Innovations-Management

IT-Garage für Ideen

08.06.2007 von Bill Golden
Wenn CEOs nach Innovationen suchen, rufen Sie immer öfter den CIO an. Die Mitglieder des CIO Executive Councils diskutieren Wege, wie dem Anspruch zu genügen sei. Unter anderem im Gespräch: die "IT-Garage".
"Stellen Sie sicher, dass IT-Mitarbeiter Partner und keine Befehlsempfänger sind," sagt Mike Boltz, CIO bei Aviva.

Der Trend, die Verantwortung für Innovationen bei der IT abzuladen, ist das erste Mal in der internationalen Umfrage "State of the CIO" aufgefallen. Für 2007 sagen die Befragten voraus, dass ihr größter Beitrag für das Business lautet: "Innovationen ermöglichen". Im Jahr 2006 stand dieser Punkt noch auf Platz drei in der Hitliste der größten Wertbeiträge. Trotzdem: Nur zehn Prozent der CIOs sagen, dass "Business-Innovationen durch IT ermöglichen" einen dominanten Teil ihrer Rolle ausmachen. Den Widerspruch haben die Mitglieder des CIO Executive Councils zum Anlass genommen, über die Innovationsnuss zu debattieren.

Anfang des Jahres haben sie sich erstmals getroffen, um nach Wegen zu suchen, wie Innovation zu institutionalisieren sei. Viele der IT-Manager berichten, dass die von der IT geleiteten Innovationen erst dann regelmäßig auftauchen, wenn eine mehrgleisige Strategie zum Tragen kommt. Zu dieser Strategie gehören:

Bildet Teams und lasst sie spielen

Um eine innovationsfreudige Kultur zu kreieren und dauerhaft zu etablieren, braucht es wenigstens in einer Untergruppe der IT-Belegschaft das Bewusstsein, dass sie hauptverantwortlich für das Treiben von Innovationen zuständig ist. Ein weiteres Kennzeichen für Innovationsfreude ist ein Ort, an dem experimentiert werden kann - eine ausgewiesene Spielecke.

Mike Boltz, CIO der amerikanischen Versicherung Aviva, hat seine Spielecke "IT-Garage" getauft. Sie besteht aus einem Team von 25 Mitarbeitern, die aus allen Ebenen der IT stammen - vom Entwickler bis zum Vice President. Außerdem gehört noch ein Vertreter aus dem Business dazu. Boltz' IT-Garage klopft Innovationen auf deren Tauglichkeit ab, die außerhalb des Unternehmens diskutiert werden. Das können zum Beispiel Open-Source-Produkte sein, aber auch Technologien aus dem Spiele-Bereich. Die IT-Garage checkt auch sie auf Verwertbarkeit.

Team-Mitglieder investieren fünf Prozent ihrer Arbeitszeit für das Projekt, wobei die Teilnahme freiwillig ist. Sie treffen sich etwa zwei Stunden monatlich in der Garage, und verbringen den Rest der Zeit in Untergruppen, die an bestimmten Ideen arbeiten - je nachdem, wie viel Aufmerksamkeit diese gerade erfordern. Boltz nutzt Microsofts SharePoint Portal, um die Kollaberation und den Wissensaustausch zu unterstützen. Er redet ungern darüber, woran die Garage gerade konkret arbeitet. Aber er sagt, dass er gerade finanzielle Unterstützung für drei Projekte aus der Garage bekommen hat, die jetzt in die Erprobungsphase gehen.

CIO-Council: 450 Mitglieder weltweit.

Mitch Davis, CIO am Bowdoin College in Maine, hat zur Ideenfindung einen "Innovations-Incubator" eingerichtet. Der Brutkasten soll Forschung und Lehre enger zusammenrücken lassen und dabei auch für die eigene IT-Abteilung neue Ideen abwerfen. Davis beschreibt den Inkubator als "Raum, in dem soziale Interaktion arbeitsorientiert stattfindet". Er ist an die Bibliothek des College angebunden, so dass Studenten, Fakultätsangehörige und IT-Mitarbeiter immer mal wieder vorbeischauen. "Sie müssen einen Raum bieten, wo Menschen nicht das Gefühl bekommen, dass sie stören", betont Davis.

Der Ideen-Inkubator liegt deshalb in der Mitte des Gebäudes, umringt von Büros. Er enthält eine IT-Infrastruktur, die von PCs und Macs bis zu Whiteboards und Video-Schnittplätzen reicht. Gleichzeitig gibt es aber auch gemütliche Sofas und einen ausklappbaren Besprechungstisch. Der Inkubator ist das ganze Jahr über geöffnet und jeder kann die Einrichtungen frei nutzen. "Es gibt nur eine Regel", sagt Davis: "Niemand darf über Kosten reden."

Der CIO ermuntert seine Ideengeber immer wieder dazu, im Inkubator aufzukreuzen: "Wir überlegen uns bei jedem Einzelnen, wie das College von seiner oder ihrer Idee profitieren könnte", erklärt Davis. Ein Projekt, das gerade im Inkubator ausgebrütet wurde, ist eine webbasierte Flash-Oberfläche zum Angucken alter mongolischer Schriftrollen. Die Website hat sich zu einer der meistbesuchten des College entwickelt.

IT ist mehr als nur Befehlsempfänger

"Sie müssen einen Raum bieten, wo Menschen nicht das Gefühl bekommen, dass sie stören," sagt Mitch Davis, CIO vom Bowdoin College Maine zum Ideen-Inkubator.

Im Council wird trefflich darüber gestritten, ob sich das Modell "IT-as-a-Service" überhaupt mit Innovation verträgt. Einige Mitglieder haben das Gefühl, dass sie ihren Mitarbeitern das alte "Reiz-Reaktions-Modell" abtrainieren sollten. Wenn ITler immer nur reagieren, wenn aus den Fachbereichen der Anruf kommt, dass dieses oder jenes nicht funktioniert, dann sei an Innovation eben nicht zu denken. Also erziehen die ersten CIOs ihre Leute dazu, die Fachbereiche als Partner und nicht als Kunden zu sehen.

Prozesse: Neue Ideen implementieren.

Hugh Scott, Vice President für IS beim Energieversorger Direct Energy, ermutigt seinen Stab zu dieser Einstellung. Er hat ihnen die Vollmacht gegeben, wenn nötig "Nein" zu sagen. "Wenn sie etwas im Geschäftsprozess sehen, das schief läuft, oder wenn Business-Partner nicht zu Meetings erscheinen, dann können sie so ein Verhalten eskalieren", warnt Scott. "Ich sage den Mitarbeitern immer wieder: Macht nichts, nur weil ihr gesagt bekommt, dass ihr es machen sollt." Versicherungs-CIO Boltz stimmt zu. "Stellen Sie sicher, dass IT-Mitarbeiter als harte Geschäftspartner aufgestellt sind und nicht als Befehlsempfänger."

Bill Golden ist Manager beim CIO Executive Council in San Francisco.