Konsolidierungsdruck nimmt zu

HP will mit EDS-Übernahme zu IBM aufschließen

13.05.2008 von Christiane Pütter
Es ist eine der größten Übernahmen in der HP-Geschichte: Laut Presseberichten ist der Kauf des IT-Dienstleisters EDS beschlossen. Dafür legt der PC-Hersteller 13,9 Milliarden US-Dollar (rund neun Milliarden Euro) hin. Analysten betrachten den Deal als eine Vernunft-Ehe, bei der sich HP große Aufgaben ins Haus holt.
IDC-Analyst Rüdiger Spies sieht Probleme wegen der unterschiedlichen Firmenkulturen.
Foto: IDC

So prallen aus Sicht von IDC-Analyst Rüdiger Spies zwei komplett verschiedene Kulturen aufeinander. "HP wird bei EDS hart durchgreifen müssen", sagt er. "Die Firmenkultur bei EDS ist bürokratisch, HP ist deutlich dynamischer." Durchaus möglich, dass Köpfe rollen.

Vom HP-Standpunkt aus liegt der wesentliche Vorteil der Übernahme im Einkaufen von Kundenbeziehungen und damit Marktmacht, so der IDC-Analyst weiter. EDS ist zum Beispiel im amerikanischen Behördenmarkt gut aufgestellt. Was dem Übernahmekandidaten allerdings fehlt, ist eine gute Position beim Business Process Outsourcing. "Die bekommt HP auf diese Weise also nicht", so Spies.

Phil Codling, Analyst bei Ovum, vermisst bei der Verbindung von HP und EDS außerdem Business-orientierte Consulting-Fähigkeiten, die IBM oder Accenture ernsthaft Konkurrenz machen könnten. "In diesem Punkt bleibt HP draußen", sagt Codling.

Auch Tobias Ortwein, Analyst bei PAC, sieht den Deal skeptisch. Es sei fraglich, ob die von HP erhofften Synergie-Effekte zustande kommen. "Als zwei Infrastruktur-nahe Anbieter sind die Kandidaten ähnlich aufgestellt", erklärt er. "Hinzu kommt, dass beide Nachholbedarf in Europa haben."

Immerhin macht HP mit der Übernahme ein "profundes Bekenntnis zum Service-Geschäft", attestiert Tobias Ortwein. Sollte die Firma auch. Ist das doch die Chance, im Wettrennen mit Konkurrent IBM, Boden gut zu machen, wie IDC-Mann Rüdiger Spies sagt.

Auf dem Service-Markt kann HP im Kampf gegen IBM nur durch Zukäufe gewinnen

Brent Bracelin, Analyst bei Pacific Crest Securities, ist davon überzeugt, dass HP in diesem Zweikampf überhaupt nur noch durch Zukäufe gewinnen kann. "Was den Service-Markt angeht, stimmt das", sagt Spies. In Bezug auf die Herstellung von PCs ist HP aber weltweit führend, nachdem IBM im vergangenen Jahr seine PC-Sparte an Lenovo verkauft hat. Spies sieht im HP-EDS-Deal denn auch Parallelen zur Übernahme von PricewaterhouseCoopers durch IBM.

Eines dürfte jedenfalls feststehen: "Für regionale Anbieter wie T-Systems oder Atos Origin hieße eine solche Übernahme, dass der ohnehin schon bestehende Konsolidierungsdruck weiter zunehmen wird", sagt PAC-Analyst Tobias Ortwein.

Im vergangenen Jahr erreichte HP Services auf dem deutschen IT-Services-Markt einen Anteil von fünf Prozent. Dabei konnte die deutsche Service-Sparte beim Wachstum nicht mithalten, das Plus von sechs Prozent lag unter dem Durchschnitt.

Trotz des Verlustes des Deutschland-Chefs Reinhard Clemens an T-Systems gehörte EDS im vergangenen Jahr zu den Gewinnern im deutschen IT-Services-Markt. Das Geschäft wuchs um rund 16 Prozent, getrieben vor allem durch die Übernahme der Arcandor-IT-Tochter Itellium. "Das hat den Dienstleister einen guten Schritt vorangebracht", meint PAC-Berater Stephan Kaiser.

EDS kam 2007 auf drei Prozent im deutschen IT-Services-Markt und konnte einen Umsatzzuwachs von 16 Prozent einstreichen. Wachstumstreiber war vor allem das Applikationsgeschäft.

Die 1962 von H. Ross Perot gegründete EDS (Electronic Data Systems) ist der zweitgrößte IT-Dienstleister weltweit. Schwerpunkt des US-Anbieters ist der Betrieb von IT-Infrastruktur. Das Unternehmen generiert den größten Teil seiner Umsätze in den USA, doch fast 20 Prozent der Mitarbeiter sind bereits im Niedriglohnland Indien beschäftigt. Für das vergangene Jahr musste der seit September 2007 amtierende EDS-Chef Ronald Rittenmeyer einen kräftig gedrosseltes Wachstum vermelden.

Durch die Übernahme kann HP den Umsatz mit Computerdienstleistungen auf einen Schlag auf mehr als 38 Milliarden Dollar nahezu verdoppeln. Gemeinsam beschäftigen die Konzerne 210.000 Mitarbeiter und sind in mehr als 80 Ländern aktiv. Die Servicesparte wird nach dem Kauf sogar größer als das angestammte HP-Kerngeschäft, die Herstellung von Computern und Druckern