Ministerium will notfalls auf Eigenoptimierung setzen

Herkules soll im Januar 2005 starten

05.07.2004 von Thomas Zeller
Das Bundesverteidigungs­­ministerium wird ab dem 19. Juli neue Verhandlungen über die Privatisierung der Bundeswehr-IT (Projekt Herkules) aufnehmen. Dabei komme nun das bei der Ausschreibung auf dem zweiten Platz gelandete TIS-Konsortium aus Deutscher Telekom, IBM und SBS zum Zuge, sagte die SPD-Haushaltsexpertin Elke Leonhard CIO-Online. Das Projekt soll trotz der Verzögerung im Januar 2005 starten.

Nach jahrelangen Verhandlungen waren am vergangenen Donnerstagabend die Gespräche mit dem ISIC-21-Konsortium aus CSC Ploenzke, EADS und Mobilcom geplatzt. Zuletzt ging es anscheinend noch um eine Differenz von mehreren hundert Millionen Euro. Aus Verhandlungskreisen wird die Summe von 500 Millionen Euro genannt. "Diesen Wert können wir nicht bestätigen", sagt Michael Meißner von EADS. Allerdings sei am Ende die Luft für Zugeständnisse sehr dünn gewesen. "Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen und unseren Aktionären verpflichtet. Denen hätten wir nie ein Minusgeschäft zumuten können", so Meißner.

Elke Leonhard, die für die Verteidigung zuständige Haushaltspolitikerin, versteht diesen Standpunkt nicht. Herkules hätte für das Konsortium zu einem Prestigeprojekt werden können. "Der Profit wäre dann durch Folgeprojekte realisiert worden", ist sich Leonhard sicher.

Kompromisse auf den ganzen Linie

Angesichts eines Projektrahmens von 6,65 Milliarden Euro erscheint der Streitpunkt jedoch nicht besonders hoch. Doch "eine Mehrbelastung des Haushalts ist zurzeit nicht drin", sagt Leonhard. Das Verteidigungsministerium hätte bereits genügend Entgegenkommen gezeigt. "Zum Zeitpunkt der Ausschreibung gab es 650 Bundeswehr-Standorte, die vernetzt werden sollten. Heute sind es gut 100 weniger." Das müsste eigentlich die Kosten senken, so die Politikerin.

Auch das ISIC-21-Konsortiums hatte zuletzt Kompromissbereitschaft signalisiert. So sollten rund 1200 gefährdete Arbeitsplätze erhalten bleiben. Zudem wurde zwischenzeitlich auch über einen geringeren Leistungsumfang des Projektes diskutiert. Anscheinend scheiterte der Vorstoß am öffentlichen Vergaberecht.

Nach dem Scheitern werden nun die Verhandlungen mit dem TIS-Konsortium aufgenommen. Allerdings begleitet ISIC-21 diesen Schritt mit Argwohn. Sollte die Bundeswehr die Anforderungen für Herkules verändern, dann droht von dieser Seite eine Klagewelle.

Hintertüren und Alternativen

Eine Hintertür hat sich ISIC-21 trotz Verhandlungsabbruch offen gehalten. "Falls sich das Ministerium mit TIS nicht einigen kann, stehen wir eventuell für weitere Gespräche zur Verfügung", sagt EADS-Sprecher Meißner. Auch im Haushaltsausschuss wird fieberhaft an Alternativplänen gearbeitet. "Ich sehe drei Wege", sagt Elke Leonhard. "Entweder wir einigen uns mit dem TIS- oder dem ISIC-Konsortium, oder wir wählen ein Modell der Eigenoptimierung mit verschiedenen Teilprivatisierungen." Egal welche Lösung am Ende angestrebt wird, das Ministerium hält weiter am Starttermin Januar 2005 fest.

Herkules ist das größte Modernisierungsvorhaben der Bundeswehr. Für zehn Jahre sollen alle zivilen, nicht sicherheitskritischen IT-Systeme von der Privatindustrie modernisiert und betrieben werden. Das will die Bundeswehr sich etwa 6,6 Milliarden Euro kosten lassen, die sie in Jahresraten von je 665 Millionen Euro zahlen will.

Die privaten Anbieter sollen dafür zwei Verwaltungsrechenzentren modernisieren und betreiben, sowie ein flächendeckendes, leistungsstarkes Netz für Telekommunikation und Datenverkehr aufbauen und betreiben. Weiterhin werden alle Bundeswehrrechner auf eine moderne, einheitliche Software umgestellt. Zur Durchführung der Aufgaben soll eine IT-Gesellschaft gegründet werden, an der die Privatindustrie die Mehrheit und die Bundeswehr maximal 49,9 Prozent hält.

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