Preisdruck steigt weiter

IT-Dienstleister bauen Near- und Offshoring massiv aus

21.12.2005 von Christiane Pütter
Immer mehr IT-Dienstleistungen werden von Offshoring-Anbietern erbracht. Allein die größten IT-Service-Unternehmen lassen bereits 40 Prozent ihrer Aufträge in den Niedriglohnländern abarbeiten. Das geht aus einer Studie des Marktforschers Forrester hervor.

Zwei Entwicklungen prägen den von Beratern übersättigten Markt für IT-Serviceunternehmen in Europa und Nordamerika: Zum Einen wollen ihre Klienten nicht unbedingt Offshoring unterstützen, fordern aber solche Preise. Zum anderen wächst die Konkurrenz vor Ort: Immer mehr indische Unternehmen richten in den Industrieländern lokale Service- und Support-Center ein.

Kontinentaleuropäische IT-Dienstleister stehen der Studie zufolge durch Offshoring bisher weniger stark unter Druck als ihre britischen und amerikanischen Kollegen. Dennoch holen ihre Kunden immer öfter Offshore-Angebote ein – laut Forrester oft eine Taktik, um die Preise nach unten zu treiben.

Global Player wie IBM oder Accenture reagieren darauf, indem sie intern eigene Offshore- oder Nearshore-Ressourcen aufbauen oder sich entsprechende Anbieter als Partner suchen. Der Trend geht dahin, zwischen 30 und 40 Prozent der Projektarbeit in Billig-Regionen zu verlagern.

Gleichzeitig arbeiten indische Firmen daran, die Scheu europäischer Kunden vor Offshoring zu überwinden. Wie Forrester meldet, versuchen die Inder, sich den kulturellen Gegebenheiten und den lokalen Märkten in den Industrienationen anzupassen. Regionale Büros sollen Brückenköpfe zwischen Offshore-Lokation und Kunde bilden. Beispiel: TCS und Wipro haben Kundenzentren in München eingerichtet, um Kontakte zur als konservativ bekannten deutschen Klientel aufzubauen.

Weniger Mitarbeiter müssen mehr leisten

Damit dürften sie – laut Forrester – auf dem richtigen Weg sein. Zwar beobachten die Marktforscher noch erhebliche Mentalitätsunterschiede: So erklärten US-amerikanische Studienteilnehmer, ihren Klienten gehe es beim Offshoring nicht um das "ob“, sondern um das "wo“. Dagegen legen Franzosen wert auf Dienstleister, die ihre Sprache sprechen und den lokalen Markt kennen. Die Analysten prognostizieren jedoch, dass sich Vorbehalte gegen Offshoring zunehmend auflösen – in allen Ländern.

Die aktuellen Entwicklungen wirken sich auch auf die Mitarbeiter der IT-Dienstleister aus: Um eine durchschnittliche Auslastung von 60 bis 75 Prozent zu halten, haben die Unternehmen ihr Personal in Europa und den USA wie in Asien in den vergangenen 18 Monaten stark reduziert. In Europa liegt der Anteil der Arbeitszeit, den Partner oder erfahrene Berater dem Kunden berechnen, mittlerweile zwischen 50 und 60 Prozent. Gleichzeitig wird von Juniorberatern, deren Tagessätze rund ein Viertel unter denen erfahrener Experten liegen, eine Auslastung von bis zu 80 Prozent erwartet.

Für die Studie hat der Marktforscher Forrester 361 Firmen in Europa, Nordamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum befragt. Die Untersuchung ist der zweite Teil einer Serie mit dem Titel "IT Services Business Models“.