ECC-Studie zu E-Commerce

Gefühlter Erfolg mit vielen Fragezeichen

26.11.2010 von Hartmut  Wiehr
Unter den Entscheidern in der E-Commerce-Branche herrscht laut einer Umfrage gute Stimmung. Doch die wirklichen Umsatzaussichten sind eher bescheiden.

Für das Jahr 2010 erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) einen Anstieg des E-Commerce-Umsatzes mit Privatkunden um rund acht Prozent auf 23,7 Milliarden Euro. Um das Geschäftsklima einzuschätzen, hat der Betreiber von Shopping-Portalen Become in den Monaten September und Oktober zusammen mit dem E-Commerce Center Handel am Institut für Handelsforschung (ECC) eine Online-Befragung unter Entscheidern der E-Commerce-Branche in Deutschland und den USA durchgeführt.

Der Internet-Shop www.play.com zählt zu den erfolgreichen der Branche. Sein Geheimnis: breite Auswahl und niedrige Preise. Viele Anbieter von E-Commerce stehen dagegen erst am Anfang.

Schwerpunkte der Studie sind auch Umsatzprognosen, Investitionsbereitschaft für das Geschäftsjahr 2010 und Meinungen zum Thema Social Commerce. Mehr als 60 Prozent der Stichprobe arbeiten in ihrem Unternehmen als Geschäftsführer, Vorstand oder Gesellschafter oder in einer leitenden Position. Damit kann laut ECC und Become der Umfrage zum Geschäftsklima eine hohe Verlässlichkeit zugesprochen werden. Mit über 45 Prozent waren Online-Händler die größte Gruppe der vertretenen Experten. Allerdings finden sich in der Studie keine Hinweise darüber, wie groß die beiden Stichproben in Deutschland und in den USA tatsächlich gewesen sind. Dies wäre aber für eine statistische Überprüfung der Umfrageergebnisse wesentlich.

Das erhobene Stimmungsbild kommt zu folgenden Aussagen: Die wirtschaftliche Krisensituation aus den Jahren 2008 und 2009 scheint für die meisten befragten Unternehmer vorbei zu sein. Im Vergleich zur Umfrage im vergangenen Jahr würden nun deutlich mehr Unternehmen einen besseren Geschäftsabschluss für das laufende Geschäftsjahr 2010 erwarten. 36 Prozent der befragten Unternehmer sehen demnach sogar einer Verbesserung um immerhin mehr als 10 Prozent entgegen.

Auch in den Umsatzprognosen zeigten sich die Unternehmen laut Become und ECC zuversichtlich: 84 Prozent erwarten steigende Umsätze für das Jahr 2011. Die optimistische Stimmung im aktuellen und im neuen Geschäftsjahr 2011 spiegele sich auch in der Investitionsbereitschaft wieder: Mehr als die Hälfte der Unternehmen sei bereit, im kommenden Jahr die entsprechenden Ausgaben zu steigern.

Social Commerce gewinnt an Bedeutung: Der Aufbau von Social Communities unter den Kunden und Interessenten wird bereits von knapp einem Drittel der befragten Experten aktiv betrieben.

Aufwand für Social Commerce zu hoch

Über 90 Prozent der befragten Unternehmen, die Social Commerce in ihrem Geschäftsmodell integriert haben, sind in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Xing vertreten. Mehr als ein Viertel plane noch im Jahr 2011 die Einrichtung von Wikis oder einen Auftritt in einem Video- und Fotoportal.

Der Aufwand für Social Commerce wird von den Experten allerdings als hoch eingeschätzt. Noch ist nicht genügend abgeklärt, ob sich der Einfluss auf die Online-Umsätze wirklich auszahlt. Dennoch wird ein Großteil der Befragten laut Umfrage im folgenden Jahr zunächst weiter in Social-Media-Aktivitäten investieren - entweder mit gleichem Budget oder sogar mit größeren Ausgaben für dieses Marketinginstrument.

Die Online-Händler unter den Experten wurden einer zusätzlichen Befragung hinsichtlich des Vergleichs "Anforderungen und tatsächliche Leistungen eines Online-Shops" unterzogen. In den Augen der befragten Online-Händler spielen demnach eine Zufriedenheitsgarantie sowie ein Online-Kundenservice eine wichtige Rolle, um mehr Kunden anzuziehen. Social Media und Mobile Commerce werden hingegen als eher unwichtig eingeschätzt - ein Ergebnis, das konträr zu vielen anderen Studien ist, die in diesem Bereich Optimismus verbreiten. Trotzdem planen laut ECC und Become mehr als 40 Prozent der Händler eine Implementierung von Social Media und Mobile Commerce noch im kommenden Jahr. Man kann ja nie wissen, ob sich nicht doch noch ein Erfolg einstellt, und will einfach dabei sein.

Über die in ihrem Online-Shop eingesetzten Zahlungsverfahren gaben neun von zehn Händlern an, in ihrem Check-out die Vorkasse als Zahlungsverfahren anzubieten, die damit zu den am meisten eingesetzten Bezahlsystemen zählt. PayPal konnte sich noch vor den traditionellen Verfahren wie Kreditkarte, Nachnahme und Rechnung auf Rang zwei platzieren.

Es wurden auch Tendenzaussagen aus den führenden Märkten der USA erhoben, um über Vergleichszahlen zu verfügen. Die aktuelle Stimmung im E-Commerce dort ist ähnlich positiv wie in Deutschland, lautet das vielleicht wichtigste Resultat. Drei Viertel der Befragten erwarten dort für das aktuelle Geschäftsjahr 2010 einen besseren Geschäftsabschluss als noch im vergangenen Jahr. 80 Prozent der Befragten sehen für das Jahr 2011 noch positiver in die Zukunft.

E-Commerce ist in den USA erfolgreicher

In amerikanischen Unternehmen spielt Social Commerce inzwischen eine weitaus bedeutendere Rolle als in Deutschland, was auch der größeren aktiven Internet-Nutzung in den USA entspricht. Bereits mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen (und somit mehr als doppelt so viele als in Deutschland) haben inzwischen Social Commerce in das eigene Geschäftsmodell integriert. Die Social-Media-Aktivitäten sind hauptsächlich auf soziale Netzwerke wie Facebook und Microblogs wie Twitter konzentriert, ähnlich wie in Deutschland.?

Die im Check-out angebotenen Zahlungsverfahren in den USA zeigen dagegen ein gänzlich anderes Bild als die der deutschen Online-Händler. Nur etwa 30 Prozent der befragten Unternehmen bieten laut Studie Vorkasse an. Und die Überweisung nach Erhalt der Ware (Rechnung) wird in den USA nur von neun Prozent der Online-Händler angeboten.

Die Kreditkarte ist in den USA das Zahlungsmittel Nummer eins: 97 Prozent der Händler bieten dieses Zahlungsverfahren an. PayPal und ClickandBuy weisen eine ähnliche Verbreitung in amerikanischen Warenkörben auf wie in Deutschland.