Thyssen-Krupp AG

Freiräume für Innovationen

21.02.2006 von Rolf Röwekamp
Der Stahlkonzern harmonisiert die IT international und schafft Unternehmens-Plattformen. Mit den dadurch frei werdenden Ressourcen will die IT die Innovationen in den Geschäftsprozessen vorantreiben.
"Die Standardisierung findet in einem Konzern mit fast 800 einzelnen Unternehmen in 70 Ländern schnell ihre Grenzen", räumt CIO Hans-Günter Gaul ein.
Foto: ThyssenKrupp AG

Im Frühjahr 2004 machte der Düsseldorfer Konzern Schlagzeilen, als er seine IT-Tochter Triaton an HP verkaufte. Für den weltweit arbeitenden Technologiekonzern agierte der Dienstleister zu lokal. Mit dem global aufgestellten neuen Besitzer bringt Thyssen-Krupp internationale Strukturen und Projekte stärker ins Rollen.

Die Projekte basieren auf den Leitlinien der IT-Strategie, die der Vorstand Anfang 2005 beschlossen hat. Danach soll die IT gleiche Komponenten bei gleichartigen Prozessen im Konzern einsetzen. "Allerdings findet die Standardisierung in einem Konzern mit fast 800 einzelnen Unternehmen in 70 Ländern schnell ihre Grenzen", räumt CIO Hans-Günter Gaul ein.

Der Konzern hat sein Strategie-Modell auf den drei Säulen Core, Common und Custom aufgebaut. Bei Custom-Anwendungen handelt es sich um spezielle Programme, über die IT-Manager in den einzelnen Unternehmen entscheiden. In den Common-Bereich fallen nicht flächendeckend laufende, aber häufig eingesetzte Systeme wie CAD-Programme. Während hier die CIOs aus den Segmenten Standardisierungsmöglichkeiten ausloten, hat CIO Gaul den Daumen auf dem Core-Bereich. "In den Core-Bereich fallen alle Themen, die wir als zentrale Kompetenz ansehen“, erläutert Gaul. Darunter fallen Konzernstandards für Rechner, Office-Anwendungen, WAN (Wide Area Network) aber auch Prozesse wie den Einkauf von IT-Commodities.

Immer wieder befasst sich der "Vorstandsausschuss IT" (Vorstände aus der Holding und den sechs Segmenten) mit CIO-Council (Konzern-CIO und CIOs aus den Segmenten) mit Entscheidungen darüber, ob ein System aus dem Common-Bereich zum Konzernstandard aufsteigen soll. Der CIO-Council leistet an dieser Stelle einen wichtigen Beitrag, die Konzepte auszuarbeiten und später umzusetzen. "Hierbei muss die IT eine Balance zwischen zentralen und dezentralen Ansätzen finden“, benennt Gaul ein weiteres strategisches Ziel.

Dabei will er möglichst viel harmonisieren und Konzern-Plattformen schaffen. Die Kosten für IT-Operations sollen sinken, um damit gesparte Gelder für Innovationen in den Geschäftsprozessen nutzen zu können. Zu den zentralen Aufgaben zählt auch, einen konzernweiten Verzeichnisdienst aufzubauen. 120.000 der 183.000 Mitarbeiter verfügen bereits über eine eigene unternehmensweit gültige User-ID. "Unser Hauptziel hierbei ist es, den Zugang zu den Anwendungen einheitlich zu steuern und personalwirtschaftliche Prozesse optimal zu unterstützen", erklärt Gaul.

Außerdem vereinheitlichte die IT im vergangenen Jahr die E-Mail-Transportstrukturen. Seit Abschluss des Projekts "SMTP-Backbone“ arbeiten mehr als 80 Prozent der PC-Anwender mit konzernweit einheitlichen Adressen auf einem hohen Sicherheitsniveau. Nach dem Aufbau des SMTP-Backbone will Thyssen-Krupp in den kommenden eineinhalb Jahren auch die E-Mail-Server konsolidieren.

Das WAN wird derzeit ebenfalls konsolidiert. Von den heute 60 Carriern fokussiert sich Thyssen-Krupp künftig auf einen Provider, der das globale WAN betreibt. HP bekam zusammen mit dem Partner British Telecom den Zuschlag dafür.

In einer weiteren bedeutenden Initiative befasst sich der der CIO-Council damit, die ERP-Systeme zu harmonisieren. Ziel ist es, die Vielzahl der unterschiedlichen ERP-Systeme dort gleichartig zu gestalten, wo gleichartige Prozesse zu finden sind. "Die Harmonisierung umfasst rund 80 Projekte. Das ist ein langfristiges Programm, das wir bis 2008/09 abschließen wollen“, sagt Gaul.