Human Resources

Grundregeln der Work-Life-Balance

04.10.2013 von Hansjörg Leichsenring
Arbeits- und Privatleben sollen im Einklang stehen. Was bedeutet das eigentlich genau? Hansjörg Leichsenring rät jedenfalls dazu, einige Grundregeln beachten.
Hansjörg Leichsenring ist Unternehmensberater und Interimsmanager.
Foto: Hansjörg Leichsenring

Über die sogenannte Work-Life-Balance wird immer wieder gerne und viel geredet. Aber geht das denn wirklich: Erfolgreich im Beruf und dennoch im Gleichgewicht mit dem restlichen Leben?

Wikipedia definiert den Begriff wie folgt: "Work-Life-Balance steht für einen Zustand, in dem Arbeits- und Privatleben miteinander in Einklang stehen." Was aber bedeutet dies genau? Da gehen die Meinungen auseinander. Für die einen ist ein 12-Stunden-Tag durchaus kein Widerspruch zu einem harmonischen Privatleben, für die anderen beginnt schon bei 8 Stunden täglicher Anwesenheit am Arbeitsplatz ein qualvoller Zustand.

Vor kurzem war nachzulesen, dass nach einer Untersuchung der AOK zunehmend Menschen an ihrem Arbeitsplatz Suchterkrankungen unterliegen. Trinken und Rauchen sind der Studie zufolge die Hauptursachen für diese Entwicklung. Es gebe aber auch einen Trend zu einer verstärkten Einnahme von leistungssteigernden Mitteln. Ursächlich dafür sei Stress am Arbeitsplatz.

Ob die Ergebnisse für alle Arbeitnehmergruppen gleichermaßen zutreffen ist nicht bekannt, dass speziell Führungskräfte jedoch häufig über einen Mangel an Zeit für Bedürfnisse jenseits des Büros haben, ist keine Neuigkeit. Nach Schätzungen der Betriebskrankenkassen sollen in Deutschland neun Millionen Menschen unter Burnout Symptomen leiden.

Vermeintliche und permanente Zeitprobleme

Hinter den vermeintlich nur zwei Facetten Arbeitsleben und Privatleben verbergen sich wesentlich mehr Elemente, die es beim Thema Work-Life-Balance zu berücksichtigen gilt. Da sind unter anderem zu berücksichtigen:

Jedes dieser "Elemente" fordert seinen Anteil und das resultiert vor allem in einem, nämlich einem vermeintlichen oder tatsächlichem permanenten Zeitproblem.

Frühstück einzige gemeinsame Mahlzeit

Wie sieht ein normaler Manager Arbeitstag aus? Das Haus wird um 8:00 Uhr verlassen und man kommt irgendwann zwischen 19:00 und 20:00 Uhr wieder zurück, mitunter sogar noch später oder, wenn Reisen auf dem Pflichtenzettel stehen, überhaupt nicht. Wenn man also nicht gerade ein ausgesprochener Frühaufsteher ist, stehen für alle Belange neben dem Beruf nur die Abendstunden oder das Wochenende zur Verfügung.

Hat man es nur mit sich selbst zu tun, ist das kein Problem, kommen jedoch andere mit ins Spiel, so sind auch deren Gewohnheiten und Präferenzen restriktive Faktoren. In der Realität ist in den meisten Managerfamilien daher das Frühstück nicht nur die einzige gemeinsame Mahlzeit sondern auch zugleich Familienzusammenkunft unter der Woche. Am Wochenende zerren dann alle an einem und den einen oder anderen zerreißt es dabei in (zumindest mentale) Stücke.

Unstrittig ist, dass eine Führungskraft mehr arbeitet und auch arbeiten muss als andere, um der auferlegten Verantwortung gerecht zu werden. aber bedeutet dies auch automatisch den Verlust sämtlichen Freiraums? Oft hat man den Eindruck, dass Führungskräfte wesentlich fremdbestimmter als "Geführte" sind. Da jagt ein Sitzungsmarathon den nächsten, Urlaubstage verfallen und wenn man sich am Ende fragt, was dabei eigentlich konkret rausgekommen ist, erhält man oft ein Schulterzucken als Antwort.

Zumal erfolgreiche Manager meist sehr diszipliniert in ihrem Arbeitsleben sind, erscheint es doch seltsam, dass gerade die Menschen, die in ihrem Berufsleben andere führen sollen, mit der eigenen Führung Probleme zu haben scheinen.

Grundregeln

Einige Grundregeln könnten dabei helfen, das gewünschte Gleichgewicht herzustellen.

Familie an erster Stelle

So wie ein Baum nicht ohne seine Wurzel leben kann, können Menschen nicht auf Dauer ohne eine feste Bindung bleiben. Die Familie (wie immer sie auch aussehen mag) ist das Fundament.

Nehmen Sie sich regelmäßig und ausreichend Zeit für gemeinsame Aktivitäten mit Ihrem Lebenspartner einzeln und gemeinsam mit der Familie. Wenn sie ihrem Kind (oder Partner) versprochen haben, Zeit gemeinsam zu verbringen, dann halten Sie dies auch zu 100% ein. Schalten Sie Ihr Handy am Abend und am Wochenende aus!

Eigene Gesundheit fördern

Ich habe im Laufe meines Berufslebens viele erfolgreiche Menschen jung sterben sehen. Nicht immer konnte man etwas dagegen tun. Das schönste Leben der Welt nutzt jedoch wenig ohne die eigene Gesundheit.

Viele Menschen bringen ihr Auto regelmäßig in die Inspektion, vernachlässigen aber ihre eigene Funktionstüchtigkeit. Gesundheit fördern bedeutet nicht, ab morgen nur noch Müsli und Salat zu essen und Marathon zu laufen. Jeder Mensch hat sein eigenes Wohlfühlschema, dem es jedoch konsequent zu folgen gilt. Bewegung und etwas Kontrolle beim Essen und Trinken bringen jedoch auf jeden Fall mehr Nutzen als Schaden.

Zeit für sich selbst einplanen

Denken Sie auch an sich selbst. Bleiben Sie bei Ihren Hobbies am Ball. Gönnen Sie sich Auszeiten. Wenn Sie konsequent die Vereinbarungen mit Ihrer Familie einhalten, haben Sie auch das Recht, dass Ihnen die Familie "frei" gibt.

Sagen Sie: Nein

Angriffen auf ihre Work-Life-Balance sollten Sie mit einem deutlichen "Nein" begegnen, egal, ob die Angriffe von oben oder von unten kommen. Dazu gehört, dass Sie sich von Mitarbeitern keine unnötigen Termine aufs Auge drücken lassen oder allseits beliebte Rückdelegationen von Arbeit akzeptieren. Aber auch Vorgesetzten gegenüber sollten Sie standhaft bleiben, auch wenn es im ersten Moment schwer zu fallen scheint.

Haben Sie keine Hemmungen, Ihren Chef zu sagen, dass Sie gerne morgen mit ihm über das vermeintlich ach so wichtige Problem eingehend diskutieren, heute Abend aber um 20.00 Uhr pünktlich mit Ihrer Frau ins Theater gehen wollen. Er wird Sie vielleicht im ersten Moment "dumm" anschauen, aber danach ganz sicher nicht nur Ihr Verhalten respektieren, sondern innerlich sogar dafür bewundern.

Hansjörg Leichsenring befasst sich seit über 30 Jahren beruflich mit Banken und Finanzdienstleistern und verfügt über die Bankleiterqualifikation nach §33 KWG. Leichsenring arbeitet derzeit als (Interims-)Manager und Berater von Banken und Finanzdienstleistern. Ebenso ist er als Referent und Moderator im In- und Ausland sowie als Fachautor tätig. Er führt privat den Bank Blog. Weiteres zur Person unter hansjoerg-leichsenring.de.