SAP-Arbeitsmarkt

Freiberufler besser qualifiziert als Festangestellte

01.07.2014 von Hans Königes
Selbständige SAP-Experten weisen in der Regel einen größeren Erfahrungsschatz rund um die verschiedenen Softwaremodule auf. Einer Studie zufolge bringen sie auch einen besseren Zertifizierungsstand mit.

Vergleicht man Freelancer mit Festangestellten, so zeigt sich, dass Erstere auf einen größeren Erfahrungsschatz zurückblicken können. Wie eine Befragung der Marktforscher von Dr. Grieger & Cie. aus Hamburg im Auftrag des international tätigen SAP-Dienstleisters Red ergab, haben fast 85 Prozent der befragten Freiberufler mehr als neun Jahre Erfahrung im SAP-Umfeld, während nur knapp 60 Prozent der Festangestellten einen vergleichbaren Wert vorweisen können.

Das größte Wissen liegt dabei generell in den Modulen Materialwirtschaft (MM) und Vertrieb (SD) vor, außerdem zur SAP-eigenen Programmiersprache Abap. Drei Viertel der Befragten geben dabei an, Know-how zu mehr als einem Modul zu besitzen, 18 Prozent sind sogar auf vier oder mehr Module spezialisiert. Jüngere SAP-Themen wie die In-Memory-Datenbank HANA oder die Mobile-Suite sind laut Untersuchung noch deutlich unterrepräsentiert. Bernhard Pfenninger, Business Development Director bei Red, meint denn auch: "Es gibt bislang nur wenige HANA-Profis, aber deren Einkommen liegt am oberen Ende der Einkommensskala."

Weniger Gehaltsspielraum für Festangestellte

Bernhard Pfenninger, Red: "Es gibt noch wenige HANA-Profis, aber deren Gehalt liegt am oberen Ende der Einkommensskala."
Foto: Red

Ein Vergleich zwischen Festangestellten und Freelancern verdeutlicht zwei interessante Aspekte: Freiberufler kennen sich nicht nur in mehr Modulen aus als Festangestellte, sie haben auch einen etwas besseren Zertifizierungsstand. Während von den fest angestellten SAP-Fachleuten nur ein Drittel zertifiziert ist, davon etwas mehr als die Hälfte auf dem Professional Level, liegt dieser Wert bei den Freiberuflern leicht darüber.

Die Tagessätze der Freiberufler liegen zwischen 600 und 1000 Euro. Spezialisten mit wenig Erfahrung befinden sich erwartungsgemäß am unteren Ende der Einkommensskala, solche mit viel Praxis dürfen sich über Tagessätze von 1000 Euro, manchmal sogar deutlich darüber, freuen.

Bei der geografischen Verteilung der Tagessätze fällt auf, dass diese - wie vielleicht zu erwarten war - insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen über dem Bundesdurchschnitt liegen. Aber auch in Berlin und Brandenburg liegen die Sätze mit rund 900 Euro überraschend hoch. Dabei zeigt sich, dass die Einkommensschere unter den Freelancern deutlich weiter aufgeht als unter den Festangestellten.

Red ...

... ist ein internationales Unternehmen mit Sitz in London und betreibt in Deutschland drei Büros. Das Unternehmen vermittelt Fach- und Führungskräfte zur Festanstellung, aber auch Freelancer rund um SAP-Themen und bietet in diesem Umfeld auch Consulting an. Basierend auf einem weltweiten Netz von 330.000 SAP-Experten reicht das Angebot von der Personalausstattung eines SAP-Kompetenzzentrums bis hin zum Management von weltweiten Rollout-Programmen.

"Erfahrene Spezialisten wählen häufig den Weg in die Selbständigkeit, da sie die Gehaltsgrenzen als Festangestellte erreicht haben und bei entsprechender Qualifikation durchaus Tagessätze weit jenseits von 1000 Euro erzielen können", kommentiert Red-Manager Pfenninger das Ergebnis.

Unter den fest angestellten SAP-Fachleuten gaben knapp 40 Prozent ein Jahresgehalt zwischen 50.000 und 75.000 Euro an. Weitere 40 Prozent streichen zwischen 75.000 und 100.000 Euro ein. Auch hier gilt, dass sich in den oberen Gehaltsklassen überwiegend Spezialisten mit langjähriger Erfahrung finden.

Pfenninger beobachtet, dass der Spielraum für Gehaltserhöhungen bei Festangestellten eher gering ist. So erklären mehr als 60 Prozent der befragten fest angestellten SAP-Experten, ihr Gehalt habe sich in den letzten zwölf Monaten im Durchschnitt zwischen einem und vier Prozent erhöht. Fast jeder dritte aus dieser Gruppe will sich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten nach einer neuen Position mit SAP-Bezug umschauen. Die Gehaltsverbesserung steht dabei im Vordergrund.

Studie

Die Hamburger Marktforschungsagentur Dr. Grieger & Cie. hat im Auftrag des SAP-Dienstleisters Red den deutschen SAP-Arbeitsmarkt untersucht. Insgesamt haben sich mehr als 1000 auf SAP-Systeme spezialisierte Fach-und Führungskräfte an der Online-Umfrage beteiligt, die von September 2013 bis Februar 2014 dauerte. Die meisten Befragten sind deutsche Staatsbürger, knapp drei Viertel sind fest angestellt, gut ein Viertel Freelancer. Wie andere Bereiche der IT-Branche ist auch die SAP-Welt eine Männerdomäne. Nur etwa jeder achte SAP-Professional ist eine Frau.

Über ein Drittel der Befragten haben die Erfahrung gemacht, dass Personalagenturen und Headhunter bei der Suche nach einer neuen Position am hilfreichsten sind. Sie bewerten die Chance auf einen besseren Job hier höher als im persönlichen Netzwerk, an das in dieser Hinsicht nur 27,2 Prozent der Studienteilnehmer glauben. Es folgen Online-Jobbörsen und Job-Websites (20,9 Prozent) sowie professionelle soziale Online-Netzwerke wie Xing oder LinkedIn (14,3 Prozent).

Große Wechselbereitschaft

Für Headhunter ist nicht nur die Wechselbereitschaft der SAP-Profis eine gute Nachricht, auch deren große Mobilität fällt auf. Nur etwa ein Drittel der Befragten gibt an, im heimatlichen Bundesland tätig zu sein. Die übrigen haben ihren Arbeitsort entweder in einem anderen Bundesland oder im Ausland. Mehr als ein Viertel aller SAP-Fach- und Führungskräfte sieht kein Problem darin, für einen besseren Job in ein anderes westeuropäisches Land zu ziehen.

Unterm Strich zeigt die Umfrage also, dass auf SAP-Systeme spezialisierte Fach- und -Führungskräfte nicht an ihren Stühlen kleben und zu Abenteuern bereit sind. Deutlich wird zudem, dass sie ihren Marktwert durch Fortbildungen und entsprechende Zertifizierungen kontinuierlich steigern wollen.

Herausforderungen für IT-Freiberufler 2014
Was sind die wichtigsten Herausforderungen für IT-Freiberufler?
Dafür befragte die COMPUTERWOCHE 1.096 IT-Selbständige. Diese waren im Schnitt 47 Jahre alt, neun von zehn Befragten sind männlich. Drei Viertel sind in der Beratung tätig, fast jeder Zweite im IT-Projektmanagement. 38 Prozent der Freelancer beschäftigen sich mit Entwicklung, jeder Dritte übernimmt Coaching-Aufgaben. Rund ein Fünftel arbeitet in Administration und Support, mit Datenbanken oder in der Qualitätssicherung.
Die Planbarkeit von Anschlussprojekten ...
... ist für jeden zweiten Freiberufler nach wie vor die größte Herausforderung.
Aber auch die Verhandlungen von Stundensätzen ...
... beanspruchen 44 Prozent der befragten IT-Freiberufler.
Hoher Reiseaufwand ...
... beziehungsweise ein weit entfernter Projekteinsatzort macht 34 Prozent der IT-Freiberufler zu schaffen. Für die meisten Kunden ist es selbstverstänlich, dass Freiberufler immer vor Ort arbeiten.
Für regelmäßige Weiterbildung ...
... fehlt jedem dritten Freiberufler die Zeit, so eine weitere Herausforderung.
Hohe Arbeitsbelastung ...
... nennen 32 Prozent der befragten IT-Freiberufler als Herausforderung.
Hohe Weiterbildungskosten ...
... belasten 27 Prozent der befragten IT-Freiberufler.
Gesetzliche Vorschriften und Regelungen, ...
... etwa zur Scheinselbständigkeit erschweren 23 Prozent der befragten IT-Freiberufler die Arbeit.
Hohe fachliche Anforderungen ... durch Projekte
... empfindet jeder fünfte IT-Freiberufler als Herausforderung.
Dass Kunden Projektreferenzen freigeben ...
... und damit dem IT-Freiberufler einen Leistungsnachweis für die nächste Akquise geben, passiert anscheinend nicht immer. Für 11 Prozent der IT-Freiberufler ist das ein Problem.
Flaute oder zu wenig Projektaufträge ...
... sind für zehn beziehungsweise 27 Prozent der befragten IT-Freiberufler ein Problem.