Die Folgen der Milliarden-Übernahme

IBM will Sun kaufen

23.03.2009 von Andreas Schaffry
IBM erwägt den Kauf von Sun Microsystems. Der Preis soll bei 6,5 Milliarden US-Dollar liegen. Durch die IT-Ehe könnte Big Blue seine Position im Server-Markt stärken und seine Position als Cloud-Computing-Anbieter ausbauen. Die Kunden müssen keine Nachteile befürchten.
Aus Sicht von Forrester-Analyst Stefan Ried wäre die Übernahme von Sun durch IBM sinnvoll. Damit könnte Big Blue seine Position im Server-Markt sowie im Bereich Cloud-Computing stärken.

IBM will Sun Microsystems für 6,5 Milliarden US-Dollar kaufen, wie das Wallstreet Journal meldet. Es wäre nach der Übernahme des BI-Anbieters Cognos im vergangenen Jahr für rund fünf Milliarden Dollar die größte Übernahme in der Firmengeschichte.

Management-Fehler führten Sun in die Krise

Über die Meldung konnten sich zunächst die leidgeprüften Sun-Aktionäre freuen. Der Kurs der Sun-Aktie stieg kurzzeitig um fast 80 Prozent auf mehr als 8,80 US-Dollar. Allerdings ist die Aktie immer noch ein Schnäppchen. Zu Zeiten des Internet-Booms notierte das Papier bei einem Höchststand von 260 Dollar.

Nach dem Platzen der Dotcom-Blase ging es mit Sun stetig bergab. Verantwortlich für die Probleme waren unter anderem falsche Management-Entscheidungen wie das WSJ unter Berufung auf Kunden, frühere Sun-Verantwortliche und Analysten berichtet.

Potenzieller Übernahmekandidat

"Von den Rückschlägen in den letzten Jahren hat sich das Unternehmen nie richtig erholt", erklärt Dr. Stefan Ried, Analyst beim US-Marktforscher Forrester Research. Dem WSJ zufolge hat sich Sun in den vergangenen Monaten mehreren Technologie-Firmen zum Kauf angeboten, darunter dem IBM-Rivalen HP. Dieser habe jedoch das Angebot abgelehnt. Für diese Version spräche, dass Sun erst vor kurzem mit HP eine OEM-Partnerschaft für das Betriebs-System Solaris geschlossen hat, das künftig für die gesamte HP-Proliant-Produktreihe eingesetzt werden soll.

Cloud Services aus einer Hand

Durch den Zusammenschluss würde IBM seine Position im Server-Bereich weiter stärken. Nach Berechnungen des US-Marktforschers IDC betrug der Marktanteil von Sun im Server-Bereich im Jahr 2008 10,6 Prozent. IBM erreichte einen Anteil von 31,4 Prozent, HP von 29,5 Prozent und Dell von 11,6 Prozent.

"Gerade im schrumpfenden Server-Markt ist Sun als kleinerer Anbieter ein potenzieller Übernahmekandidat", so Stefan Ried. Seiner Ansicht nach wird es in Zukunft entscheidend darauf ankommen, Server mit Hilfe intelligenter Software-Lösungen effizient zu verwalten, etwa durch Virtualisierung sowie den Aufbau Cloud-basierter Infrastrukturen.

Vor allem im Bereich Cloud Computing ergänzen sich die Lösungen und Produkte beider Anbieter. "Dadurch wäre IBM künftig in der Lage aus einer Hand ein durchgängiges Cloud-Portfolio für jeden Bedarf anzubieten, vom Kleinstrechner bis zum Mainframe", erläutert Ried. Auf diese Weise könnte sich der US-Computer-Konzern gegenüber Cloud-Anbietern wie Google und Amazon hervorragend positionieren. Außerdem würde Big Blue mit den Identity- und Access-Management-Lösungen (IAM) von Sun zu einem führender Anbieter im IAM-Markt aufsteigen.

Sun hat mit Open Source kaum Geld verdient

Noch in weiteren Bereichen gibt es Übereinstimmungen zwischen beiden Unternehmen. So stellen sie Computer-Systeme her, die zu einem großen Teil unabhängig sind von Microsofts Windows-Technologien sowie Intels Mikroprozessor-Technologien.

Zudem sind Sun und IBM starke Unterstützer von Open-Source Linux und Java Software. Gerade die von Sun entwickelte offene Java-Plattform ermöglicht die Vernetzung verschiedenster Bereiche, etwa von der Arbeitsstation, Geschäfts-Software und mobilen Endgeräten. "Allerdings ist es Sun nie wirklich gelungen, mit ihrem gesamten Open-Source-Portfolio Geld zu verdienen. Unter der Regie von IBM sollte dies künftig möglich sein", sagt Stefan Ried.

Merger ist positiv für Kunden

Nach Ansicht des Forrester-Analysten hat die Übernahme von Sun durch IBM für Kunden beider Unternehmen wenig negative Auswirkungen. Beide bieten Produkte auf der Basis offener Standards an. Diese Offenheit wird sich für Kunden positiv auswirken. Selbst wenn die bisher eingesetzten Sun- oder IBM-Produkte nicht mehr weiterentwickelt werden, sind diese auch künftig kompatibel mit neuen IBM/Sun-Infrastrukturen.

Sollte der Deal zustande kommen wird es aus Sicht von Ried interessant sein, wie die unterschiedlichen Firmenkulturen zusammengebracht werden. So ist Sun beispielsweise stark auf Entwicklerebene tätig, IBM dagegen mehr auf Management-Ebene.