Schlag gegen Adobe

Erste Kritiken zum neuen iPhone OS 4

14.04.2010 von Thomas Pelkmann
Apple hat für seinen Verkaufsschlager iPhone eine neue Version 4.0 seines Betriebssystems angekündigt. Überblick und Kritiken zu den neuen Funktionen – und was das System für die Konkurrenten bedeutet.

Im Sommer dieses Jahres wird es für das iPhone und den MP3-Player iPod Touch ein neues Betriebssystem geben. Das gab Apple in einer Pressemitteilung bekannt. Schon jetzt steht registrierten Entwicklern des iPhone-Developer-Programms eine Beta-Version für Testzwecke zur Verfügung.

Zu den neuen Eigenschaften der Geräte wird der Ankündigung zufolge das lang geforderte Multitasking gehören, das unseren Kollegen von Macwelt.de zufolge aber auf sieben gleichzeitig laufende Dienste beschränkt sein wird. "Die abgespeckte Variante", so Macwelt.de, "bietet immerhin für die meisten Alltagsfälle eine Lösung".

Allerdings müssten die Apps speziell für den Multitasking-Betrieb angepasst werden. "Einfach so zwei oder mehrere Apps gleichzeitig öffnen wird also nicht funktionieren", so Christian Möller von Macwelt.

Zudem gibt es nur sieben Dienste, die ein App im Hintergrund nutzen kann. Dazu zählen das Abspielen von Musik, Voice-over-IP-Dienste wie Skype, die nun auch gleichzeitig mit anderen Anwendungen laufen können, Location Services, Task Completion und das Fast App Switching.

Ein weiterer Wermutstropfen: Die Multitasking-Funktionen werden nicht für alle iPhone-Modelle verfügbar sein. Im Moment spricht Apple nur vom iPhone 3GS und vom iPod Touch 3G. Als sicher gilt den Macwelt-Kollegen zufolge jedoch, dass auch das iPad die neuen Funktionen unterstützen wird. Allerdings werde das iPhone-OS 4 für das iPad erst im Herbst dieses Jahres erhältlich sein.

Das iPhone 3G wird zwar mit der OS-Version 4 laufen, heißt es, allerdings nur mit diversen Einschränkungen. Das Multitasking etwa werde auf diesem Gerät nicht möglich sein. Ganz vom technischen Fortschritt ausgeschlossen ist das "Ur-iPhone" aus dem Jahr 2007; es wird vermutlich gar nicht mit dem iPhone-OS 4 laufen.

Zu den Verbesserungen der neuen Version zählen außerdem die Möglichkeit, Daten in Ordnern zu organisieren. Das, so Apple, "unterstützt den Anwender bei einer besseren Organisation und einem besseren Zugriff auf seine Apps". Durch die Verwendung von Ordnern könnten die Nutzer mehr als 2.000 Apps auf dem iPhone organisieren und darauf zugreifen. Zudem sei es dann möglich, mit iTunes 9.2 die iPhone-Ordner auch auf dem Mac oder PC zu erstellen und zu verwalten.

Überarbeitet hat Apple auch die E-Mail-Funktionen seiner tragbaren Geräte: So ist es demnächst möglich, Nachrichten verschiedener E-Mail-Accounts in einem einzigen Posteingang anzuschauen. Zusätzlich können Anwender E-Mail-Nachrichten nach Konversationen kommentieren.

Verbesserungen für den Unternehmenseinsatz

Auch für Unternehmenskunden hat Apple Verbesserungen in Aussicht gestellt. Die betreffen laut Unternehmensangaben die Themen Sicherheit, Skalierbarkeit und Kompatibilität.

Der neue Mobile Device Management-Service könne in bestehende Server-Infrastrukturen integriert werden, um iPhones drahtlos zu konfigurieren, zu durchsuchen und zu sperren oder zu löschen, kündigte Apple an.

iPhone OS 4 ermögliche es Unternehmen zudem, selbstentwickelte Apps zu hosten und ihren Mitarbeitern drahtlos zu übermitteln. Die neue Data Protection-Funktion verwendet ein Nutzerkennwort für die Verschlüsselung von E-Mails und Anhängen, die auf dem iPhone gespeichert sind. Mit iPhone OS 4 können nun auch längere, komplexere Passwörter vergeben werden, die das iPhone und die sich darauf befindlichen Daten noch sicherer machen.

iPhone OS 4 ermöglicht es den IT-Managern schließlich auch, mehrere Exchange ActiveSync Accounts einzurichten. Zudem ist es kompatibel mit Exchange Server 2010 und beinhaltet eine Unterstützung für kommende SSL VPN Anwendungen von Juniper Networks und Cisco.

"Eine furchtbare Woche für die Konkurrenz"

"Es war eine furchtbare Woche für Adobe, Amazon, Google und andere Anbieter von Smartphones, Netbooks und E-Reader", kommentiert Tom Kaneshige vom amerikanischen CIO.com die Ankündigung von Apple. Nur sechs Tage nach dem US-Verkaufsstart des iPads schrecke das Unternehmen die Konkurrenz nun auch mit dem neuen iPhone-OS.

Zu den bedrohlichen Technologien zählt der CIO-Kollege auch die so genannten iAds von Apple, die das Einblenden interaktiver Werbung in Apps erlaubt. Das, so Kaneshige, sei ein direkter Angriff auf das Google-Konzept der Browser-basierten Werbung.

Apple-Boss Steve Jobs verteidigt die neue Werbestrategie seines Unternehmens: "Die Leute suchen auf mobilen Endgeräten einfach anders, als auf normalen Desktop-PCs. Sie benutzen Apps, um ins Internet zu gelangen".

Entwickler freuen sich auf das neue Betriebssystem

Die Entwickler von Apps für iPhone und iPod Touch begrüßen der Macwelt zufolge die Neuerungen "freudig". Marco Arment etwa, der Entwickler von Instapaper, zeigt sich begeistert, dass sich die iPhone-Plattform immer weiter entwickelt. Zugleich bekennt er aber, dass er einen Großteil der neuen Funktionen für seine Programmierungen gar nicht einsetzen werde.

Für Craig Hockenberry, ein Entwickler der Iconfactory (Twitterific), ist das Multitasking die entscheidende Verbesserung unter iPhone-OS 4. Apple biete damit "eine unkomplizierte Lösung für die meisten Entwickler an und kann dennoch sicherstellen, dass die Akkulebensdauer nicht ungebremst schrumpft".

Weniger freudig erregt zeigt man sich dagegen beim Flash-Anbieter Adobe. Die Verschärfung des Lizenzvertrags zwischen Apple und seinen Entwicklern erlaubt nämlich keinen Spielraum für Flash oder Konvertierungen von Flash-Anwendungen. Das neue Betriebssystem iPhone-OS 4 lässt ausschließlich Xcode und HTML5 zu.

Damit, kommentiert die Macwelt-Autorin Sabine Friedrich ungewöhnlich deutlich, habe Apple der in dieser Woche veröffentlichten Adobe CS5 "den Krieg erklärt".

Adobes Dienstprogramm Flash Packager fürs iPhone sollte Entwicklern ermöglichen, iPhone-Apps in Flash zu schreiben und über das Dienstprogramm für den Einsatz auf iPhone-OS zu konvertieren. Dieser Weg scheint nun verstellt zu sein.

Ein Schlag ins Gesicht von Adobe

Auch der Reaktion Adobes mangelt es nicht an Deutlichkeit: Das sei ein "Schlag ins Gesicht", meint etwa Adobe-Evangelist Lee Brimelow in seinem FlashBlog. Er hält es zwar für ausgeschlossen, dass Adobe mit einem Boykott von Lösungen für Apple-Plattformen reagiert. Brimelow persönlich aber werde Apple keinen Cent mehr geben, solange das Unternehmen seine Politik nicht grundsätzlich ändern werde. Das Verhalten von Apple sei vergleichbar mit einem Gang ins Kaufhaus, um eine neue Geldbörse zu kaufen, während der Verkäufer einem ins Gesicht spucke", so der erboste Adobe-Blogger.

Etwas entspannter sieht das sein Kollege Kevin Lynch, CTO bei Adobe. Der Flash Packager sei nur ein Feature in einer der 15 Anwendungen der neuen Creative Suite CS5 von Adobe. "Es ist an Apple zu entscheiden, ob sie solche Anwendungen zulassen oder nicht". Zudem setzt der Adobe-Spitzenmanager auch auf andere Anbieter: "Wir werden in diesem Jahr eine breite Palette exzellenter Smartphones und Tablet-PCs erleben", so Lynch. Sein Unternehmen werde die Zusammenarbeit mit den Partnern fortführen, "um dafür zu sorgen, dass unsere Inhalte und Anwendungen auf diesen Geräten laufen".

Apple-Boss Jobs kontert nüchtern: In einer Antwort auf eine E-Mail des Entwicklers Greg Slapek heißt es lapidar: "Das hatten wir schon alles, Zwischenschichten zwischen Plattform und Entwickler haben letztlich minderwertige Apps zur Folge und behindern die Weiterentwicklung der Plattform."