3 Ebenen der Konsumerisierung

Gartner: BI vor radikalem Wandel

26.08.2011 von Werner Kurzlechner
BI scheitert weitgehend, weil die Tools den Anwendern zu kompliziert und langsam sind. Auch die Ergebnisse sind oft irrelevant. Konsumerisierung könnte das ändern. Best-of-Breed statt BI-Plattform könnte die Folge sein.

Nachholbedarf bei Business Intelligence (BI)? Aber sicher doch: Weniger als 30 Prozent der potenziellen Nutzer wenden BI-Tools tatsächlich. Zumeist deshalb, weil die Tools aus Anwendersicht zu kompliziert sind, zu langsam arbeiten und irrelevante Inhalte liefern. Diese Diagnose ist quasi der Ausgangspunkt einer Studie von Gartner, in der die Analysten einen Ausweg erkennen: die Konsumerisierung der BI.

Es könnte der radikalste Wandel im BI-Umfeld seit Entstehen der gängigen unternehmensweiten Plattformen Ende der 1990er-Jahre bevorstehen, argwöhnt Gartner-Analyst James Richardson. Das würde dann daran liegen, dass die unter dem neuen Schlagwort der Konsumerisierung subsumierte Anwendung nicht spezifisch für Unternehmen entwickelter, sondern aus dem privaten Gebrauch stammender IT gerade im BI-Bereich den dringend benötigten frischen Wind heranblasen könnte.

„Die meisten Firmen wissen, dass sie ein Problem bei der BI-Adoption haben“, schreibt Richardson. Die Unternehmen investieren demnach immer mehr in BI-Lösungen, aber die Nutzung durch die Mitarbeiter hält damit nicht Schritt. Dabei könne sich jede Organisation verbessern, wenn der Zugang ideal integrierten Informationen erleichtert und diese Informationen tatsächlich vor Entscheidungen analysiert würden.

Die 3 Chancen durch Konsumerisierung

Gartner beobachtet auf drei Ebenen Chancen durch Konsumerisierung – und hat am Ende auch noch drei Tipps für Anwender parat.

Die erste Ebene ist jene der Usability. Wenn BI schwer zu bedienen oder komplett statisch ist, lassen die Nutzer schnell die Finger davon. Dieses Kardinalproblem kann aus Gartner-Sicht durch verschiedene Entwicklungen aufgebrochen werden. Statt unübersichtlicher Reihen und Säulen von Zahlen kann eine bunte und interaktive Visualisierung die Arbeit mit der BI-Lösung angenehmer machen. Beispielsweise könne durch einen simplen Klick auf ein Icon die Filterung und Aufbereitung der Daten erfolgen. Laut Richardson sollte wie in einem Computerspiel ein anregendes „Fliegen“ durch die Datensätze möglich sein. Im Kern geht es in jedem Fall um Interaktion mit den Daten, die so simpel sein soll wie der Computer-Hausgebrauch.

Ganz ähnlich sollte eine integrierte Suche möglich sein – ganz einfach über eine Keyword-Suche, in etwa wie beim Googlen. Die Konsumerisierung an dieser Stelle laut Gartner: Das gewohnte Such-Interaktions-Modell ganz einfach in der BI anwenden. „Es werden keine Schulungen benötigt“, so Richardson. „Einfach tippen und los.“

Zukunftsfeld Mobile BI

Ebenfalls im Usability-Bereich verortet Gartner Mobile BI. Laut Prognose der Analysten wird bereits 2013 ein Drittel der via BI bezogenen Informationen auf Smartphone oder Tablet geholt. „Komplikationslose Bedienbarkeit und kein Bedarf an einer Gebrauchsanweisung“, lautet nach Ansicht Gartners das Consumerization-Rezept in diesem Bereich.

Die Anwender suchen die benötigten BI-Tools selbst aus, beispielsweise im App-Store von Apple. Man dürfe sogar annehmen, dass der Anbieter des besten mobilen „BI-Erlebnisses“ fürs Mobiltelefone gute Chance für eine führende Position im BI-Standard-Markt erhalte, so Richardson.

Als zweite Ebene betrachtet Gartner den Speed. Die Verwendung von schnellen In-RAM-Prozessoren kann demnach für ein beschleunigte Analyse und Interaktion mit BI-Daten sorgen. „Schneller ist besser, weil dann mehr Fragen gestellt, mehr Szenarien durchgespielt und mehr Report erstellt werden können, bevor eine Entscheidung getroffen wird“, heißt es in der Studie.

Die dritte Dimension ist jene der Relevanz. Hier hat Gartner Data Mashups im Sinn: Die User bringen ohne formale Integration eigene Daten ins System ein, um entdeckte Lücken in der Datensammlung zu schließen. Diese von den Endanwendern stammenden Daten müssten dann durch die BI-Infrastruktur verwaltet werden. Das klinge zugegeben etwas problematischer als die anderen genannten Punkte, so Richardson. „Aber wenn es sich um einen kompetenten Spreadsheet-User handelt, würde diese Funktionalität die Relevanz der ermöglichten Analysten deutlich steigern.“ Mehr Kontext und Vielfalt also für die Datensätze, lautet die Idee.

Als Konsequenz dieser absehbaren Entwicklungen gerät nach Einschätzung Gartners das Konzept der einen unternehmensweiten BI-Plattform ins Wanken. Firmen kommen demnach über kurz oder lang nicht mehr umhin, eine Vielzahl an BI-Komponenten zu überblicken. „Unvermeidlicherweise wird die Steuerung eines Portfolios an BI-Anwendungen mehr Anstrengungen erfordern, als das im Falle einer einzigen Plattform nötig ist“, so Richardson. Aber die Balance der zusätzlichen Funktionalitäten und die größere Relevanz für Business-Entscheidungen rechtfertigten den Aufwand.

3 Tipps für Anwender

Anwendern rät Gartner erstens zu einer genauen Überprüfung des vorhandenen BI-Portfolios. Es gelte Spielräume für Usability, Relevanz und Performance auszuloten. Zweitens sei ein Regelwerk abzustecken, das die Haltung zu durch Endanwender eingebrachten BI-Tools definiert. Drittens seien die derzeitigen Standards des BI-Anbieters im Lichte der Konsumerisierung zu beleuchten und gegebenenfalls neu zu bewerten. Gartner empfiehlt, dabei durchaus die Funktionalitäten höher zu gewichten als die Einheitlichkeit auf der Anbieterseite und eine Best-of-Breed-Lösungen zu erwägen – beispielsweise eine Mischung aus Daten-Visualisierung von einem Anbieter und Online-Analyse von einem anderen.

Die Studie „The Consumerization of BI Drives Greater Adoption” ist bei Gartner erhältlich.