Flughafen Frankfurt

Fraport macht Datenbank zum Collaboration-Tool

05.12.2011 von Johannes Klostermeier
1400 Flüge am Tag, 53 Millionen Passagiere im Jahr und nur ein System, das weiter wächst: Der Frankfurter Flughafen rüstet seine Datenbank "Info plus" für den Ausbau zur "Frankfurt Airport City".
Langjährige Partner: Fraport-CIO Roland Krieg (r.) und T-Systems Geschäftsführer Dietmar Wendt im Gespräch mit CIO-Redakteurin Riem Sarsam.
Foto: Joachim Wendler

Roland Krieg, CIO der Fraport AG, muss sicherstellen, dass seine IT zu 100 Prozent funktioniert. Sein Unternehmen ist verantwortlich für den Betrieb des drittgrößten Luftverkehrsdrehkreuzes Europas: Auf dem Flughafen Frankfurt werden täglich 1400 Flüge abgewickelt. Mehr als 53 Millionen Passagiere und rund 500.000 Flugbewegungen jährlich bedeuten aber auch eine enorme Menge an Daten, die in Echtzeit verarbeitet werden müssen.

Für jeden Flug tauschen verschiedene Systeme zwischen 1000 und 1500 Datensätze aus. Auf Verspätungen müssen die Beteiligten umgehend reagieren, Passagiere benötigen Anschlussflüge, und Koffer dürfen nicht verloren gehen.

Schon seit Jahren arbeitetFraport unter anderem gemeinsam mit T-Systems daran, dass die Abläufe reibungslos funktionieren. "Gleich in meinem ersten Jahr als CIO haben wir die Partnerschaft verstärkt und auf ein neues Gleis gesetzt", berichtet Krieg.

1997 gewann T-Systems die Ausschreibung für das zentrale System der Flughafendatenbank, AODB (Airport Operational Database) oder auch einfach "Info plus" genannt. "Zusammen haben wir das Kernsystem unseres Flughafens weiterentwickelt. Seit 2005 betreiben wir es in einem gemeinsamen Rechenzentrum zusammen mit rund 450 anderen Anwendungen", sagt Krieg. Das Tool ist die wichtigste Informationsdrehscheibe des Flughafens. Es vernetzt alle operativen Geschäftsprozesse.

Unabdingbar für den Flughafen ist, dass das System im 24-Stunden-Betrieb performant und ohne Ausfälle funktioniert. Sehr belastbar und auch zukunftssicher muss es ebenfalls sein. Denn der Frankfurter Flughafen, der derzeit zur "Frankfurt Airport City" ausgebaut wird, setzt auf Wachstum. Auf die weitere Steigerung der Fluggastzahlen müssen die Systeme daher eingerichtet sein.

Der Frankfurter Flughafen.
Foto: Fraport AG

"Es laufen ins Info plus Informationen herein und heraus. Sie werden von uns bearbeitet und nach einem Regelwerk verteilt", erklärt Dietmar Wendt, Geschäftsführer bei T-Systems International und verantwortlich für den Bereich Sales. Bisher wurden mehr als 60 Schnittstellen zu den verschiedenen Applikationen der einzelnen Partner am Flughafen erstellt. So gibt es etwa Verbindungen zu den Planungssystemen, den Display- und Handling-Systemen, zu SAP und zur Radarstation. Die Betreiber des Flughafens und die Airlines sind so aus einer zentralen Quelle ständig über den Status der Flüge, die Passagier-, Gepäck-, Fracht- und Mail-Daten informiert und können auf dieser Grundlage ihre eigenen Abläufe und Prozesse planen.

Kettenreaktion bei Verspätung

Zu den Nutzern gehören auch noch andere Dienstleister und offizielle Stellen. Etwa die Flugsicherung, die Polizei, der Bundesgrenzschutz, der Zoll, aber auch das Noise-Monitoring-System sowie die sogenannten Ground-Handler, zu denen die Gepäckservices, das Catering und die Luftfracht gehören.

Unternehmen

Fraport

Hauptsitz

Frankfurt am Main

Umsatz

2,2 Milliarden Euro (2010)

Ebit

431 Millionen Euro

Mitarbeiter

18.900

T-Systems-Manager Wendt erläutert die Funktionen und Aufgaben des Systems an einem Beispiel: Ein Passagier möchte in Frankfurt um zwölf Uhr nach Hamburg fliegen. Doch das Flugzeug verspätet sich, was eine Reihe von Aktionen in Gang setzt: Die Airline meldet dem Flughafen und der Flugsicherung den aktuellen Flugstatus. Die Flugsicherung berechnet eine neue Ankunftszeit und gibt diese an den Flughafen und die Fluggesellschaft weiter. Die neue Ankunftszeit wird über den Message-Hub Info plus aufgenommen.

Dann werden die Abweichungen zum Plan berechnet, die Flugzeugparkposition und der Startzeitpunkt aller Ground-Services neu festgelegt. Das System sendet die Zeiten und Positionen an die Flugsicherung, die Airline, die Ground-Handling-Agents und alle weiteren Beteiligten. Droht sich die Maschine noch weiter zu verspäten, muss die Airline eventuell eine andere Maschine für den Flug einsetzen, was wiederum Flugsicherung und Flughafen mitgeteilt wird. "Auf einem Flug von Frankfurt nach Hamburg können Sie eine Verspätung von 20 Minuten überhaupt nicht mehr aufholen, dann kommt alles durcheinander", sagt Wendt.

Seit Herbst 2010 arbeiten die Partner an einem Projekt, das aus dem reinen Message-Hub Info plus ein vielseitiges Collaboration-Werkzeug machen soll. "Damit gehen wir einen Schritt weiter als mit der zentralen Datenbank. Es gibt dafür klare Vorgaben der EU über zu standardisierende Prozesse", sagt Krieg. In der Initiative Single European Sky (einheitlicher europäischer Luftraum) hat die Europäische Kommission die Regeln definiert, mit denen der europäische Luftraum neu strukturiert und harmonisiert werden soll.

IT-Kennzahlen

IT-Mitarbeiter

370 (01.10.2011)

IT-Budget

105 Millionen Euro

IT-Benutzer

10.100

CIO

Roland Krieg

Krieg: "Die wichtigsten Flughäfen Europas führen jetzt Airport Collaborative Decision Making (A-CDM) ein. Wir bekommen damit auch Informationen über Prozessmeilensteine zurückgespielt sowie Schätzungen darüber, wann der Gesamtprozess beendet ist. Das ermöglicht uns dann eine gemeinsame Sichtweise auf den Prozessfortschritt eines Flugs. Wir liefern diese Informationen wiederum vom Boden an die Luft, die Air Traffic Control." Damit sei dann die gesamte Prozesskette geschlossen. Das erhoffte Ziel: Die vorhandenen Kapazitäten werden besser genutzt, der Verkehrsfluss zu den Pisten verläuft gleichmäßiger, und die Pünktlichkeit erhöht sich. Denn jede Landung einer Maschine, so CIO Krieg, ist ja wiederum nur der Beginn des nächsten Flugs.