Umfragen zum E-Government

Internet-Behördengänge fallen bei Bürgern durch

29.09.2009 von Thomas Pelkmann
Nicht einmal jeder vierte Bundesbürger kommuniziert online mit den Behörden. Mehr Service vorausgesetzt, könnte sich diese Zahl aber leicht erhöhen lassen, wie aktuelle Umfragen ergeben.

Weniger als ein Viertel der Einwohner in Deutschland nutzt E-Government-Angebote. Lediglich 23 Prozent kommunizieren einer Befragung des Marktforschungsunternehmens TNS Emnid im Auftrag von Adobe Systems zufolge online mit öffentlichen Einrichtungen. Hinter dem persönlichen Erscheinen, dem Telefonanruf oder dem Brief nimmt das Internet damit nur einen undankbaren vierten Platz ein. Unbeliebter ist nur noch das Faxgerät.

Mit 30 Prozent besonders groß ist der Anteil bei den jüngeren Befragten (unter 40 Jahren) und sinkt kontinuierlich mit zunehmendem Alter. Bei den Männern (28 Prozent) sind Online-Behördengänge beliebter als bei Frauen (18 Prozent).

Noch mehr als das Alter bestimmt aber die Schulbildung die Frage, auf welchem Weg der Kontakt zu Behörden vonstatten geht: Während von den Befragten mit geringer Schulbildung gerade einmal 13 Prozent in den vergangenen zwei Jahren über das Internet Kontakt mit Behörden aufgenommen haben, ist dieser Anteil bei jenen mit hohem Bildungsabschluss mehr als dreimal so hoch (41 Prozent).

Mit Abstand am häufigsten wird das Finanzamt online kontaktiert. Hier waren es 58 Prozent der Bürger, die bereits Online-Kontakte zu Behörden hatten. Es folgen die KFZ-Zulassungsstellen (33 Prozent) und die Einwohnermeldeämter (30 Prozent).

Allerdings können sich 48 Prozent der Bevölkerung vorstellen, zukünftig ganz auf Behördengänge zu verzichten. Voraussetzung wäre eine benutzerfreundliche Gestaltung von Angeboten und Unterlagen im Internet.

Auch Bitkom registriert großen Wunsch nach elektronischen Bürgerdiensten

Den großen Wunsch nach elektronischen Bürgerdiensten hat auch der Branchenverband Bitkom in einer repräsentativen Studie der Aris-Umfrageforschung ermittelt. Annähernd drei von vier Deutschen über 14 Jahre (73 Prozent) halten Informationsangebote der Ämter und Behörden im Internet für wichtig. Allerdings hinken die meisten Ämter nach Einschätzung von Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer diesem Wunsch noch hinterher: Die meisten Webseiten seien heute noch reine Informationssammlungen. "Die Internetseiten der staatlichen Stellen verfügen bisher kaum über einen Rückkanal. Das Internet ist aber keine Einbahnstraße, sondern ein interaktives Medium, das auch so eingesetzt werden sollte."

Dass die Mehrheit der Bürger ihrerseits aktiv elektronisch mit Behörden kommunizieren will, belegt die Bitkom-Studie ebenfalls. Demnach möchten knapp 56 Prozent aller Deutschen per E-Mail mit Behörden und Ämtern in Kontakt treten. Das Angebot, mit Mitarbeitern im Live-Chat Fragen zu klären, begrüßen immerhin fast vier von zehn Bundesbürgern (39 Prozent).

Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent), bei Emnid sind es sogar zwei Drittel, wünscht sich außerdem die Möglichkeit, Anträge direkt auf den Internetseiten der öffentlichen Hand zu stellen, zum Beispiel den Bauantrag, beim Umzug oder bei der An- und Abmeldung von Fahrzeugen. Ein fast ebenso großer Teil (52 Prozent) möchte den aktuellen Bearbeitungsstand von Anträgen online abfragen können - so wie schon heute Postkunden den Versandweg ihres Pakets im Internet verfolgen können. Scheer: "In der Verwaltung steht die Digitalisierung der meisten Verwaltungsabläufe noch aus." 75 Prozent der Befragten fordern der TNS-Emnid-Umfrage zufolge übersichtlichere Formulare und Anträge, 70 Prozent erwarten eine einfachere Bedienung.

Wie hoch das Interesse an E-Government ist, zeigt die elektronische Steuererklärung (ELSTER). Die Zahl der Nutzer steigt von Jahr zu Jahr. Allein 2008 sind drei Millionen neue Bürger hinzugekommen, die ihre Steuererklärung erstmals elektronisch abgegeben haben.

Immerhin 41 Prozent würden sogar online wählen gehen, wenn es entsprechend einfach und sicher möglich wäre. Bei den 14 bis 39-Jährigen beträgt der Anteil der potenziellen Online-Wähler sogar mehr als die Hälfte.

Drei Viertel der vom Emnid befragten Bundesbürger fordern eine übersichtlichere Gestaltung von Formularen und Anträgen. Genau 72 Prozent sprechen sich für eine sicherere Datenübertragung aus, während 70 Prozent eine einfachere Bedienung wünschen. Auf persönliche Hilfe beim Online-Verkehr möchten 63 Prozent nicht verzichten, für 53 Prozent wären auch audio-visuelle Hilfsmittel - etwa kurze Erklärungs-Videos - denkbar.

Internationale Richtlinien setzen die Politik unter Druck

Doch nicht nur die Bürger erwarten, dass Behörden ihre digitalen Angebote erweitern. Auch internationale Vorgaben wie die EU-Dienstleistungsrichtlinie setzen die Politik unter Druck. "Um allen Bürgern und Unternehmen in der EU die Möglichkeit zu geben, Anträge zu stellen und Genehmigungszeiten zu verkürzen, müssen im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie bisher oftmals papierbasierte Verfahren zukünftig elektronisch abgewickelt werden", sagt Franz-Reinhard Habbel vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. "Die dafür benötigten Investitionen könnten unter anderem durch Mittel aus dem Konjunkturpaket II finanziert werden. Neben dringend notwendigen Investitionen in Straßen oder Schulgebäude bestünde durch die Verbesserung der E-Government-Angebote die Chance, die Kosten auf Behördenseite dauerhaft zu reduzieren und das Serviceangebot für Bürger zu verbessern."

Damit es künftig mehr Angebote der öffentlichen Verwaltungen für ihre Bürger gibt, muss vor allem die Frage der sicheren und eindeutigen Identifikation von Personen gelöst sein, meint Jens Fromm, vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme. "Die Einführung des elektronischen Personalausweises ab Ende des nächsten Jahres zielt daher genau auf die Lösung dieser Problematik." Zudem seien passgenaue und nutzenorientierte E-Government-Angebote der entscheidende Schritt hin zu mehr Nutzerakzeptanz.

"Aus technischer Sicht", so der Fraunhofer-Experte, "sollten die Unternehmen zudem stärker auf standardbasierte Lösungen und vor allem dokumentierte Schnittstellen setzen." In den letzten Jahren hätten Unternehmen und Verwaltungen zudem realisiert, dass es nicht ausreicht, Dienstleistungen online zu stellen. "Man muss diese auch entsprechend bewerben und den Nutzen für den einzelnen herausstellen."