Rauere Zeiten für "Made in Germany"

Gegenwind für Deutschlands Exporteure

09.02.2017
Deutschland profitiert wie kaum ein anderes Land vom freien Handel. Die Exporte klettern von Rekord zu Rekord. Doch US-Präsident Trump stellt den freien Handel in Frage und droht mit Strafzöllen.
Die aktuelle Politik der US-Regierung bietet auch Chancen. Der Euro hat gegenüber dem Dollar zuletzt an Wert verloren. Dadurch werden Waren "Made in Germany" im Dollar-Raum tendenziell billiger. Das kann den Absatz ankurbeln.
Foto: Rhenus SE

Deutschlands Exporteure sind so erfolgreich wie nie zuvor - doch genau das sorgt für Ärger. Die neue US-Regierung unter Donald Trump kritisiert den Überschuss im Handel mit den Vereinigten Staaten, spricht von "Währungsmanipulation" und droht mit Strafzöllen für BMW und Co. Die Zeiten werden rauer für "Made in Germany", das könnte die deutsche Konjunktur treffen.

Bereits im vergangenen Jahr hinterließen das Brexit-Votum und die Schwäche des Welthandels Spuren. Zwar gingen Waren im Bestwert von 1,21 Billionen Euro ins Ausland. Der Zuwachs fiel mit 1,2 Prozent Ökonomen zufolge allerdings moderat aus. Der Handel mit Großbritannien erhielt durch den angekündigten Brexit laut des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) einen "deutlichen Dämpfer". In Länder außerhalb der Europäischen Union sanken die Exporte sogar.

Die Hoffnungen ruhen darauf, dass der Welthandel in diesem Jahr wieder an Schwung gewinnt. Der Außenhandelsverband BGA traut dem Export ein Plus von bis zu 2,5 Prozent auf einen Rekord von 1,24 Billionen Euro zu. Die Liste der Risiken für das Auslandsgeschäft werde allerdings immer länger: Weltweite Abschottungstendenzen, der für Frühjahr erwartete EU-Austrittsantrag Großbritanniens und schließlich der "unberechenbare" US-Präsident.

"Mit der Wahl Donald Trumps sind Exporterfolge zum politischen Risiko geworden, vor allem wenn das entsprechende Land vergleichsweise weniger aus den USA einführt", befürchten Ökonomen der Helaba.

Zwar geht der allergrößte Teil der deutschen Ausfuhren mit zuletzt 58 Prozent in die EU. Doch die USA sind inzwischen der wichtigste Einzelmarkt, 9,5 Prozent der Gesamtexporte gingen nach endgültigen Zahlen 2015 in das Land.

Viele Hunderttausend Arbeitsplätze hingen davon ab, dass europäische Unternehmen ihre Produkte in den Vereinigten Staaten verkaufen könnten und amerikanische Unternehmen in Europa investierten, mahnt BGA-Präsident Anton Börner. Vorwürfe wie zuletzt aus den USA, Deutschland betreibe eine Politik billiger Exporte zulasten seiner Handelspartner, weisen Wirtschaftsverbänden und Ökonomen zurück.

"Deutschlands erneuter Exportrekord ist ein Beleg für die Attraktivität unserer Produkte", argumentiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber. Zwar spiele auch der schwache Euro eine Rolle, räumen Wirtschaftsverbände ein. "Dies ist aber ganz klar die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die eindeutig unabhängig und nicht von Deutschland beeinflusst ist", betont Börner.

Seit Jahren exportiert Deutschland mehr, als es aus dem Ausland einführt. Auch anderen Ländern und vielen Ökonomen ist der steigende Überschuss ein Dorn im Auge. Die EU-Kommission erneuerte am Donnerstag ihre Kritik. Deutschlands "großer und andauernder" Leistungsbilanzüberschuss verursache ökonomische Ungleichgewichte, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.

"Problematisch sind nicht die hohen Exporte, problematisch ist die schwache Entwicklung der Importe, die Ergebnis der großen Investitionslücke ist", mahnt der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher.

Würde in Deutschland mehr investiert werden, würden auch die Einfuhren steigen, argumentieren Ökonomen. "Mehr Investitionen etwa in die digitale Infrastruktur oder in die Verkehrsinfrastruktur würden die Überschüsse senken", meint auch der BDI.

Deutschland muss sehen wo es bleibt

Die exportorientierte deutsche Wirtschaft müsste sich also selbst helfen, sollte US-Präsident Trump seine Drohungen wahr machen. Mit einem Konjunktureinbruch in Deutschland rechnen Ökonomen derzeit allerdings nicht. Auch in diesem Jahr dürften vor allem die Kauflust der Verbraucher und der Bauboom die deutsche Wirtschaft auf Kurs halten. Weil viele Bürger sichere Jobs mit steigenden Löhnen und Gehältern haben, geben sie mehr Geld aus.

In Asien werden die Karten gerade neu gemischt. Die deutsche Wirtschaft sieht nach dem angekündigten Rückzug der USA aus dem transpazifischen Handelsabkommen (TPP) neue Möglichkeiten in der Region. "Der TPP-Ausstieg der USA bietet Chancen für die deutsche und die europäische Wirtschaft in Asien", sagt der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Hubert Lienhard.

Die Sorge ist dennoch groß. So warnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland: "Wenn die Politik Handelsbarrieren errichtet oder einen Abwertungswettlauf anzettelt, gibt es am Ende nur Verlierer." (dpa/rs)