4 Studienergebnisse

Generationsunterschiede sind übertrieben

02.07.2012 von Hartmut  Wiehr
Die Economist Intelligence Unit untersuchte, wie neue Trends die Erwartungen an Technologie und den CIO verändern. Die Cloud solls richten.

Wenn ein umsatz- und gewinnstarkes Unternehmen wie Hewlett-Packard bei dem renommierten Economist-Ableger "The Economist Intelligence“ eine Studie in Auftrag gibt, erwartet man zunächst, dass die Manager des etwas in Verruf geratenen ehemaligen Garagen-Startups das HP-Image wieder etwas aufpolieren wollten. Doch mit dem Economist ist so ein billiger PR-Trick nicht zu machen. HP muss zahlen, und die Forscher machen ihr unabhängiges Ding, das sie dann auch in ihrem Sinne publizieren.

HP-Deutschlandchef Volker Smid sieht in Cloud-Computing die Generallösung für alle IT-Probleme.
Foto: HP

Herausgekommen ist eine eher allgemein gehaltene Studie mit Namen "Great expectations or misplaced hopes? Perceptions of business technology in the 21st century“. Man wollte untersuchen, wie sich unter dem Einfluss neuerer Trends die Erwartungen an Technologie verändern und welchen Einfluss dies auf CIOs, die Aufgaben der IT und das Geschäft insgesamt nimmt.

Dazu wurden in der zweiten Hälfte des letzten Jahres 508 führende Manager aus Europa, dem Mittleren Osten und aus Afrika befragt. Mit acht namentlich genannten Führungskräften wurden intensive Einzelgespräche als Korrektiv zu der Umfrage geführt.

Viele Versprechen wurden einglöst

Die Forscher von Economist Intelligence verweisen darauf, dass sich gerade einmal elf Jahre nach der Dotcom-Blase und dem Zusammenbruch vielversprechender IT-Firmen eine ganze Reihe damaliger Versprechungen durchgesetzt hat: Das Internet-Zeitalter ist Realität, mitsamt der Netzwerk-Infrastruktur, neuer Endgeräte und Software neuen Typs.

Auf der Seite der CIOs wurden gleichzeitig Bedenken laut über zu unterschiedliche Erwartungen an die IT, eine überbordende "Consumerisation“ und den Einfluss der "Generation Y“. Laut Economist wird der technische Wandel in den nächsten zehn Jahren nicht stehen bleiben – was schon jetzt an dem Cloud-Phänomen zu sehen sei. Es werde außerdem zu einer weiteren Commodisierung der Produkte kommen, die Unterschiede zwischen den einzelnen Geräten und Tools und zwischen den Herstellern verwischen sich: Alle haben zunehmend in etwa das Gleiche im Angebot, oft sogar in den gleichen Fabrikationsstätten hergestellt.

Innovationen kommen von außen, nicht von innen

Auffällig ist, dass Economist Intelligence die heute viel beschworene Rolle von "IT as an enabler of innovation“ relativiert. Dass IT als Auslöser von Ideen und Prozessen gesehen werden kann, ist laut Economist nichts Neues. IT-Veteranen würden sich nur zu gut an diese Rolle erinnern. Im Unterschied zu früher gehe man heute jedoch eher davon aus, dass Innovation, neue Arbeitsprozesse und Geschäftsmodelle mehr von außen angestoßen würden – als Folge der "Consumerisation“ der IT. Den damit verbundenen Ansprüchen zu entsprechen, wird laut Economist zu einer der "größten Herausforderungen für die CIOs“.

Die Mitarbeiter von Economist Intelligence betonen als Fazit ihrer Studie, dass Erwartungen und Realität weniger weit auseinanderklaffen, als allgemein angenommen wird. Ihre Ergebnisse im Einzelnen:

Foto: Economist Intelligence

1. IT ist in der Lage, zu liefern. Laut Studie ist die IT-Abteilung heute in der Regel in der Lage, den Anforderungen der übrigen Geschäftsbereiche Folge zu leisten. Dies stelle gegenüber der Situation vor zehn Jahren eine bedeutende Verbesserung dar. Die Mehrheit der befragten Manager gibt an, dass die IT heute ihre Versprechungen einhalten kann. Und bei 25 Prozent der Unternehmen, deren Profit im letzten Jahr um mindestens 20 Prozent gestiegen ist, wurden die Erwartungen in IT-Projekte sogar übertroffen. Bei Unternehmen, die über ein konstantes oder sogar sinkendes Wachstum verfügen, traf das nur bei weniger als fünf Prozent der IT-Projekte zu.

Generationsunterschied ist grundfalsch

2. Der Generationsunterschied wird übertrieben. Ein beliebtes Argument in den Debatten um IT besteht darin, jüngeren Mitarbeitern ("Generation Y“) eine größere "IT-Affinität“ und "Aufgeschlossenheit gegenüber allem Neuen“ zuzuschreiben, im Unterschied zu den älteren Mitarbeitern, die irgendwie den Zug der Zeit verpasst hätten. Laut Economist Intelligence ist das grundfalsch. Das Verhalten gegenüber IT-Einsatz am Arbeitsplatz korreliere mit dem persönlichen Interesse, aber nicht mit dem Alter, konstatieren die Forscher. Die Antworten bei der Umfrage lassen darauf schließen, dass Senior Manager sogar über ein höheres Know-how in Sachen Technologie verfügten als ihre jüngeren Mitarbeiter.

3. Die Vorteile der Consumerisation. Wenn immer mehr Mitarbeiter ihre eigenen mobilen Geräte an den Arbeitsplatz mitbringen (BYOD – Bring Your Own Device), dann betrifft das für viele CIOs unmittelbar ihre internen Netzwerk-, Management- und Security-Lösungen und -Strategien. Doch nicht alle sehen laut Economist Intelligence nur die negativen Auswirkungen. Für diese Gruppe kommt es darauf an, den Einsatz von IT im Unternehmen so interessant und spaßvoll zu machen wie in den eigenen vier Wänden. Die IT-Abteilungen sollten sich, so die Studie, dieser Herausforderung stellen und damit ihre eigene IT neu organisieren und attraktiver machen.

Wie man eine Studie interpretiert

4. Externe IT-Erfahrungen und -Erwartungen übertrumpfen die im Unternehmen. Etwa 30 Prozent der CIOs glauben laut der Umfrage, dass der Druck auf ihre interne IT steigen wird, da Mitarbeiter und Kunden ihre persönliche Expertise auf die professionelle IT übertragen. Sie leben bereits in einer Welt von mobilen Geräten, großen Bandbreiten und Cloud-Applikationen. Die Unternehmen müssten sich diesen Erfahrungen anpassen.

Ältere Manager wissen durchaus sehr gut Bescheid über den Einsatz von IT, wie Economist Intelligence herausgefunden hat.
Foto: Economist Intelligence

Volker Smid, Vorsitzender der Geschäftsführung von HP Deutschland, macht sich seinen eigenen Reim auf die Ergebnisse der Studie: "Die Rolle der IT in den Unternehmen hat sich gewandelt. Früher sollte die IT lediglich die geschäftlichen Anforderungen erfüllen. Heute ist sie selbst vielerorts der Motor für Innovationen und neue Geschäftsmodelle.“ Und um diese neue Kernkompetenz künftig noch wirkungsvoller einsetzen zu können, "sollten CIOs den Aufwand für ihren eigenen IT-Betrieb weiter reduzieren und mittels einer standardisierten, flexiblen Infrastruktur die Voraussetzungen für hybride und vernetzte Cloud-Services schaffen“.

So kann man das sehen, in der Studie selbst ist davon aber nicht die Rede. Warum sollten die CIOs auch auf ein anderes Service-Modell wechseln, wenn sie mit dem derzeitigen Beitrag der IT für Innovation und Geschäftserfolg mehrheitlich zufrieden sind? Das immerhin zeigt die Studie von "The Economist Intelligence“.