Europaversionen

iPhone-Navigationssoftware im Test

03.12.2010 von Volker Riebartsch
Mit Navigon, Tomtom, Ndrive und Falk hat der Anwender die Qual der Wahl, geht es um Navi-Lösungen für das iPhone. Wir haben die Europaversionen getestet und sagen, worauf zu achten ist.

Navi-Lösungen fürs iPhone

Die Apps verwandeln das iPhone 3G und 3GS sowie auch das iPhone 4 in ein vollwertiges Navigationssystem.

Mittlerweile wird es schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen, wenn man eine Navi-Lösung für das iPhone erwerben will (übrigens gibt es auch für Android-Smartphones einige leistungsfähige Navi-Apps). Die Apps verwandeln das iPhone 3G und 3GS sowie auch das iPhone 4 in ein vollwertiges Navigationssystem. Der Benutzer benötigt bei Autofahrten kein zusätzliches Gerät, das iPhone arbeitet als Navi und kann bei der Arbeit auch Musik abspielen. Die drei genannten iPhone-Modelle verfügen über einen integrierten GPS-Empfänger, Grundvoraussetzung für die Nutzung als Navi-System. In iPhone 4 ist noch zusätzlich ein Gyroskop eingebaut.

Tomtom bietet mit "HD-Traffic", Navigon mit "Traffic Live" stets eine aktuelle Stau-Umfahrung, die Funktion hat kein anderer im Angebot.

Wer über ein iPhone der ersten Generation oder einen iPod Touch verfügt, kann die Navi-Apps nur nutzen, wenn er ein externes GPS-Modul einsetzt. Unter dem Namen Car-Kit hat Tomtom einen iPhone-/ iPod-Halter mit integriertem GPS-Modul und USB-Anschluss im Angebot. Die Version für das iPhone kostet etwa 100, die für den iPod Touch knapp 80 Euro. Das iPhone Car-Kit ist übrigens auch sinnvoll für Besitzer eines iPhone 3G/GS, deren interne GPS-Empfänger schwächeln etwas. Das Car-Kit unterstützt nicht nur die Navi-App von Tomtom, sondern auch die anderer Anbieter.

Gute Verbindung

Die Tomtom-Halterung bietet jedoch mehr: Neben dem GPS-Empfänger ist noch eine Freisprechanlage und die Verbindungsoption des iPhone mit der Navi-Software und der Hi-Fi-Anlage im Auto über Bluetooth oder Aux integriert. Die Halterungen sind zwar nicht gerade preiswert, ihr Geld aber wert und sollten bei der Anschaffung mitbedacht werden.

Empfehlung

Verbesserter GPS-Empfang, Freisprechen, Verbindung zum Car-Hi-Fi, Ladefunktion und mehr.

Die Autohalterung Car-Kit fürs iPhone (100 Euro, Tomtom) bietet einen integrierten GPS-Empfänger für verbesserten GPS-Empfang, Sprachanweisungen über den integrierten Lautsprecher, Freisprechen (Telefon) über das integrierte Mikrofon, Ladefunktion über USB/Zigarettenanzünder und einen Aux-Audioausgang sowie Bluetooth-Verbindung. Das Car-Kit für iPod Touch (80 Euro) ist fast identisch, lediglich die Freisprechfunktion ist nicht vorhanden. Die Halterung befestigt mit einer sogenannten Twist-und-Lock-Drehung iPhone beziehungsweise iPod Touch an Windschutzscheibe oder Armaturenbrett und kann ins Querformat gekippt werden. Die Tomtom-Lösungen funktionieren mit der eigenen Navi-App und den Lösungen von Navigon und Ndrive.

Hersteller: Tomtom

Wer sich für eine Navi-App von Falk interessiert, muss aufpassen: Das iPhone der ersten Generation und die iPod-Touch-Modelle werden vom Car-Kit nicht unterstützt. Die Apps von Tomtom, Navigon und Ndrive haben hier keine Probleme. Eine Bemerkung am Rande: Die drei letztgenannten Anbieter verzeichnen in ihren jeweiligen Spezifikationen auch die iPad-Unterstützung. Das sollte mehr als Marketingaussage verstanden werden. Zum einen verfügt nur das Model iPad Wi-Fi + 3G über den benötigten GPS-Empfänger, zum anderen sollte man das Sichtfeld im Auto nicht mit einem fast DIN-A4-großen Navi verdecken.

Kartenmaterial, Preise, Bedienung & Routen

Navigon, Tomtom und Falk haben jeweils eine DACH- und eine Europaversion im Angebot sowie Varianten für andere Länder und Kontinente. Ndrive bietet ebenfalls eine DACH-Version, dazu eine für West- und eine für Zentraleuropa. Daneben hat das Unternehmen Einzellösungen für viele Länder und Städte Europas und weltweit im Portfolio. Das Angebot bei Ndrive ist recht umfangreich und etwas unübersichtlich.

Karten an Bord

Bis auf Skobbler setzen alle Anbieter von Navi-Lösungen in Europa auf Kartenmaterial, das zusammen mit der Navi-Software ausgeliefert wird. Eine Datenverbindung wird unterwegs nicht benötigt, das GPS-Modul von iPhone 3G/3GS funktioniert ohne Datenverbindung, ebenso wie das im Tomtom Car-Kit. Damit ist der Benutzer besonders im Ausland sicher vor bösen Überraschungen durch Roaming-Kosten.

Wir haben bei unseren Tests und den daraus resultierenden Bewertungen die Preise herausgenommen. Die Anbieter kommen regelmäßig mit Sonderangeboten, zudem verfälscht die kostenlose Version "Navigon Select" für T-Mobile-Kunden in Deutschland das Ergebnis zumindest für die DACH-Versionen. In der Folge hat Ndrive den Preis seiner DACH-Version von rund 30 auf 2,99 Euro gesenkt.

Preise

Neben den Funktionen sollten Interessierte nach Sonderangeboten Ausschau halten.

Es vergeht kein Monat, in dem nicht einer der Anbieter Navi-Lösungen rabattiert oder kostenlos zusätzliche Funktionen anbietet. Ein Beispiel im April ist Ndrive: Die Version für Deutschland Österreich und die Schweiz (DACH) kostet knapp 3 Euro, nur 10 Prozent des ursprünglichen Preises. Bei Redaktionsschluss bot Falk beim Kauf der Europaversion 30 Städteführer gratis dazu. Die Reiseplaner kosten sonst fast 4 Euro pro Stück und sind nett in das Navi integriert. Interessierte sollten zunächst klären, welche Gebiete abgedeckt werden sollen. Ein Update, etwa einer DACH- auf die Europaversion, hat kein Hersteller im Angebot. Ist das Gebiet eingegrenzt, sind die gewünschten Funktionen zu vergleichen.

Bedienung und Routen

Navigon (im Bild), Ndrive und Falk bieten Routenplanung mit Zwischenstopps, ideal für Reiseplanungen. Die App zeigt schon beim Start die Strecke zum ersten Stopp und die Gesamtstrecke.

Wer schon einmal ein Navi von Navigon, Tomtom oder Falk besessen hat, wird sich in den Apps schnell zurechtfinden. Die Umsetzung für das iPhone-Display ist bei allen gut gelungen, die Apps lassen sich im Hoch- oder Querformat betreiben und erlauben sogar im Betrieb den Wechsel. Einzig die Einstellungen bei Ndrive könnten etwas größer und leichter bedienbar sein. Während die Kartendarstellung unterwegs prima ist, kann man die Optionen für die Einstellungen mit normal großen Fingern kaum bedienen.

Alle Kandidaten bieten bei der Zieleingabe diverse Optionen. Wie von "echten" Navis bekannt, lassen sich Land, Ort, Straße und Hausnummer bequem eingeben, die Apps reagieren auf die Eingabe direkt, zeigen also zu den bereits getippten Buchstaben passende Ziele. Daneben werden "Favoriten" unterstützt, die Apps listen hier Sehenswürdigkeiten, Tankstellen, Krankenhäuser und so weiter, sowohl im Umkreis als auch auf der Route.

Interessant wird es erst, wenn man eine Reise vorab planen will. Zwar lässt sich bei allen eine Route von A nach B anlegen und für die spätere Nutzung speichern, aber nur Navigon, Ndrive und Falk bieten eine einfach bedienbare Routenplanungsfunktion mit mehreren Zwischenstopps. Für alle Benutzer, die Reisen und Touren häufig vorab planen wollen, haben Navigon, Ndrive und Falk die perfekte Lösung im Angebot.

Sprachsteuerung und Anzeige

Tomtom, Navigon und Falk bieten an Autobahnkreuzen eine fotorealistische Darstellung (unten). Ebenfalls hilfreich ist der Fahrspurassistent (oben). Die Kombination hilft besonders bei komplexer Verkehrsführung in fremden Umgebungen.

Zwar bieten alle Apps Sprachsteuerung, der Benutzer muss also auf der Fahrt nicht dauernd auf das Display starren. Nur Tomtom und Navigon bieten mit "Text-to-Speech" dabei auch die Ansage der Straßennamen. Besonders in fremden Gegenden ist das oft hilfreich, vergleicht man Ansage und Straßenschild miteinander.

Alle vier Lösungen bieten die Darstellung der Karte im 2D- oder 3D-Modus (Birdview, Vogelperspektive). Navigon-Nutzer können per In-App-buy noch "3D Panorama View" für knapp 10 Euro hinzubuchen. Dann werden Himmel, Berge, Seen und so weiter auf der Route sehr realistisch angezeigt.

Ebenfalls alle Probanden bieten einen Tages- und Nachtmodus mit automatischer Umschaltung, bei Letzterem ist die Darstellung für Nachtfahrten so eingestellt, dass die Augen des Fahrers nicht geblendet werden.

Besonders an Autobahnkreuzen und -ausfahrten besteht trotz Navi die Gefahr, falsch abzubiegen oder die falsche Spur zu wählen. Navigon, Tomtom und Falk bieten ihren Benutzern an solch neuralgischen Punkten nicht nur eine spezielle grafische Darstellung von Autobahnausfahrten und -kreuzungen, sie blenden außerdem per Fahrspurassistent die Spur ein, in die sich der Benutzer einordnen sollte.

Routenoptimierung und Stau-Umfahrung

Der Navigon Fahrspur-Assistent.

Nur Navigon und Tomtom bieten eine Routenoptimierung an, die auch von den echten Navis der beiden Hersteller bekannt ist. Bei Navigon heißt die Lösung "My Routes", bei Tomtom "IQ Routes". In beiden Fällen fließen bei der Planung die persönlichen Vorlieben der Benutzer beim Abfahren einer Strecke ebenso ein wie Planung nach Uhrzeit.

Bei beiden genannten Lösungen fließen allerdings keine aktuellen Verkehrbehinderungen wie Unfälle, Staus, Baustellen und so weiter ein. Dazu wäre ein Feature echter Navis nötig, die sogenannte Stauumfahrung, kurz TMC. Navigationsgeräte mit TMC-Unterstützung haben einen UKW-Empfänger integriert, verschiedene Radiostationen senden stetig Staumeldungen im Textformat, die in die Routenberechnung einfließen und so vermeiden, dass der Navi-Besitzer im Stau steht.

Auch hier sind es nur Navigon und Tomtom, die eine passende Lösung anbieten, auf die ein Nutzer, der beruflich viel unterwegs ist, nicht verzichten will. Beide sind per In-App-buy zu erwerben, die Navigon-Lösung heißt "Traffic Live", die von Tomtom "HD Traffic".

Aktuelle Verkehrsdaten werden über die Mobilfunk-Datenverbindung ans iPhone beziehungsweise die App gesendet und zur Berechnung einer Route oder der Optimierung der aktuellen Fahrstrecke eingesetzt. Der Benutzer hat bei beiden Lösungen die Option, eine Umgehungsroute zu wählen, die automatisch von der App angeboten und dann genutzt wird. Zudem wird mitgeteilt, mit welcher zeitlichen Verzögerung zu rechnen ist. Bei unseren Tests haben sowohl Navigons Lösung als auch die von Tomtom zuverlässig Staus gemeldet und Routen zur Umgehung angeboten. Navigon verlangt einen einmaligen Betrag von 20 Euro, bei Tomtom ist die Stauumfahrung zu abonnieren. Die Tomtom-Lösung ist erheblich teurer, wenn man das ganze Jahr Stauumfahrung nutzen will. Dafür kann man sie aber alternativ für einen geringen Betrag für ein paar Tage einsetzen.

Eines ist bei beiden Lösungen zu beachten, sonst wird es teuer. Neben Verkehrsdaten innerhalb Deutschlands unterstützen die beiden Lösungen die Funktion auch in verschiedenen anderen Ländern. Darauf sollte man aber bei Auslandsreisen verzichten, hier würden enorme Kosten für Datenroaming entstehen.

Insgesamt ist die Kombination aus Routenoptimierung und Stauumfahrung bei den beiden Anbietern klasse gelöst. Die Funktionen sind Standard auf echten Navis, wer eine iPhone-Navi-Lösung verwendet und viel unterwegs ist, kommt um Navigon oder Tomtom nicht herum. Die beiden anderen Hersteller arbeiten nach eigenem Bekunden an vergleichbaren Lösungen.

Fußgänger, Fahrradtouren und Städtereisen

Neben Routenprofilen für Auto und Motorrad bieten alle vier Testkandidaten auch solche für Fußgänger und Fahrradfahrer. Letztere müssen bei der Nutzung der iPhone-Navi-Apps also nicht befürchten, auf ihrem Weg zuerst auf einer Stadtautobahn und dann im Verkehrsfunk zu landen.

Wer gern Städtereisen unternimmt und dann zu Fuß unterwegs ist, für den ist ein Navi natürlich sinnvoll. Da die Karten komplett auf dem iPhone sind, kann man auch im Ausland ohne Datendownload auskommen. Wer hingegen Google Maps für eine solche Erkundung nutzt, muss mit happigen Roamingkosten in fernen Ländern rechnen. Für Freunde von Städtebesuchen bietet die Europaversion von Falk aktuell ein besonderes Bonbon. Im Lieferumfang sind 30 Falk Guides, Städtereiseführer mit ausführlichen Informationen zu verschiedenen Städten. Die Guides kosten normalerweise einzeln im App Store knapp 4 Euro, der Benutzer bekommt 30 der größten Städte umsonst, sie sind direkt in die Navi-App integriert.

Ndrive bietet eine große Zahl von optionalen Stadt-Navi-Lösungen, bei denen die Navigation über 3D-Fotos aus der Vogelperspektive sehr schön gelöst ist. Wer in einem exotischen Land eine Reise mit dem Auto plant, findet auch dafür bei Ndrive haufenweise gutes Material.

iPod und Telefon

Inzwischen ist bei allen Lösungen die Integration von Musik und Telefon gelungen. Aus der Navi-App lässt sich Musik auswählen, sie wird bei Fahranweisungen aus- und dann wieder eingeblendet. Selbiges gilt für eingehende Telefonate, die Navigation wird nach Beendigung des Telefonats automatisch weitergeführt.

Nützliche Hilfen

Je nach Navi bieten die Lösungen noch zahlreiche Hilfen. So erlauben alle Systeme, Höchstgeschwindigkeiten für Stadt-, Überland- und Autobahnfahrten festzulegen. Bei Überschreitung wird der Fahrer akustisch und optisch gewarnt. Bei Navigon, Tomtom und Ndrive ist zusätzlich ein Radarwarner integriert.

Auch bei längeren Tunnelfahrten machen die Lösungen keine Probleme. Zwar empfangen sie hier kein GPS-Signal, sie errechnen den Standpunkt aber anhand der letzten Geschwindigkeit vor dem Tunnel und fahren nach Verlassen fort.

Fazit und Empfehlung

Ob der verschiedenen Ausstattungsmerkmale der Lösungen und besonders wegen der ständig wechselnden Sonderangebote ist ein klarer Testsieger nicht auszumachen. Für Anwender, die viel unterwegs sind, kommt ob der Routenoptimierung und Stauumfahrung nur Tomtom oder Navigon infrage. Sie sind auch die teuersten Angebote. Gelegentliche Nutzer und Städtereisende werden mit Ndrive und Falk gut auskommen, sie sind preiswerter. Unsere Toplösung ist ob der besten Ausstattung Navigon Europe - zusammen mit der Car-Kit-Halterung von Tomtom.

Quelle: Digital.World