IT-Ausgaben im Gesundheitswesen

iPhone und iPad im Krankenhaus

25.02.2010 von Hartmut  Wiehr
Die Analysten der Enterprise Strategy Group (ESG) haben ermittelt, dass bei Healthcare-IT dieses Jahr mehr für Investitionen in neues Equipment und Software ausgegeben wird als in jeder anderen Branche. Ob die Kauflust bis zu neuesten Gadgets reicht, ist umstritten.
Mark Bowker, Analyst bei der Enterprise Strategy Group (ESG), bescheinigt der Healthcare-IT-Branche ein beschleunigtes Wachstum.

Healthcare wird immer wichtiger für IT-Hersteller. Arztpraxen und Krankenhäuser unterliegen ökonomischen Zwängen wie neuen Abrechnungsmodellen, Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand und der Krankenkassen sowie einem zunehmenden Druck, medizinische Dokumente langfristig und regelkonform aufzubewahren.

Diese Entwicklung scheint das Gesundheitswesen zu einem El Dorado für Hersteller von medizinischen Geräten und für IT in der Diagnostik und im Verwaltungsbereich zu machen. Umso härter wird die Konkurrenz zwischen den unterschiedlichen Anbietern, die alle etwas von dem verfügbaren Kuchen abhaben wollen.

Denn im Unterschied zu anderen Branchen der Volkswirtschaft verspricht das Gesundheitswesen noch immer eine kontinuierliche Geschäftsbasis, da es sich trotz aller Modernisierungen wie Fallpauschale oder verschärfte Abrechnungspraxis noch immer um einen Dienstleistungsbereich für die Gesellschaft handelt, der selbst in Krisenzeiten nicht einfach dichtgemacht werden kann.

Medizinische Versorgung gehört in fast allen industrialisierten Ländern noch immer zu einem der Grundrechte. Zudem zahlen alle Bürger per Gesetzeskraft – mit wenigen Ausnahmen wie in den USA – in die Gesundheitssysteme oder Krankenkassen ein, um für den Krankheitsfall vorzusorgen.

PACS und KIS statt Spielereien

Die aktuelle Aufmerksamkeit bei Healthcare-IT als unterstützender Funktion des Gesundheitswesens richtet sich häufig auf modische Geräte wie Smartphones oder Apples neuen Touchcomputer iPad. Besonders das iPhone mit seinen Applikationen wird immer beliebter: Laut ESG wird bei Ärzten und Krankenschwestern darüber diskutiert, wie man sich diese Werkzeuge bei Patientenbesuchen im Krankenhaus zunutze machen kann.

iPhone oder iPad bei der täglichen Visite könnten in der Tat ihre Arbeit erleichtern, da Daten direkt aufgenommen und auf elektronischem Weg übertragen werden könnten, ohne sie mit großem Aufwand erst auf Papier und später in den Computer eingeben zu müssen.

Doch abgesehen von dem hohen Preis gerade der Apple-Geräte und dem erforderlichen Aufwand, sie sicher zu machen und in die IT-Infrastruktur zu integrieren, gehen die wirklichen Investitionen nach wie vor in andere Bereiche: Wie Mark Bowker, Analyst bei ESG, erläutert, sind das vor allem Bild- und Datenaufzeichnungssysteme (PACS oder KIS), Abrechungs-Software, Business Intelligence (BI) sowie Tools und Upgrades, um unterschiedliche Standorte besser unter einen Hut zu bringen.

Die ESG hat weltweit insgesamt 515 Unternehmen befragt, die über ein IT-Budget von mehr als 50 Millionen Dollar pro Jahr verfügen. 52 Prozent von ihnen werden 2010 mehr Geld für IT ausgeben als 2009. Im Healthcare-Sektor sind es sogar 67 Prozent, die ihr Budget in diesem Jahr anheben werden. Und über die Hälfte von ihnen will sogar mehr IT-Personal einstellen, mehr als jeder anderer Industriezweig, der von ESG untersucht wurde. Allerdings wird hier nur ein Nachholbedarf gestillt, denn die meisten Krankenhäuser haben bekanntermaßen eindeutig zu wenig IT-Personal an Bord.

Laut ESG nimmt in der Anschaffungsliste von Krankenhäusern Abrechnungs-Software den obersten Platz ein. Der Grund liegt auf der Hand: Je schneller noch während des Patientenaufenthalts alle Leistungen erfasst und verrechnet werden können, desto schneller kann das Krankenhaus das Geld von den Leistungsträgern einfordern.

Nicht nur technische Bedenken gegen iPhone und iPad

Virtual Desktops mit ihrer vereinfachten Verwaltung stehen ebenfalls auf der Einkaufsliste von Gesundheitsunternehmen weit oben, hat ESG ermittelt.

Was den Einsatz von iPhones und iPads angeht, gibt es nicht nur technische Bedenken. Wie Leo Carpio von der Investment- und Research-Gesellschaft Caris & Co. meint, tobt auch in der Ärzteschaft der mehr weltanschaulich ausgerichtete Kampf zwischen den Anhängern von iPhones und Blackberries.

iPhones lägen zwar etwas vorne, weil man sie nicht umständlich über die Tastatur bedienen müsse, doch das letzte Wort werden auch hier – wie in vielen andern Unternehmen – die IT-Abteilungen sprechen. Und die haben so ihre Bedenken – und wissen, wo der Schuh am meisten drückt.