Beispielrechnungen ohne Verbraucherreaktion

Einsatz von RFIDs nicht für alle profitabel

17.03.2004 von Patrick Goltzsch
Unterschiedliche Szenarien für Handel, Logistik und Produktion zeigen, dass der Einsatz von Funketiketten nicht überall lohnt. Vornehmlich der Handel profitiert, während die Technik für Produzenten noch zu teuer ist, so eine Analyse von Soreon Research.

Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit von RFIDs (Radio Frequency IDs) spielen die Analysten den Einsatz der Funketiketten in einem Kaufhaus, einem Supermarkt, einem Logistik-Zentrum, und in der Produktion eines Textil- sowie eines Nahrungsmittelherstellers durch. Während die Produktivität besonders am Ende der Lieferkette steigt, zahlt sich die Investition für die Produzenten nicht aus.

RFIDs oder Transponder sollen in absehbarer Zeit die Strichcodes auf den Waren ablösen. Der Idee nach könnte eine staubkorngroße Etikette ein Produkt individuell kennzeichnen. Werden die RFIDs von einem Sender über eine bestimmte Frequenz angesprochen, senden sie ihre ID zurück.

Die Technik ließe sich etwa in Supermarktregalen anwenden, die selbsttätig den Füllstand überwachen. Angestrebt ist vornehmlich die vollständige Transparenz der Lieferkette. Doch der Phantasie sind hier wenig Grenzen gesetzt und dementsprechend prophezeite das an der Entwicklung Funketiketten beteiligte Auto-ID-Center schon ein "Internet der Dinge".

Die Umsetzung scheitert bislang vor allem am vergleichsweise hohen Preis der Etiketten. Bei derzeit über 40 Cent pro Transponder geht die Rechnung nur für den Einzelhandel auf, so die Analyse von Soreon. Da wundert es wenig, dass etwa die Handelskette Wal Mart ihren Lieferanten ab 2005 die Auszeichnung von Packstücken und Paletten mit RFIDs vorschreibt. Dasselbe verlangt die Metro ab November von 100 Zulieferern unter anderem für den Kaufhof und ihre Real-Supermärkte.

Soreon geht davon aus, dass der Einzelhandel seine Prozesse mit Hilfe der Funketiketten deutlich effizienter strukturieren kann. Warenhäuser könnten in weniger als einem Jahr die Kosten der Investition durch Einsparungen und Mehrumsätze wieder hereinholen. "Regalpflege, Inventur und Kassiervorgang enthalten viel manuelle Arbeit. Durch RFID lassen sich diese Prozesse massiv verkuerzen und optimieren", sagt Forschungsleiter Steffen Binder.

Während der Einsatz von Funketiketten sich in Warenhäusern schnell bezahlt macht, bräuchten Supermärkte zwei Jahre damit sich die Investition amortisiert. In der Logistikbranche, die etwa die Sortierung von Packstücken automatisieren könnte, bräuchte der Prozess vier Jahre.

Während Handel und Logistik durch die Einführung der Funketiketten profitieren würden, lohnt ihr Einsatz im produzierenden Gewerbe nicht, so die Marktforscher. Die Produktion ist in der Regel schon hoch effizient. Hier sei der Preis mit über 40 Cent noch zu hoch. Der Einsatz lohne erst bei einem Stückpreis von deutlich unter fünf Cent.

Soreon macht diese Beispielrechnungen ohne die Verbraucher. Besonders unter Verbraucherschutzorganisationen und Datenschützern herrscht Unbehagen über die mit den Funketiketten verbundenen Möglichkeiten der Datensammelei. So war zuletzt die Metro ins Gerede geraten, weil sie für ihren "Future Store", in dem die Kette neue Technologien erprobt, mit RFIDs augestattete Kundenkarten verteilte. Nach massiven Protesten und einem schwer abschätzbaren Image-Schaden machte die Metro schließlich einen Rückzug. Auch der Textilhersteller Benetton hatte nach Verbraucherprotesten im Frühjahr des vergangenen Jahres den Großauftrag für RFIDs bei Philips storniert.

Die technische Lösung des Datenschutzproblems ist mit löschbaren Etiketten bereits gefunden. Doch bei der Umsetzung muss noch Überzeugungsarbeit geleistet werden.

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