Projekt für digitale Patientendaten

Hilfe bei Krankheit im Ausland

02.07.2010 von Hartmut  Wiehr
Urlaub oder Arbeit im Ausland: Im Krankheitsfall bricht oft das Chaos aus, da ausländische Ärzte keinen Zugriff auf die Patientendaten haben. Um das zu verhindern, startet das Fraunhofer-Institut ein Projekt im Auftrag der EU.
Beim Arztbesuch im Ausland fehlen in der Regel wichtige digitale Patienteninformationen. Dies will eine Initiative der EU und des Fraunhofer-Instituts ISST ändern.
Foto: Fraunhofer-Institut ISST

Anfang Juni haben sich die EU-Gesundheitsminister auf vereinfachte Regelungen für Arztbesuche im EU-Ausland verständigt. Patienten sollen in Zukunft frei wählen können, in welchem europäischen Land sie sich ambulant behandeln lassen wollen. Doch eine effiziente ärztliche Versorgung setzt den Zugang zu den Patientendaten voraus, die im Regelfall im Heimatland vorhanden sind – immer häufiger auch in digitaler Form. Ist dies nicht möglich, stehen ausländische Ärzte im Notfall oft mit leeren Händen da.

Dies sieht auch die Fraunhofergesellschaft so und widmet sich deshalb bereits seit 2008 in einem Projekt dem sicheren Austausch medizinischer Informationen und elektronischer Verschreibungen zwischen europäischen Gesundheitssystemen. Gemeinsam mit Partnern arbeitet man an "epSOS“ – European Patients Smart Open Services.

Jörg Caumanns, Abteilungsleiter am zuständigen Fraunhofer-Institut für für Software- und Systemtechnik ISST, begründet die Notwendigkeit des Projekts: "Innerhalb Europas ist es keine Seltenheit, in einem Land zu wohnen und in einem anderen zu arbeiten. Es gehört daher zu den Schlüsselprioritäten der EU, den Bürgern gleichzeitig Mobilität und Sicherheit zu gewährleisten. Der Zugriff auf medizinische Daten ist dabei von großer Brisanz."

Das Gleiche gelte auch für die vielen Menschen, die in einem anderen europäischen Land Urlaub machen und im Krankheitsfall ohne den Rückgriff auf ihre ja im Heimatland vorhandenen Patientendaten behandelt werden müssen.

Medizinischer Datenaustausch europaweit

Gemeinsam mit 27 Projektpartnern aus insgesamt 12 EU-Staaten arbeiten die Fraunhofer-Forscher im Auftrag der Europäischen Union am Aufbau einer allgemeinen Infrastruktur für europäische eHealth-Informationen, was als Einstieg in die Lösung der geschilderten Problematik gelten kann. Doch allein die Notwendigkeit von Übersetzungen und einer gemeinsamen "Sprache“ in und zwischen den Gesundheitssystemen birgt noch einige Hürden.

Das ISST reklamiert für sich, schon jetzt an Technologien für den Austausch sensibler Daten zu arbeiten. Dabei entwickelt man laut Caumanns auch Strategien für den Datenschutz im Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung und dem Finanzwesen.

Als weitere Erfahrungsbasis verweist das ISST auf das Gesundheitssystem in Deutschland: 2006 startete hier die Arbeit an der elektronischen Fallakte (eFa) als Versuch, eine einheitliche Kooperationsbasis für den Austausch von Patienteninformationen zu schaffen. Die eFa gilt heute als ein "deutschlandweiter Standard für alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen“. Von einer allgemeinen Anwendung dürfte man allerdings noch etwas entfernt sein.