ONLINE-BRANCHENVERZEICHNISSE

Finden …… und gefunden werden

04.03.2002 von Holger Eriksdotter
Online-Branchenbücher richten sich an private Kunden und gewerbliche Einkäufer. Die Auswahl reicht vom regionalen Spartenverzeichnis bis zum europa- oder weltweiten gewerblichen Einkaufsführer.

WER EXPERTEN SUCHT, nehme die „Gelben Seiten“ zur Hand: So wirbt die Telekom. Seine exponierte Stellung verdankt das Branchenbuch indes nicht der Kampagne, sondern dem langjährigen Telefonmonopol. Das warf nebenbei flächendeckende Adressdaten ab und sorgte für üppige Anzeigeneinnahmen. Online dagegen haben die „Gelben Seiten“ starke Konkurrenz.

 Das Telekom-Branchenbuch kommt in 103 regionalen Ausgaben mit einer Auflage von 30 Millionen Exemplaren und gut 4 Millionen Einträgen heraus. Es listet vom Freiberufler bis zum Schwermaschinenhersteller alles auf, was in Deutschland ein Gewerbe betreibt. Im digitalen Pendant (www.gelbeseiten.de) fließt der komplette Adressbestand zusammen. Wie bei allen vollständigen Verzeichnissen ist der Gebrauch aber nicht ohne Tücken: Die Einmann-Transportfirma steht ununterscheidbar neben dem globalen Speditionsriesen. Zusatzinformationen müssen für jeden Eintrag einzeln aufgerufen werden und sind unschwer als Kopien des Druck-Layouts erkennbar. Strukturierte Produkt- und Firmeninformationen fehlen. „Die ,Gelben Seiten‘ sind online etwas schläfrig geraten“, freut sich da Matthias Müller, Chef des Konkurrenten Elektronisches Branchenbuch ( www.ebb.de ).

 Struktur statt Masse

 Die Telekom-Konkurrenz hat ihre Datenbestände dem digitalen Medium angepasst. Der Hamburger Verlag Wer liefert was? (www.wlw.de), dessen mehrbändiges Werk zur Standardausstattung der Einkaufsabteilungen gehörte, hält ein kostenloses, nach Produkten und Anbietern durchsuchbares Online-Verzeichnis mit 130000 deutschen und gut 400000 europäischen Industrieund Handelsbetrieben vor. Auch ABC-Online (www. abconline.de), digitales Pendant zum „ABC der deutschen Wirtschaft“, Kompass (www.branchen-kompass.de) und Europages (www.europages.com) richten sich an professionelle Einkäufer. Die „Gelben Seiten“ sind mit Business Deutschland (www.businessdeutschland.de) dabei, das eine redaktionelle Aufbereitung der regionalen Branchenverzeichnisse darstellt.

 Struktur statt Masse heißt das Prinzip der gewerblichen Branchenbücher. Mit redaktioneller Bearbeitung, regelmäßiger Pflege und Aktualisierung sowie zum Teil eigenem Außendienst halten sie ihren Datenbestand auf dem Laufenden. „Wir streben Markttransparenz und Qualität an. Absolute Vollständigkeit können wir aber nicht bieten“, so WLW-Sprecher Markus Mattscheck.

 Anders die Angebote, die sich hauptsächlich an Privatkonsumenten richten. „Bei uns stehen auch Friseure, Wäschereien und Supermärkte – und das regional eingrenzbar“, sagt EBB-Chef Müller. Auch Yellowmap (www.yellowmap.de) hat vorwiegend private Kunden im Visier und bietet zielgruppengerecht Umkreissuche, Lage- und Anfahrtspläne. Viele Anbieter suchen nach Partnern, um ihre Reichweite zu erhöhen. So machen viele Suchmaschinen von Branchenverzeichnissen Gebrauch und präsentieren diese im eigenen Gewand.

 Während die „Gelben Seiten“ auf den Datenbestand der Telekom zurückgreifen, versorgen sich andere Anbieter bei Adresshändlern, oder sie stützen sich auf selbst recherchierte Daten. Yellowmap etwa kooperiert mit dem Adressenhändler Schober; das EBB bezieht seine Daten von Bedirect, einer Tochter von Bertelsmann und der Auskunftei Creditreform.

 Früher mussten Auskunftsuchende für Abfragen oder ganze Druckwerke kräftig zahlen. Heute bitten die Anbieter ihre Inserenten zur Kasse. Das übliche Modell: Grundeintrag gratis, Extras wie werbliche Gestaltung oder ein prominenter Platz auf der Liste kostenpflichtig. Das rechnet sich offenbar: „Unsere Kunden bekommen im Schnitt 710 Anfragen pro Jahr, bei einem Grundeintrag nur 11“, sagt EBB-Chef Müller, der 11000 zahlende Inserenten verzeichnet.

 Je größer die Reichweite, desto lukrativer die Vermarktung der Listen: Rund drei Millionen Page-Impressions verzeichnen EBB und Yellowmap monatlich. Mit etwa einer Million Visits pro Monat ist WLW nach eigenen Angaben Marktführer bei den Wirtschaftsnachschlagewerken. ABC-Online, auf Fertigungsbetriebe spezialisiert, kommt auf 200000 Kontakte.

 Die Kosten sind kaum vergleichbar. Preismodelle, Reichweite, Druckauflage, Spartenzuordnungs- und Gestaltungsmöglichkeiten variieren stark. Meist ist online jedoch billiger als Druck. In den Hamburger „Gelben Seiten“ etwa ist ein hervorgehobener Eintrag ab 800 Euro zu haben, eine Drittelseite schlägt mit rund 15000 Euro zu Buche. Bei ABC-Online kostet eine Anzeige ab 200 Euro pro Jahr; bei WLW 336 Euro. Hervorgehobene Einträge im EBB beginnen mit 230 Euro,bei Yellomap schon bei 120 Euro.

 Die Tage der Buchauflagen sind indes gezählt: Beim ABC der deutschen Wirtschaft kommen auf 25000 ausgelieferte CDs gerade noch 1000 Buchverkäufe. Das EBB, das mit Hotel- und Restaurantführern begann, hat seinen Druckbereich komplett abgestoßen. Einen historischen Schnitt markierte die Einstellung der Druckausgabe bei WLW nach 52-jähriger Verlagsgeschichte im Jahre 2000. Nach einer Studie, die Emnid im Auftrag des Verlags bei Business-Einkäufern deutscher Unternehmen durchgeführt hat, ist das Internet inzwischen die häufigste Quelle für die Lieferantensuche.