Freelancer-Markt

IT-Freiberufler – diese Fakten sollten Sie kennen

23.04.2020 von Hans Königes
Der IT-Freiberufler ist im Schnitt 45, arbeitet 14 Jahre selbstständig und verdient 75 Euro die Stunde. Mehr Marktanalyse von freelance.de lesen Sie hier.

Die Mitarbeiter der Münchner Online-Plattform für Selbständige Freelance.de haben die Profile ihrer über 151.000 freiberuflichen Kandidaten genauer analysiert. Das Ergebnis ist ein recht transparentes Bild - vor allem unter demografischen Aspekten. Die Bandbreite der in der Freelance.de-Datenbank erfassten Freiberufler reicht von Ingenieuren über Dolmetscher und Kommunikationstrainer bis hin zu Management-Beratern. Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf den IT-Experten, die rund 60 Prozent ausmachen.

Die erste gute Nachricht - vor allem für die Auftraggeber - gleich vorneweg: Der durchschnittliche Freiberufler ist mit 45 Jahren im besten leistungsfähigen Alter. Mit anderen Worten: Er verfügt bereits über genug Berufserfahrung und ist noch lange nicht alt genug, um sich mit Ruhestandsgedanken zu befassen. Ferner dürfte eine weitere Zahl die Auftraggeber erfreuen, denn mit 14 Jahren durchschnittlicher Berufserfahrung haben die Selbständigen schon einiges gesehen und erlebt. Die Mehrheit der Freelancer, so die Studie, bringt es auf neun Jahre Berufserfahrung.

IT-Freiberufler werden jünger

Sehr aufschlussreich ist eine weitere Erkenntnis der Auswertung. Freelance.de hat das Alter derjenigen, die schon seit Jahren in der Datenbank angemeldet sind, mit denjenigen verglichen, die sich 2019 neu registriert haben. Bei den Neuanmeldungen beträgt der Altersdurchschnitt 41 Jahre, sprich der IT-Markt ermutigt auch zunehmend jüngere Menschen, den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Frauen sind, um das Bild abzurunden, laut freelance.de-Statistik im Durchschnitt zwei Jahre jünger.

Freelancer-Markt 2020: Jobs und IT-Projekte für Freiberufler
Gefragte Jobs und IT-Projekte für Freiberufler
Der Fachkräftemangel spielt freiberuflich tätigen IT-Spezialisten weiter in die Karten. Die Plattform freelancermap hat über eine Million Suchanfragen ausgewertet und die für 2020 die wichtigsten Jobs und IT-Trends für Selbstständige ermittelt.
Fachkräftemangel
Um eine Position in Festanstellung neu zu besetzen, benötigt ein Unternehmen laut Bitkom im Schnitt sechs Monate Zeit. Selbständige IT-Spezialisten lassen sich deutlich schneller rekrutieren - meist schon innerhalb eines Monats.
Künstliche Intelligenz
Nach Machine Learning schreiben Selbständige der künstlichen Intelligenz (KI) großes Innovationspotenzial zu.
Cloud-Services
Spezialisten für Cloud-Services werden deutlich stärker nachgefragt. Hier wuchs die Nachfrage 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 65 Prozent.
Sicherheit
Nach dem Blockchain-Hype rückt nun das Thema IT-Sicherheit besonders stark in den Fokus der Selbständigen.
Python
Nach dem großen Python-Boom 2018 gewinnt die Programmiersprache weiter an Bedeutung, auch wenn die freelancermap-Suchanfragen mit einem Wachstum um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr (119 Prozent) etwas rückläufig sind.
Javascript
Unter freiberuflich tätigen IT-Spezialisten gilt Javascript derzeit als Top-Skill. Die Programmiersprache erfreut sich großer Popularität und wird beinahe doppelt so häufig gesucht wie noch 2018. Mit einer Steigerung um 95 Prozent verdoppelte sich das Anfragenvolumen 2019 damit fast.
Java
Experten standen 2018 dem neuen Lizenzmodell und Release-Zyklus von Oracle kritisch gegenüber, aber Java-Kenntnis zählt weiterhin zu den wichtigsten Kompetenzen für Selbständige. Die Programmiersprache erlebte dieses Jahr einen regelrechten Boom. Die Nachfrage wuchs um 115 Prozent - Tendenz steigend.
Agiles Projektmanagement
Agiles Projektmanagement in Form von Scrum wird die Tech-Branche im kommenden Jahr dominieren.
Product Owner
Product Owner beanspruchen den ersten Platz unter den Top Jobs. Sie sind für die Entstehung und Umsetzung eines Produkts durch Entwicklerteams sowie für die Optimierung und den wirtschaftlichen Erfolg zuständig.
Scrum Master
Auch Scrum Master sind besonders häufig gesucht. Sie verantworten die Einhaltung der Scrum-Regeln sowie die Optimierung des agilen Projektmanagements im Unternehmen.
Data Scientist
Data Scientists sind stark gefragt, weil sie maßgeblich die Geschäftsmodelle der Zukunft beeinflussen. Sie führen die in einem Unternehmen vorhandenen Datenquellen zusammen und konzipieren darauf aufbauend Strategien und Ideen für die zukünftige Führung der Firma.

Ferner wollten die Analysten des Münchner Freelancer-Marktplatzes wissen, in welchem Verhältnis die freiberufliche Projekterfahrung zur Berufserfahrung in Festanstellung steht. Hier sagt die Statistik, dass fast die Hälfte der Selbständigen fünf bis acht Jahre Projekterfahrung mitbringt, und immerhin ein Viertel seit über 15 Jahren als Freelancer arbeitet. Das heißt, viele sind mit dem Berufsleben in Festanstellung vertraut. Im Durchschnitt wurde die Hälfte des Berufslebens als "Lohnabhängiger" und die andere als Freelancer zugebracht.

Die zweite gute Nachricht für Auftraggeber - vor allem, die global tätig sind - bezieht sich auf die Reisetätigkeit der Freelancer. Immerhin 41 Prozent davon sagen, dass sie weltweit einsetzbar sind, 20 Prozent "nur" europaweit und rund 20 Prozent im deutschsprachigen Raum. Allerdings gibt auch fast ein Fünftel an, den Wohnort nicht verlassen zu wollen. 88 Prozent beherrschen die englische Sprache, sind also auf jeden Fall für das internationale Geschäft gut geeignet.

IT Freelancer - Studienabschluss willkommen

Das Thema Ausbildung lässt sich unter zwei Aspekten interpretieren: Einerseits gibt fast die Hälfte der Freelancer an, ein Studium absolviert zu haben. Weitere 32 Prozent machen keine Angaben, es ist aber davon auszugehen, dass sich auch darunter einige Hochschulabsolventen befinden. Eine gute Ausbildung hilft jedenfalls, sich in der Selbständigkeit zu bewähren.

Stefan Oberdörfer: Freiberufler, die sich neu bei Freelance.de registrieren, fordern mehr als die "Alteingesessenen". Wer sich beispielsweise im vergangenen Jahr anmeldete, gab im Durchschnitt einen Stundensatz von 91 Euro an.
Foto: Oberdörfer - freelance.de

Richtig ist aber auch, dass 18 Prozent "nur" eine Ausbildung vorweisen. Das heißt, dass die Ausbildung ein gutes Sprungbrett in die Selbständigkeit vor allem für Praktiker ist, für "Bastler", für Mädchen und Jungen, die schon in ihrer Schulzeit gerne programmiert, aber weniger Lust auf den Schulstoff hatten - davon soll es einige geben. Nicht wenige Personaler halten viel von dieser Klientel, vor allem in mittelständischen Softwarehäusern. Sie sind oft auch diejenigen, die zunächst wenig Chancen haben, in einem großen Unternehmen unterzukommen, den zumindest in ihren Stellenanzeigen machen über 80 Prozent dieser Arbeitgeber ein Studium zur Bedingung, um als IT-Experte beschäftigt zu werden.

Nicht überraschen dürfte, dass die meisten Freiberufler ihren Wohnort in den beiden bevölkerungsreichsten Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen angeben - jeweils um die 20 Prozent. Es folgen Baden-Württemberg mit 13 Prozent und Hessen mit 11 Prozent. In Berlin, der Startup-Hochburg, sind es immerhin neun Prozent. Mau sieht es hingegen in den östlichen Bundesländern aus. Hier liegt der Anteil jeweils nur bei einem Prozent. Gleiches gilt im Westen für den Stadtstaat Bremen.

Wie der Gendergap wirkt

Interessant ist auch die Frage nach den Stundensätzen. Männer verlangen im Durchschnitt einen Stundensatz von 77 Euro, Frauen von 64 Euro. Auch hier bestätigt sich also das allseits - auch unter Festangestellten vieldiskutierte Gendergap - das hier 17 Prozent ausmacht. Freelance.de liefert mit der Studie noch eine Zusatzauswertung nur für Entwickler: In diesem Beruf fällt der Vergütungsunterschied zwischen männlichen und weiblichen Programmierern etwas geringer aus. Die Männer werden mit 75 Euro, die Frauen mit 68 Euro pro Stunde bezahlt.

Bleibt die Frage für den Auftraggeber, welche Altersgruppe wo am meisten verdient? Auch dazu liefert die Statistik einige Antworten. Am teuersten sind die 46- bis 55-jährigen IT-Spezialisten, die im Schnitt einen Stundensatz von 82 Euro fordern. Das Stundenhonorar der 30-Jährigen liegt der Studie zufolge bei rund 65 Euro, während die Altersgruppe der 36- bis 45-Jährigen 75 Euro für die Arbeitsstunde berechnet.

Entwicklergehälter
Die Gehaltsauswertung
Für die COMPUTERWOCHE hat die Hamburger Vergütungsberatung COP Compensation Partner GmbH Gehaltsdaten von Softwareentwicklern ausgewertet. Dafür wurden insgesamt rund 6000 Daten herangezogen. 4275 davon befassten sich mit Backend- und 1682 mit Frontend-Entwicklern.
Das verdienen IT-Entwickler
Alle Gehälter haben stark angezogen, vor allem bei Berufseinsteigern In Deutschland verdienen Backend- durchschnittlich 61.200 € und Frontend-Entwickler um die 46.700 €.
Das verdienen Entwickler ohne Berufserfahrung
Ein Backend-Entwickler verdient ohne Berufserfahrung bereits rund 52.300 €. Als Frontend-Entwickler erreicht er ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von 40.400 €.
Bis zu 80.000 € mit 20 Jahren Berufserfahrung
Nach 20 Jahren Berufserfahrung dürfte der Backend-Entwickler knapp 80.000 € und ein Frontend-ITler circa 59.300 € verdienen.
In kleinen Firmen bis zu 57.000 €
In einer Firma mit bis zu 50 Mitarbeitern verdienen Backend-Entwickler um die 57.000 und im Frontend-Bereich circa 42.000 Euro.
Das verdient ein Entwickler in einer Firma ab 1.000 Mitarbeitern
Übersteigt die Firma eine Mitarbeiterzahl von 1.000 so erhalten Entwickler im Backend-Bereich ein durchschnittliches Gehalt von 68.000 € - im Frontend-Bereich wiederum knapp 54.000 € im Jahr.
Mit kleiner Personalverantwortung ab 90.000 €
Hat ein Backend-Entwickler eine kleine Personalverantwortung von einem bis drei Mitarbeitern steigt sein Gehalt auf 105.000 und bei einem Frontend-Entwickler auf 94.000 Euro.
Mit bis zu 30 Mitarbeitern 100.000 € im Jahr
Für Backend-Entwickler mit einer Personalverantwortung von 16 bis 30 Mitarbeitern gibt es laut Studie um die 115.300 und für Frontend-Entwickler 102.300 Euro pro Jahr.
Im Maschinenbau 60.000 € im Jahr verdienen
Auch die Branche hat einen Einfluss auf das Gehalt. Ein Backend-Entwickler erreicht im Maschinenbau ein durchschnittliches Gehalt von 63.700 € im Jahr.
In der Chemie bis zu 49.000 €
Ein Frontend-Entwickler in der Chemie erhält ein durchschnittliches Gehalt von 49.000 €.
München ist Spitzenreiter
In München sind die Gehälter für Backend-Entwickler mit 74.000 € durchschnittlich um rund 10.000 € höher als in anderen bayerischen Regionen. Frontend-Entwickler erreichen hier ein Durchschnittsgehalt von 56.500 € – das sind immer noch 7.000 € mehr, als in Restbayern.
Mit Personalverantwortung in München bis zu 130.000 € verdienen
Mit Personalverantwortung kann das Gehalt für Backend-Entwickler in der bayerischen Landeshauptstadt auf bis zu 132.000 € steigen. Ein Frontend-Entwickler verdient hier um die 117.000 €.
In Berlin um die 58.000 €
In Berlin liegt das Durchschnittsgehalt für Backend-Entwickler bei circa 58.000 €. Für Frontend-Entwickler gibt es rund 44.000 € im Jahr.
65.200 € für Backend-Entwickler in Hamburg
Hamburg bietet ein durchschnittliches Gehalt von 65.2000 € für IT-Backend-Entwickler. Im Frontendbereich sind wesentlich weniger: 49.000 € im Jahr.
In Mecklenburg-Vorpommern um die 46.700 € verdienen
In Mecklenburg-Vorpommern verdient ein Backend-Entwickler um die 46.700 € – im Frontendbereich sind es wieder weniger: 35.400 € pro Jahr.

Honorar-Spitzenreiter unter den Städten ist Frankfurt am Main. Hier verlangen die IT-Selbständigen 84 Euro, was sicherlich nach wie vor mit den guten Stundensätzen zusammenhängt, die von den Finanzdienstleister gezahlt werden. Es folgen München und Hamburg mit rund 79 Euro, in Berlin sind es acht Euro weniger. Freelance.de-CSO Stefan Oberdörfer macht indes auf noch eine Beobachtung aufmerksam: Die neuregistrierten Freiberufler fordern mehr als die "Alteingesessenen". Wer sich beispielsweise im vergangenen Jahr anmeldete, gab im Durchschnitt einen Stundensatz von 91 Euro an.

Für die Liebhaber von Statistiken sei schließlich noch auf ein paar weitere Zahlen hingewiesen - und zwar wie sich die Honorare in den letzten zehn Jahren exemplarisch für drei Berufsgruppen entwickelt haben. So verdiente der SAP-Berater vor zehn Jahren 76 Euro, vor fünf Jahren 88 Euro, und heute ist er bei 95 Euro pro Stunden angekommen. Erwartungsgemäß liegt der Entwickler darunter, vor zehn und auch vor fünf Jahren rechnete er 57 Euro pro Stunde ab. Wie sehr er jetzt begehrt ist, zeigt der Zuwachs auf 74 Euro. Spitzenreiter ist - auch keine Überraschung - der Projektleiter, der vor zehn Jahren 70 Euro fakturierte, fünf Jahre später 84, und heute darf er im Schnitt 98 Euro pro Stunde nach Hause nehmen.