Streit um Wartungsverträge

Gutachter sieht SAP mit Monopol

27.07.2009 von Thomas Pelkmann
In den Streit um teure Enterprise-Supportverträge bei SAP kommt Bewegung: Ein Gutachter sieht Anzeichen dafür, dass SAP in der Schweiz seine marktbeherrschende Stellung zum Nachteil seiner Kunden ausnutzt.

Ursprünglich wollte der deutsche Software-Hersteller SAP zum 1. Januar 2009 neue Supportverträge bei seinen Kunden einführen: Anstelle des Standard-Supports verschickte das Walldorfer Unternehmen Verträge über den teureren Enterprise Support (ES).

Mit diesen Neuverträgen sollte die Wartungsgebühr von 17 Prozent der Lizenzkosten auf 18,19 Prozent steigen, ohne dass damit ein erkennbarer Mehrwert für die SAP-Kunden verbunden war.

In der Schweiz haben sich dagegen zunächst 23, mittlerweile rund 50 namhafte SAP-Kunden zur Interessensgemeinschaft SAP Wartung CH (IG Wartung) zusammengeschlossen, um gegen diese Preiserhöhung vorzugehen. Die Unternehmen fordern, "dass das bestehende Wartungsmodell aufrechterhalten bleibt und für situativ notwendige Zusatzleistungen Wahlfreiheit gewährt wird", wie es auf der Webseite der IG Wartung heißt. Zudem fordert die IG "ein variables Wartungsmodell, das zum Geschäft passt".

Zur Klärung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer Ablösung der bisherigen Supportverträge durch neue "Enterprise Support"-Verträge hat die IG Wartung im März ein Gutachten in Auftrag gegeben, das nun vorliegt.

Der Gutachter Rolf Weber, Professor und Ordinarius am rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich, kommt zu dem Schluss, dass SAP im Wartungsmarkt für seine eigenen Produkte eine "marktbeherrschende Stellung" einnimmt. In der europäischen Rechtssprechung spricht man dann von Marktbeherrschung, wenn der Marktanteil mehr als 50 Prozent beträgt.

"Basierend auf den Angaben zum Marktanteil von SAP im Sekundärmarkt", schlussfolgert Weber in seiner Auswertung für die IG Wartung, "muss von einer marktbeherrschenden Stellung von SAP ausgegangen werden", der in den folgenden Bemerkungen davon ausgeht, dass aufgrund dieser Monopolstellung "für die Abnehmer keine Ausweichmöglichkeit zu den Wartungsdienstleistungen von SAP bestehen".

Nicht ausschließen mochte der Gutachter, dass SAP mit der Enterprise-Lösung aufgrund fehlender Mehrleistungen im Vergleich zum Standard-Wartungsvertrag eine "unangemessene Preiserhöhung" vornehme, weil der Preis "in keinem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Leistung steht". Ebenfalls denkbar sei aber auch das Vorliegen eines unzulässigen Koppelungsgeschäftes, das dann entstehe, wenn SAP zusätzliche Leistungen anbietet, die von den Kunden aber gar nicht gewünscht werden, ohne dass SAP ihnen die Möglichkeit einräumt, einen neuen Vertrag auch ohne diese Leistungen abzuschließen.

SAP: Quasi-Monopol im Wartungsmarkt

Gutachter Weber kommt in seiner Stellungnahme zum (juristisch gleichermaßen vorläufig wie vorsichtig formulierten) Schluss, dass "ohne angemessene Mehrleistungen erfolgte Preiserhöhungen für die Wartungsdienstleistungen oder die Verbindung der ursprünglichen Wartungsdienstleistungen mit zusätzlichen, unerwünschten Leistungen zu einem höheren Preis einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung darstellen, sofern für diese Maßnahmen keine sachliche Rechtfertigung besteht".

Wie zu erwarten, fühlt sich die IG Wartung durch das Gutachten in ihrer Position bestärkt, gegen die mit der Vertragsänderung verbundenen Preiserhöhung vorzugehen. Die Organisation hat das Gutachten in der Zwischenzeit an die Schweizer Wettbewerbskommission (WEKO) weitergegeben und bleibt ansonsten bei seiner Forderung an SAP, ein "modulares, den Kundenbedürfnissen angepasstes Leistungsmodell" auf Basis einer Wartungsgebühr von "maximal 17 Prozent" bezogen auf die Lizenzkosten zu etablieren.