Biomedica mit neuem ERP-System

Excel-Liste durch E-Mail abgelöst

25.03.2010 von Hartmut  Wiehr
Der Händler von Medizinprodukten schickte alle Produkt- und Preisänderungen per E-Mail in Excel-Listen an die Niederlassungen. Dort mussten sie in die lokalen Systeme eingepflegt werden. Mit dem neuen ERP-System läuft es jetzt automatisch.

Rund 40.000 Medizinprodukte hat die Biomedica Gruppe mit Hauptsitz in Wien und mehreren Niederlassungen in Zentraleuropa im Portfolio. Dazu zählen unter anderem Herzklappen, Herzschrittmacher sowie Beatmungsgeräte und künstliche Gelenke. Notfallsituationen und andere Behandlungsfälle erfordern dabei spezielle Lager- und Lieferprozesse.

Mit mehreren Niederlassungen – unter anderem in Ungarn, Polen und der Slowakei – bietet das österreichische Handelsunternehmen Herstellern Zugang zu Märkten in insgesamt zwölf Ländern. Mediziner und medizinisches Fachpersonal, aber auch Kunden der In-vitro-Diagnostik, der Veterinär- und Lebensmitteldiagnostik sowie der Life-Science- und Pharmaindustrie greifen auf das Angebot zu.

Um den Überblick über Wareneingänge und -ausgänge sowie über die Kosten zu haben, setzt die Biomedica Gruppe die ERP-Lösung Exact Globe des Anbieters Exact ein. Damit steuert sie die Vertriebsprozesse über sämtliche Standorte hinweg sowohl im In- als auch im Ausland: von der Logistik und Lagerverwaltung über den Vertrieb, die Buchhaltung, das Rechnungswesen und das Reporting.

Das ERP-System läuft auf dem Server des Mutterkonzerns in Wien. Die einzelnen Niederlassungen greifen alle auf diese Installation zu – die Zentralisierung der IT-Infrastruktur stellt für das Unternehmen auch eine Kostenersparnis dar. Hinzu kommt, dass nicht jede einzelne Niederlassung eine große, auf ERP spezialisierte IT-Mannschaft benötigt. Weiterer Vorteil: weniger Aufwand beim Datenaustausch. Auf "Knopfdruck" hat die Konzernverwaltung sämtliche Daten aus allen Niederlassungen und behält so den Überblick.

Lager vor Ort bei den Krankenhäusern

Hinzu kommt: Produktveränderungen wie Preise, Mengen, Gewicht, Ablaufdaten oder Lognummern lassen sich im Mutterkonzern ändern, und diese Änderungen werden automatisch an alle Niederlassungen weitergegeben. So spielt Biomedica beispielsweise wöchentlich neue Preise in die Datenbank ein. Vor der Einführung von Exact Globe wurden diese Änderungen in Form von Excel-Listen an jede einzelne Niederlassung per E-Mail geschickt. Dort mussten sie in die lokalen Systeme eingepflegt werden.

Jetzt ist es einfacher: Sämtliche Niederlassungen erhalten die neuen Preise automatisch, ohne sie selbst eingeben zu müssen. Dadurch sind alle Standorte auf dem neuesten Stand. Abgleichen und Nachprüfen von Daten gehören der Vergangenheit an.

Ein weiteres Kriterium für die Produktwahl war ihre einfache Struktur. Wolfgang Woloszczuk, Geschäftsführer der Biomedica Gruppe, zeigt sich mit ihrem Aufbau und ihrer Bedienung zufrieden. Beides mache den Umgang mit der Software einfach: "Es gibt keine überflüssigen Funktionen, keine unnötig bunten Oberflächen; alles ist klar strukturiert."

Jede Niederlassung verfügt ferner über eine eigene Oberfläche, die die jeweilige Landessprache und -währung, das nationale Banksystem und die nationalen Gesetzgebungen berücksichtigt.

Der Vertrieb der Medizinprodukte erfolgt bei der Biomedica Gruppe über sogenannte Konsignationslager. Bei diesen Lagern stehen die Produkte des Lieferanten im Unternehmen des Kunden wie zu Beispiel Krankenhäusern. Entnimmt ein Krankenhaus dann aus einem Konsignationslager eine Herzklappe, wird ein Mitarbeiter bei Biomedica über Exact Globe darüber informiert.

Geschäftsprozesse international vereinheitlicht

Nun stößt dieser Mitarbeiter im System die Rechnungserstellung an, gleichzeitig wird automatisch eine Herzklappe nachbestellt, sodass die Gesamtzahl im Konsignationslager wieder stimmt. Exact Globe zeigt außerdem an, in welchem Lager das Ersatzprodukt verfügbar ist und wann es geliefert werden kann.

Vor dem Einsatz von Exact Globe waren diese Vorgänge sehr viel aufwendiger: Lieferscheine mussten ausgefüllt und an die Zentrale in Wien geschickt werden. Dort wurden sie kontrolliert, bestätigt und zurückgeschickt, weitere Lieferscheine gingen an die Lager, aus denen die Ersatzprodukte kamen – ein ewiges Hin und Her.

Die Vielzahl an externen Konsignationslagern mit jeweils unterschiedlicher Bestückung, verschiedenen Lognummern und Ablaufdaten erfordert im Konzern eine detaillierte Übersicht über die Ware. Bei jedem einzelnen Produkt muss zurückverfolgt werden können: Wann wurde es geliefert? An wen wurde es ausgeliefert? Wurde es zurückgeliefert und wenn ja, wann? Die Daten dazu sind alle im ERP-System eingegeben und einsichtbar.

Eine weitere Besonderheit bei der Biomedica Gruppe: Ein Teil der Medizinprodukte wird erst auf Kundenwunsch bestellt. In diesem Fall muss die Rechnungslegung bereits mit der Bestellung erfolgen.

Diese sehr speziellen Abläufe und Prozesse sind in vielen ERP-Programmen nicht vorgesehen. Woloszczuk führt aus: "Durch unser Konsignationslager funktionieren die Abläufe bei uns anders als in anderen UnternehmeD. Das haben die Berater von Exact verstanden und die Software entsprechend unseren Bedürfnissen angepasst."

Rollout nach Blueprint-Methode

Der Rollout von Exact Globe erfolgte über die sogenannte Blueprint-Methode: Hier wurde als erster Schritt eine Prozessvorlage, die sogenannte Blaupause, erstellt. Anhand dieser wird zunächst das System im Mutterkonzern in Wien eingespielt. Dazu gehören folgende Schritte: anpassen der Software an Schnittstellen, Datenbanken einrichten, typische Prozesse und Workflows abbilden.

Im Anschluss wird diese Blaupause mit den notwendigen Anpassungen auf die einzelnen Niederlassungen in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien übertragen, ein Prozess, der insgesamt knapp ein Jahr dauert.

Mit der Einführung der neuen ERP-Software konnte die Biomedica Gruppe zudem ihre Geschäftsprozesse in allen angeschlossenen Standorten standardisieren und dadurch die Steuerung des gesamten Unternehmens vereinfachen. Ein einheitliches Reporting sowie aktuelle Kennzahlen aus den Niederlassungen ermöglichen es dem Management, das Unternehmen zeitgenauer auszusteuern und mögliche finanzielle Engpässe frühzeitig zu erkennen.

Beim Reporting greift man auf die Standardreports zurück und setzt bei Extraanfragen auf spezielle SQL-Abfragen. Es besteht die Möglichkeit, Daten direkt aus den SQL-Zugängen zu bearbeiten. So fragt die Biomedica Gruppe beispielsweise über den SQL-Zugang ab, wie viel Stück von einem bestimmten Produkt mit welchem Deckungsbeitrag in einem bestimmten Bereich von sämtlichen Töchtern und in Österreich verkauft worden sind.