezüglich der Kundenbedürfnisse, sind kunden- und marktorientiert und verfügen über eine hohe strategische Kompetenz. Allerdings zeigt die Studie, dass eine Maximierung des Wertbeitrages der IT in einer solchen Struktur nicht optimal gewährleistet ist. Deshalb haben sich die meisten Unternehmen konsequent in Richtung Phase 2 verlagert.

CIO: Was zeichnet deren CIOs aus?

Mundorf: Sie führen meist eine zentralisierte IT-Abteilung, in der die dezentralen IT-Verantwortlichen an den CIO berichten. Sie zeigen ein sehr hohes Maß an Führungskompetenz und Vertrauenswürdigkeit und verfügen über eine überdurchschnittlich ausgeprägte Ergebnisorientierung.

CIO: Und was müssen die CIOs beherrschen, die für Phase 3 die Richtigen sind und damit als CIOs der Zukunft gelten können?

Mundorf: Diese Manager bezeichnen wir als CEFOs, als "Chief Efficiency Officers", die eigene Geschäftsverantwortung tragen. Das sind nicht mehr die klassischen CIOs mit Geschäftsverständnis, sondern erfahrene, breit denkende und agierende Business-Manager mit solidem Prozess- und technischem Verständnis, die meistens im Vorstand des Unternehmens sitzen. Vom CEFO wird erwartet, dass er wesentliche Veränderungsprozesse konzernweit initiiert und treibt - deshalb muss er ein überdurchschnittliches Maß an Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit mitbringen. Kurz: CEFOs denken und handeln ganzheitlich über alle Funktionen und Geschäftseinheiten eines Konzerns hinweg. Sie sind bereit und in der Lage, den Status quo in Frage zu stellen. Sie kommen aus dem operativen Geschäft und sind mit den Kernprozessen des Unternehmens gut vertraut.

CIO: Von diesem Wunschbild sind die meisten heutigen CIOs aber noch weit entfernt ...

Andrade: Das ist richtig. Zumal es eine sehr hohe Entwicklungsfähigkeit und -bereitschaft erfordert, um sich von Phase 1 zu Phase 2 zu bewegen. Der Schritt von Phase 2 zu Phase 3 ist noch viel größer. Dieser Reifeprozess kann nur gelingen, wenn CIOs sich kritisch prüfen und ihre Fähigkeiten konsequent weiterentwickeln. Darüber hinaus muss das Unternehmen, aber insbesondere der Vorstand, diese Entwicklung aktiv begleiten.

CIO: Ihre CEFO-Definition klingt so, als ob er eher Betriebswirtschaftler sein sollte.

Andrade: Nein, gar nicht. Ideal ist eine Kombination aus guter Analytik und gutem Verständnis für das Business. Eine Breite an Erfahrungen in verschiedenen Bereichen ist auch sehr förderlich. Dann spielt es keine Rolle, welches Studium jemand absolviert hat. Sehr schwierig wird es aber für diejenigen, die eine Kaminkarriere hinter sich haben: Diese Manager sind meist zu einseitig aufgestellt.

CIO: Welche Bedingungen sollten innerhalb des Unternehmens gegeben sein, damit der CEFO optimal wirken kann?

Andrade: Dafür sollte der CEFO im Zentralvorstand angesiedelt sein, eine zentrale IT-Organisation führen und zusätzlich Verantwortung für einen Geschäftsbereich mit wesentlicher IT-Bedeutung und -abhängigkeit tragen.

CIO: Und in welchem Unternehmen fungiert heute schon ein CEFO?

Andrade: Im Banken- und Versicherungsbereich hat noch kein Unternehmen diesen Prozess abgeschlossen, aber die ersten haben bereits die Weichen gestellt. Der CEFO kommt - etwas später auch in den anderen Branchen.