Digitales Rechtemanagement

Ich darf, du darfst nicht

02.09.2002 von Lars Reppesgaard
Nicht nur Online-Musik weckt zahlreiche Begehrlichkeiten; auch vertrauliche digitale Daten - Kontoauszüge, medizinische Unterlagen oder Verträge - sind für manchen Unbefugten attraktiv. Technische Lösungen für das Digital Rights Management (DRM) sollen beim sicheren Archivieren helfen und vor unberechtigten Zugriffen schützen.

Erzählen Sie Ihrem Orthopäden, was Ihr Urologe weiß, wenn es medizinisch nicht notwendig ist? Kaum. Viele Patienten fürchten deshalb die Einführung digitaler Krankenakten, obwohl die Informationsübermittlung per Chipkarte den Krankenkassen viel Geld sparen könnte.

Dabei ist es heute kein Problem mehr, die sensiblen Daten so zu speichern, dass Ärzte allein auf jene Inhalte Zugriff haben, die sie brauchen. Mit DRM-Lösungen lassen sich gezielt und abgestuft Datenzugriffsrechte erteilen, sodass niemand etwas zu Gesicht bekommt, das für andere bestimmt ist. Die digitale Krankenakte ist aber nur eine Einsatzmöglichkeit; bislang diente DRM vor allem der Bekämpfung von Musik- und Video-Raubkopien.

In DRM-Systemen wird Verschlüsselungstechnologie zusammengeführt mit Zahlungs- und Abrechnungsverfahren, digitalen Wasserzeichen und Schnittstellen zum Kundenmanagement. Die meisten Systeme arbeiten auf der Basis der Dokumentensprache XML; die Daten können deshalb auf verschiedenen Computersystemen verwendet werden. DRM-Programme umgeben Dateien mit undurchdringlichen Verschlüsselungshüllen, egal ob es sich um Tabellen, Texte, Bilder, Töne oder Videos handelt und in welchen Formaten sie gespeichert sind.

Hoher Aufwand für Hacker

Zunächst wird die Datei mit einem Verschlüsselungsalgorithmus unlesbar gemacht. "Ein Hacken der Verschlüsselung ist nur mit hohem technischen Aufwand möglich", erklärt Thomas Kleesch, DRM-Experte bei IBM Deutschland. Selbst wenn ein Schlüssel geknackt wird, ist nur eine einzelne Datei lesbar, nicht der gesamte Inhalt eines Verzeichnisses oder einer Festplatte.

DRM-Systeme beginnen sich zu bewähren. Bei Coca-Cola etwa wird verhindert, dass vertrauliche Informationen kopiert werden, indem sie nur auf internen Rechnern laufen. Auch für Versicherungen sei DRM interessant, so Kleesch. "Sie bekommen Informationen zur Verfügung gestellt, aber den Konstruktionsplan einer Alarmanlage zum Beispiel kann kein Mitarbeiter ausdrucken."

Das Prinzip: Der Urheber der Datei definiert, welcher Nutzer sie wie verwenden darf. "Die Rechte können sehr genau festgelegt werden", sagt Thomas Spitzlinger, Cap-Gemini-Berater im Bereich Telecom Media & Networks. Unter anderem lässt sich bestimmen, ob Pläne ausgedruckt und in andere Programme übertragen oder nur auf dem Bildschirm betrachtet werden können. Das DRM-System erkennt, was ein Benutzer darf und stellt lediglich die entsprechenden Funktionen zur Verfügung. "Eine Seite, die auf dem Bildschirm angezeigt wird, lässt sich dann gegebenenfalls nicht mehr als Screenshot in ein Grafikprogramm übertragen", erklärt Spitzlinger. Ein anderes Beispiel: Soll ein elektronisches Buch ausgedruckt werden, erlaubt die DRM-Software das genau einmal - und rechnet die Gebühren gleich automatisch mit ab.

Den Marktforschern von IDC zufolge wird der DRM-Weltmarkt bis 2006 eine Milliarde Dollar umfassen. Neben Lösungen für die Unterhaltungs-, Finanz- und Versicherungswirtschaft sollen sich Systeme etablieren, die verhindern, dass digitale Bilder und Filme manipuliert werden. Schon heute setzt der Nachrichtensender CNN eine solche Lösung ein, um archivierte Beiträge zu sichern. Laut Bill Mallinson, Verkaufschef beim Anbieter Mediasec Technologies, ist auch die Echtheit von Aufzeichnungen im Bereich Videoüberwachung nachweisbar: "Die sind nutzlos, wenn sie nicht vor Gericht bestehen können."

Die Gartner Group rät CIOs, sich vor allem mit DRM-Lösungen zu befassen, welche Bestandteile von Software-Paketen sind. Das ist indes nicht ganz billig: Die Content-Management-Software von IBM etwa, die auf DRM-Lösungen basiert, kostet 24000 Dollar pro Computerplatz; für jeden Mitbenutzer fallen weitere 2000 Dollar an.


Anbieter von DRM-Lösungen

Adobe Content Server- Komplettsystem, das E-Books im geschützten Adobe-PDF-Format anbietet
ContentGuard DRM-Plattform, basierend auf XrML, schützt für den Publishing Markt PDF- und Microsoft Reader-Formate
Digital World Services DRM-Lösung für Musikdateien
IBM Electronic Media Management System (EMMS) für Bild-, Ton und Text-Dateien
MediaSec Digitale Wasserzeichen sichern Bild, Ton und Video-Aufzeichnungen sowie gedruckte Dokumente gegen Manipulationen
Microsoft Produkte für Windows Media Player (für Audio- und Video-Material) und Reader (für E-Books) verwenden die von Microsoft selbst entwickelten DRM-Technologie
SealedMedia DRM Lösungen für Text, Bilder, Audio und Video