Fakten und Vorstand egal

Führungskräfte entscheiden mit dem Bauch

12.02.2013 von Christoph Lixenfeld
Beim Entscheiden und beim Bewältigen von Krisen hören Führungskräfte in erster Linie auf Kollegen und auf ihren Bauch, so das Ergebnis einer aktuellen Studie.
Auf Krisen regieren Entscheider eher defensiv.
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Führungskräfte in Deutschland und Österreich rechnen in den kommenden zwölf Monaten zwar insgesamt mit einer weiteren Verschärfung der Krise, sehen ihr eigenes Unternehmen aber gleichzeitig gut aufgestellt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die osb international Consulting AG durchgeführt hat.

Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen "Wegbereiterin im Feld der systemischen Organisationsberatung". Stammsitz ist Wien, weitere Standorte gibt es in Tübingen, Hamburg und Berlin. Für die Studie wurden in Deutschland und Österreich 600 Führungskräfte sowie 1500 MitarbeiterInnen zu den Themen Entscheidungsfindung und Krisenbewältigung befragt.

Krisen gibt es nur bei den anderen

In Deutschland, so ein Ergebnis, rechnen 42 Prozent der Führungskräfte mit einer Verschärfung der Krise, in Österreich sogar 50 Prozent. Wie eigentlich immer bei solchen Befragungen, sehen die Chefs allerdings eine Krise nur beim Blick auf andere beziehungsweise auf die Konjunktur insgesamt, nicht aber in Bezug auf das eigene Unternehmen.

Die Einschätzung der eigenen Situation spiegelt ein wenig die unterschiedliche wirtschaftliche Lage in beiden Ländern wider: In Österreich sagen 20 Prozent der Führungskräfte, dass sie in einer konjunkturell sicheren Branche arbeiten, in Deutschland ist dieser Anteil dagegen nur halb so hoch.

Deutsche und Österreicher legen viel Wert auf die Meinung von Kollegen.
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Wenn es um die Bewältigung von Krisensituationen geht, vertrauen sowohl die Häuptlinge als auch ihre Indianer am ehesten auf die eigene Mannschaft. Politiker, externe Interessenvertreter und Banken spielten dagegen eine weit untergeordnete Rolle.

Krisenreaktion: Kosten senken und Prozesse optimieren

Auf eine eventuelle Krise bereiten sich die Unternehmen in erster Linie durch Kostensenkung und Optimierung von Arbeitsabläufen und Prozessen vor. Immerhin rund 40 Prozent nennen auch die Erschließung neuer Märkte als Krisengegenmittel.

Etwa ein Drittel der Führungskräfte sagen, sie würden im Falle einer Krise eventuell auch Personal abbauen oder die Arbeitszeiten flexibilisieren. Investitionen in Forschung und Entwicklung gaben in Österreich nur 10 Prozent als mögliche Maßnahme an, in Deutschland waren es immerhin 15 Prozent.

"Der Krise wird vor allem reaktiv begegnet, Unternehmen bemühen sich, ihre Hausaufgaben in diesem Fall besonders gut zu machen", so Reinhard Nagel, Partner bei osb in Wien.

Intuition und Erfahrung wichtig

Die bemerkenswertesten Antworten brachte die Studie im Zusammenhang mit der Frage hervor, wen Führungskräfte hinzuziehen, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen: In Deutschland vertrauen 60 Prozent auf ihr Bauchgefühl alias Intuition und auf ihre Erfahrung, 52 Prozent auf den Rat von Kolleginnen und Kollegen.

Bauchgefühl wichtiger als Zahlen

Chefs sind auch nur Menschen: Wenn es darauf ankommt, hören Chefs eher auf den Bauch als auf die Fakten.
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Die Analyse von Marktdaten machen dagegen nur 34 Prozent der in Deutschland Befragten zur Grundlage ihrer Entscheidung, die Beobachtung des Wettbewerbs sogar nur 29 Prozent.

Und - nota bene - bei sage und schreibe nur 11 Prozent der befragten Führungskräfte ist die Meinung des eigenen Top-Management für die Entscheidungsfindung wichtig.

Wirklich beruhigend ist dieses Ergebnis nicht. Denn manchmal wäre es vermutlich gar nicht so schlecht, eher auf schnöde Marktzahlen und die Ansicht des Vorstands zu hören als nur auf das eigene Bauchgefühl.