Analysten-Kolumne

IT auf Höchstleistung trimmen

11.08.2004 von Daniel Milleg
Für viele IT-Verantwortliche stehen die Zeichen auf Sturm: Trotz wachsender Ausgaben - die IT-Kosten pro Mitarbeiter sind weltweit von 2001 bis 2003 um 7,4 Prozent gestiegen - erfüllt IT nur selten die Erwartungen des Top-Managements.

Das ist besonders bedenklich in einer Zeit, in der die Unternehmensgewinne innerhalb von zwei Jahren um durchschnittlich 60 Prozent geschrumpft sind. Einer aktuellen Umfrage in 300 internationalen Unternehmen zufolge sind fast 60 Prozent der Vorstände mit der IT-Leistung unzufrieden. 72 Prozent aller IT-Projekte verlaufen aus Sicht der Befragten erfolglos.

So wird der Ruf nach höherer Effektivität und Effizienz immer lauter. Gefragt sind niedrige IT-Kosten – bei gleichem oder besserem Service!

Theorie vs. Praxis

Die Lehrbücher bieten internationalen Konzernen drei Hebel an: Strukturen und Prozesse der IT-Organisation optimieren, IT-Kosten aktiv managen sowie Systeme und Applikationen konsolidieren und Komplexität reduzieren. Als Lohn für die Mühe winken Kostensenkungen bis zu 25 Prozent bei effizienteren Geschäftsprozessen.

Doch wie lassen sich IT-Kosten in der Praxis nachhaltig senken? Welcher Voraussetzungen bedarf es für langfristigen Erfolg?

Wer den Wertbeitrag der IT zum Kerngeschäft nachhaltig steigern will, benötigt ein schlüssiges Gesamtkonzept, vor allem aber pragmatische Lösungen, die konsequent umgesetzt werden. Drei Beispiele aus dem Management-Alltag zeigen, wie sich die Leistungsreserven der IT mobilisieren lassen.

Wie hoch ist das IT-Budget wirklich?

"Beim ersten internen Benchmarking der IT-Kosten konnten wir mit einem Anteil von 1,4 Prozent am Nettoumsatz den ersten Platz belegen", verkündete der Leiter des für Asien zuständigen IT-Service-Centers in einem Konzern der Fertigungsindustrie. Die Realität sah anders aus: Was die Fachabteilungen verbuchten, etwa Hardware-Kosten und projektbezogene Ausgaben, wurde bei den IT-Kosten nicht berücksichtigt. Die effizienteste IT-Organisation lag am Ende des Rankings.

Grundsätzlich gilt es bei IT-Kosten "versteckte" Budgets von bis zu 30 Prozent einzukalkulieren – Budgets für IT-Projekte, die nicht unmittelbar vom IT-Bereich unterstützt werden.

Liefern IT-Investitionen einen echten Wertbeitrag?

Bei einem internationalen Konzern der Zulieferindustrie entfielen über 40 Prozent der IT-Investitionen auf Projekte mit mittlerem bis niedrigem Gewinnbeitrag. Investitionen in IT-gestützte Logistik senken Distributionskosten und beeinflussen direkt das operative Betriebsergebnis. Andere Investitionen, etwa in Websites oder Managementinformationssysteme, lassen diesen Effekt häufig vermissen.

Nur wenn Projekte nach einer klaren Wirtschaftlichkeitsbetrachtung genehmigt werden, ist ein nachhaltiger Beitrag der IT zum Unternehmenswert sichergestellt. Mehr als ein Drittel aller Projektanträge scheitert an dieser Hürde. "Grünes Licht" sollten ausschließlich wertschaffende Projekte erhalten, die Effizienz steigern, zusätzlichen Kundennutzen schaffen oder die Kundenbindung erhöhen - abgesehen natürlich von Projekten, die aufgrund von Rahmenbedingungen (etwa Gesetzgebung) zwingend erforderlich sind.

Wird das IT-Budget effizient und effektiv gesteuert?

IT-Investitionen kompromisslos über Rentabilitätsrechnungen zu steuern, ist ein hehres Ziel. Doch kann man den CIO für steigende IT-Kosten verantwortlich machen, wenn das übrige Management strategische Gründe anführt, um IT-Projekte durchzusetzen? Oder sie gar aus versteckten Budgets finanziert?

Bei der Budgetierung und Genehmigung von IT-Projekten muss das gesamte Management an einem Tisch sitzen. Gemeinsam lassen sich IT-Lösungen realisieren, die das Kerngeschäft tatsächlich voranbringen - bei vernünftigem Verhältnis von Aufwand und Nutzen.

Ein global agierender Finanzdienstleister tätigte über 80 Prozent der IT-Ausgaben dezentral. Mehr als 65 Manager verantworteten das Budget. Ressourcen wurden mehrfach vorgehalten, erarbeitetes Wissen selten firmenweit ausgetauscht. Eine Folge: acht Parallelentwicklungen zu eCRM!

Hier genügt es nicht, Strukturen und Prozesse zu optimieren. Die IT muss auf Konzernebene koordiniert werden – vom gesamten Management. Dazu gehören klar definierte Verantwortungsbereiche. Nachhaltiger Erfolg stellt sich nur ein, wenn der in Planung und Budgetierung eingeschlagene Weg auch bei der Umsetzung konsequent verfolgt wird.

Es ist Zeit zu handeln. IT-Harmonisierungsprogramme sind zwar en vogue. Doch laufen teure Bemühungen, die Komplexität der IT zu reduzieren, solange ins Leere, wie die Strukturen für effiziente und effektive IT-Steuerung fehlen. Die Praxis lehrt einige Grundregeln: Das gesamte Top-Management in die Planung und Genehmigung von IT-Projekten einbinden; Verantwortung für die Steuerung der IT-Organisation klar definieren; IT-Kosten auch im Anwenderbereich transparent machen, in der Kostenrechnung erfassen und aktiv steuern.

Diese Grundregeln besitzen keinen Projektcharakter. Es gilt, sie als integralen Bestandteil des täglichen Managements zu begreifen und in permanenten, institutionalisierten Prozessen zu implementieren. Nur dann wird der Wertbeitrag der IT zum Kerngeschäft steigen.

Dirk Reiter ist Partner und Mitglied des Management Committee bei Roland Berger Strategy Consultants. Daniel Milleg ist Senior Consultant im Competence Center InfoCom bei Roland Berger Strategy Consultants.

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