IT-Kennzahlen

ISO 20000 machte Druck bei IT-Reorganisation

01.12.2010 von Rolf Roewekamp
Drei von vier Unternehmen nutzen Prozess-Frameworks im IT-Service- Management. Dabei setzt eine große Mehrheit der IT-Verantwortlichen inzwischen auf ITIL, aber auch CobiT und ISO 20000 gehören zu den häufig anzutreffenden Frameworks.
Michael Zaddach, CIO, Flughafen München GmbH "Wie schnell kann ich jemanden von der IT kontaktieren, wie schnell kann ein Auftrag übermittelt und abgearbeitet werden? Das zählt."
Foto: Flughafen München GmbH

Beispiel Flughafen München: Seit vier Jahren ist die Betreiber-GmbH ISO-20000-zertifiziert. "Für mich war das Thema ISO-Zertifizierung eine Triebfeder für die Reorganisation des IT-Bereichs", so Michael Zaddach, Leiter des Servicebereichs IT bei der Flughafen München GmbH. Die IT beim Flughafen war in der Vergangenheit stark systemorientiert aufgestellt - die unterschiedlichen Systeme wurden aber über die Jahre immer gleicher. "Durch die Einführung eines IT-Service-Managements wurde Prozessorientierung, also ein querschnittlicher Blick auf die unterschiedlichen Systeme, in die Köpfe gerückt. Und damit wir ein bisschen Druck hinter diese Reorganisation bekommen, haben wir uns die ISO-20000-Zertifizierung als Ziel gesetzt."

In den vergangenen Monaten hat sich Zaddach dabei vor allem mit den Prozessen Availability und Capacity-Management beschäftigt. "In den Kernprozessen Incident, Problem und Change waren wir auch schon vor der Zertifizierung relativ gut aufgestellt", so Zaddach. "Aber die Messung der Verfügbarkeit und Kapazitätsüberwachung inklusive zugehörigem, regelmäßigem Reporting stand jetzt längere Zeit im Fokus." Verkehrskritische Systeme an Flughäfen haben eine weit über 99 Prozent gehende Verfügbarkeit. Neben Servicekonzepten spielen daher auch Redundanzkonzepte eine entscheidende Rolle, um kurze Wiederherstellzeiten einzuhalten: "Zehn Minuten schaffen Sie nicht über ein Servicekonzept - wie soll das gehen?", sagt Zaddach, der wöchentlich zwischen zwei Rechenzentren umschalten lässt, in denen alle verkehrskritischen Systeme redundant untergebracht sind. "Der Vorteil davon ist, dass niemand davor Angst hat umzuschalten. Hier ist das Switchen ein Routinevorgang."

Der Flughafen München zählt mit seiner ISO-Zertifizierung zu den 76 Prozent aller Unternehmen, die laut International IT Benchmark Association (IITBA) Prozess-Frameworks einsetzen. Die Benchmarker mahnen dabei, dass zwischen den formalen Kriterien eines Frameworks und dessen Praktikabilität im Unternehmen gut abgewogen werden muss. Mit der ISO-20000-Zertifizierung war für den Flughafen München daher auch ein wichtiger Lernprozess verbunden. War man zu Beginn noch sehr akademisch aufgestellt, um die Prozesse schön zu beschreiben, hat man inzwischen in den Prozessdokumentationen vieles vereinfacht.

Nomenklatur richtig bewerten

Professor Helmut Krcmar von der Technischen Universität München ergänzt, dass bei einer servicebasierten Umstellung der IT-Abteilung bereits vorhandene Strukturen berücksichtigt werden sollten. "Nur weil bestimmte Abläufe nicht in der Nomenklatur bekannter Rahmenwerke benannt sind, muss das nicht bedeuten, dass die Prozesse nicht vorhanden sind." Das bestätigt Professor Gerold Riempp vom Institute of Research on Information Systems der EBS Business School: "Die Herausforderung liegt darin, die Überschneidungen zu erkennen. Nur so lassen sich tatsächliche Lücken und Entwicklungspotenziale identifizieren. Benchmarking kann hier einen Orientierungspunkt und wichtige Gestaltungsinformationen geben."

Abschließend bleibt festzustellen, dass IT-Service-Management ein wichtiges Entwicklungsfeld ist, "aber auch sicher eines der Themen, die von den Kunden in den Zusammenhängen am wenigsten wahrgenommen werden", bringt es Zaddach auf den Punkt. "Ob wir jetzt ISO-20000-zertifiziert sind oder nicht - für die Kunden sind letztlich die direkten Auswirkungen wichtig: Wie schnell kann ich jemanden von der IT kontaktieren, wie schnell kann ein Auftrag übermittelt und abgearbeitet werden? Das zählt."

IITBA | Jetzt auf Erhebungsrunde 2011 Einfluss nehmen

Die International IT Benchmark Association (IITBA) ist auf die wissenschaftliche Durchführung von IT-orientierten Vergleichsstudien zum Nutzen der teilnehmenden Organisationen spezialisiert. Initiatoren sind Professor Helmut Krcmar (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, TU München) und Professor Gerold Riempp (Institute of Research on Information Systems, EBS Business School). Die Vorbereitungen für die Erhebungsrunde 2011 laufen derzeit. Anmeldungen werden ab sofort entgegen genommen. Neben einer jährlichen Konferenz zur Vorstellung und Diskussion der anonymisierten Ergebnisse bietet die IITBA auf Wunsch auch individuelle Analysen bzw. eine ergänzende Beratung an. Die Teilnahmegebühr richtet sich danach, welche Dienstleistungen in Anspruch genommen werden: wer ausschließlich seinen Status Quo mit anderen vergleichen will, muss mit 4000 Euro für einen Durchlauf rechnen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.iitba.org.