Verantwortung auch im Ruhestand

Firmen verschenken Wissen pensionierter Manager

25.01.2008 von Alexander Galdy
Deutsche Unternehmen werfen das Wissen pensionierter Manager weg. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Studie der Online-Jobbörse Stepstone. Dabei könnten die ehemaligen Führungskräfte auch als Interim-Manager noch einmal Verantwortung tragen. Fragt sich nur, welche Bedeutung der Begriff "Ruhestand" dann noch hat.

Das Know-how der ehemaligen Entscheider ist hierzulande nicht gefragt. 70 Prozent der Befragten gaben an, dass ältere Mitarbeiter nach dem Ausscheiden aus ihrem Unternehmen dort keine Rolle mehr spielen. Nur 22 Prozent der Betriebe binden pensionierte, ehemalige Mitarbeiter in aktuelle Firmenentscheidungen ein. Weitere acht Prozent denken immerhin zurzeit darüber nach.

Der aktuell viel diskutierte Fachkräftemangel in Deutschland wird laut Frank Hensgens von Stepstone zukünftig durch den demographischen Wandel verstärkt zum Tragen kommen. Immer mehr ältere Führungskräfte stehen weniger jüngeren gegenüber. Aus diesem Grund stehen Betriebe vor der zentralen Herausforderung, den qualifizierten Erfahrungsschatz bewährter Mitarbeiter effektiver einzubinden.

Ähnlich sieht es Steffen Haas von der Initiative "Erfahrung Deutschland": "In Zeiten des globalen Wettbewerbs können wir es uns nicht mehr erlauben, hoch qualifiziertes Wissens-Potenzial im Ruhestand brach liegen zu lassen." Die besten Köpfe müssen unabhängig von ihrem Alter Zugang zur Wirtschaft haben. Das ist kein gesellschaftliches Engagement, sondern eine ökonomische Notwendigkeit.

Nicht nur die ehemaligen Arbeitgeber können von ihren pensionierten Führungskräften profitieren. Nach Meinung von Marc Emde von der Kirch Personalberatung können auch andere Firmen aus dem Wissen der Profis Nutzen ziehen. Er sieht im momentan deutlich an Fahrt zulegenden Markt für Interim-Manager gute Chancen für pensionierte Führungskräfte.

Nicht, dass sie sich auf lange Zeit an einen Konzern binden oder noch einmal Karriere machen wollen, so Emde. Als kurzfristiger Feuerlöscher in der Führungs-Etage können sie ein Unternehmen aber durchaus noch voranbringen. Denn sie haben meist mehr Erfahrungswissen, Routine und die größere soziale Kompetenz.

Die meisten Firmen Europas verzichten auf Ex-Führungskräfte

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland im Trend bei der Vernachlässigung von pensionierten Fach- und Führungskräften, wenn man diesen Umstand so nennen will. So verzichten 72 Prozent der europäischen Unternehmen auf die Einbindung von qualifizierten Arbeitskräften, die sich schon im Ruhestand befinden.

19 Prozent beziehen sie dagegen mit ein. Am wenigsten greift man in Frankreich auf sie zurück. Dort gaben 85 Prozent der Befragten an, dass in ihrem Betrieb Manager außer Dienst keine Rolle spielen.

An der Umfrage von Stepstone beteiligten sich insgesamt 11.156 Menschen in Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Italien, Belgien, den Niederlanden und Frankreich.