Anwender wollen Preise nachverhandeln und flexible Zahlungsmodelle

Finanzkrise setzt jetzt auch IT-Dienstleister unter Druck

04.11.2008 von Nicolas Zeitler
IT-Dienstleister müssen mit Folgen aus der weltweiten Finanzkrise rechnen. Laut einer Untersuchung von Forrester neigen ihre Kunden derzeit dazu, Entscheidungen über Projekte aufzuschieben und Beziehungen zu einzelnen Anbietern auf den Prüfstand zu stellen.
Das Geld für IT-Dienstleistungen sitzt derzeit bei vielen europäischen Firmen nicht so locker. Die Anbieter müssen als Folge der Finanzkrise unter anderem mit flexiblen Preismodellen aufwarten.

Vor dem Hintergrund der Finanzkrise beginnen Firmen nicht nur in den USA, sondern zunehmend auch in Europa, ihre Ausgaben für eingekaufte Dienstleistungen genau zu überprüfen. Schon im zweiten Quartal dieses Jahres hatte die "Enterprise IT Services Survey" des Marktforschers Forrester für Nordamerika und Europa gezeigt, dass 43 Prozent der Firmen ihre IT-Budgets wegen der drohenden Krise zurückgefahren hatten. Jetzt berichten die Marktbeobachter von teils drastischen Folgen dieser Entwicklung auf Anbieter von IT-Dienstleistungen.

In einigen Fällen müssen Anbieter sogar damit rechnen, dass aus bestehenden oder angebahnten Verträgen überhaupt keine Einnahmen mehr zu erwarten sind, weil es den Kunden nicht mehr gibt. Dies hätten Gespräche mit Vertretern weltweit tätiger IT-Dienstleister in den vergangenen Tagen ergeben, berichten Forrester-Analysten.

Firmennamen nennen sie in ihrem Bericht "Service Providers Start To See The Implications Of The Credit Crunch" nicht. Es gebe allerdings einige Dienstleister, die für das Ende des dritten Quartals anberaumte Vertragsabschlüsse in den Wind schreiben mussten, weil das Partnerunternehmen aufgekauft wurde oder über Nacht vom Markt verschwand.

Auch wenn die Autoren des Berichts einräumen, dass solche Fälle eher die Ausnahme sein dürften, so schafften sie doch große Unsicherheit in den Verkaufsabteilungen von IT-Dienstleistern. Häufiger dürfte es indes vorkommen, dass Kunden endgültige Vertragsabschlüsse hinauszögerten, um mehr Zeit zu haben, sich mit möglichen Folgen der derzeitigen Lage auseinanderzusetzen.

Provider müssen deshalb damit rechnen, dass sich ein Teil des für 2008 erwarteten Umsatzes auf das nächste Jahr verschiebt. Zudem schrecken die Unternehmen vor langfristigen finanziellen Verpflichtungen im Augenblick eher zurück.

Preise für Beratung müssen gesenkt werden

In den Firmengesprächen zeigte sich auch, dass viele Kunden bestehende Verträge nachverhandeln wollen - vor allem, um die Kosten zu drücken. Diese Entwicklung hatte sich Forrester zufolge schon Ende des zweiten Halbjahres 2008 abgezeichnet. Nun gaben mehrere Branchenvertreter zu Protokoll, dass sie die Preise etwa für Beratungsdienste in diesem Jahrursprünglich um zehn bis 15 Prozent erhöhen wollten. Wegen der geringen Nachfrage seit Jahresbeginn und wegen der jetzigen Entwicklungen nähmen viele nun von diesem Vorhaben Abstand. Einzelaussagen zufolge sei sogar eher mit Preissenkungen von zwei bis fünf Prozent zu rechnen.

In der Anbieterlandschaft ist dem Bericht zufolge mit einer Konsolidierung zu rechnen. Die resultiert daraus, dass die Kunden ihre Beziehungen zu einzelnen Dienstleistern überprüfen, um operative Kosten zu sparen. Statt zu einer Vielzahl von Anbietern Geschäftskontakte zu pflegen, wollen sie sich Forrester zufolge eher auf wenige Partner konzentrieren. Diese Entwicklung sei schon einige Zeit im Gange, habe sich aber wegen der Finanzkrise beschleunigt.

Flexible Bezahlungsmodelle

Für die Anbieter von IT-Dienstleistungen könnte es sich lohnen, flexible Bezahlungsmodelle anzubieten. Den Gesprächspartnern der Forrester-Analysten zufolge ist die Nachfrage der Kunden danach in letzter Zeit deutlich gestiegen. Sie verlangten auch für Projektgeschäfte flexible Zahlungsmodi, wie sie für Hardwarekäufe schon länger üblich seien.

Als durchweg finster wollen die Forrester-Marktforscher die Aussichten für IT-Anbieter allerdings nicht darstellen. Weil CIOs die firmeneigenen IT-Kosten senken müssten, werde das Outsourcing-Geschäft weiter wachsen. Um sich auf die bevorstehenden Veränderungen auf dem Markt einzustellen, sollten Dienstleistungsfirmen allerdings einerseits sicherstellen, dass sie gerade in Billiglohnländern auf ausreichend Kapazitäten zugreifen können, um auf Wünsche nach günstigen Leistungen flexibel reagieren zu können.

Als Aggregator auftreten

Zudem könnten sich spezielle Finanzierungsoptionen für den Kunden zu einem Entscheidungskriterium zwischen zwei Dienstleistern entwickeln. Wer bei der Konzentration der Kunden auf wenige Anbieter nicht den kürzeren ziehen will, der solle sich als Aggregator aufstellen. Die Autoren des Forrester-Berichts meinen damit, dass ein Anbieter als Ansprechpartner gegenüber dem Kunden auftritt und die Kontakte zu anderen Providern übernimmt, die letztlich einzelne Dienste erbringen.

Für unerlässlich halten es die Forrester-Analysten auch, dass die Anbieter gegenüber Kunden den Wert jedes einzelnen Angebots umfassend darlegen. Auch Kosten und Gewinne, die außerhalb der IT-Abteilung wirksam werden, seien darin einzubeziehen.