Studie eHealth Monitoring 2007

IT-Hilfe polarisiert Mediziner

26.03.2007 von Stefan Holler
In deutschen Krankenhäusern gibt es einen Investitionsschub im IT-Bereich. Doch sehen niedergelassene Ärzte in eHealth-Lösungen eher einen lästigen Zeit- und Kostenfaktor. Dieses Fazit zieht die Studie „Monitoring eHealth Deutschland 2007“.

Der Kostendruck auf Krankenhäuser wächst – seien es steigende Personalbudgets für Klinikärzte oder der geplante Sanierungsbeitrag von 500 Millionen Euro durch die Gesundheitsreform. Kosteneinsparungen alleine reichen nicht: Um logistische Prozesse zu optimieren oder die Behandlungs- und Versorgungsqualität zu verbessern, sind IT-Lösungen zunehmend gefordert.

Das zeigen die aktuellen Zahlen der vom Berliner Marktforscher Wegweiser GmbH erstellten Untersuchung zum Thema eHealth: Derzeit liegt das IT-Budget in Deutschlands Kliniken bei durchschnittlich zwei Prozent des gesamten Jahresbudgets. So geht die Mehrheit der befragten Krankenhäuser für ihre geplanten eHealth-Projekte in 2007 von höheren Investitionen aus. Sie liegen im Durchschnitt je Einrichtung zwischen 300 000 Euro und 550 000 Euro für die drei wichtigsten Projekte. Ganz oben auf der Liste steht die Neubeschaffung eines Krankenhausinformationssystems (KIS) beziehungsweise die Migration auf ein solches. Weitere umfangreiche Projekte sind die Einführung von Radiologie-Informationssystemen (RIS) und digitalen Bildarchivierungssystemen (PACS), gefolgt von Projekten zur Einführung oder Anbindung elektronischer Patientenakten.

Gesundheitsexperten sehen für Kliniken in der Vernetzung über Klinikgrenzen hinaus, also in der Integrierten Versorgung, eine wichtige strategische Option. Die meisten Krankenhäuser wollen vor allem auf Patientendaten schnell zugreifen können. Als weitere dringliche Maßnahmen sehen es die Befragten an, Akten zu lokalisieren, Dokumente zu digitalisieren und Prozesskosten darzustellen. Prozesse zu optimieren und beschleunigen sind nach Ansicht der Kliniken kosteneffizientere Optionen als Personalabbau: „Die Krankenhäuser wollen dem wachsenden Wettbewerbsund Kostendruck offensichtlich mit höherer Qualität und Kundenzufriedenheit entgegentreten“, schlussfolgern die Autoren der Studie.

Im Vergleich zu den Krankenhäusern zeigt sich die deutsche Ärzteschaft bei den Potenzialen der IT für Prozessverbesserungen gespalten. Mehr als die Hälfte der Klinikärzte erkennt bedeutende Optimierungsspielräume, während ihre niedergelassenen Kollegen die Chancen von IT-Technologien skeptisch sehen. Häufig bestehen noch vielfältige Ängste, beispielsweise vor Datenverlust oder einer Verletzung des Arztgeheimnisses. Der Nutzen für eHealth wird umso mehr registriert, als es eine Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen und Servicebereichen gibt – wie das bei den Klinikärzten der Fall ist. Von den niedergelassenen Ärzten engagiert sich nur eine Minderheit in Kooperationen, wie etwa in medizinischen Versorgungszentren, Verträgen zur integrierten Versorgung oder in Praxisnetzen.

Übereinstimmung bei den Ärzten gibt es dagegen im Hinblick auf den Nutzen der elektronischen Patientenakte und des elektronischen Arztbriefes. Für Philipp Stachwitz von der Bundesärztekammer hängt der realisierbare Nutzen jedoch entscheidend von der Bereitschaft der Patienten ab, den Ärzten den Zugriff auf ihre Daten zu ermöglichen.

Koordinierung dringend nötig

„Besondere Bedeutung kommt daher dem technischen und organisatorischen Schutz dieser Daten zu. Darüber hinaus wird ein Nutzen für alle Ärztinnen und Ärzte nur dann entstehen, wenn verständliche und leicht vermittelbare Konzepte und Lösungen für die Nutzung einrichtungsübergreifender elektronischer Patientenakten existieren“, betont der Dezernent für Telematik. Aus Sicht der ärztlichen Anwender erscheine es daher dringend geboten, sowohl eine technische als auch eine konzeptionell-inhaltliche Koordinierung der in diesem Markt bereits tätigen Industrie- und Forschungsprojekte zu erreichen.

Eine Verbesserung der Servicequalität mithilfe von eHealth-Lösungen versprechen sich auch die Krankenkassen. Allerdings sehen die Kostenträger bei ihren Planungen im eHealth-Bereich rechtliche Rahmenbedingungen als bedeutende Hürden an. Weiterer Hemmschuh sind unzureichende finanzielle Mittel. Dass sich aber ein konsequenter Einsatz durch eHealth durchaus rechnen kann, das beweist die Schwenninger BKK.

Die Kasse im schwäbischen Villingen-Schwenningen arbeitet mit dem Software- und Beratungsunternehmen IDS Scheer zusammen. Mit Hilfe des sogenannten Process Performance Managers können alle internen und externen Abläufe optimiert werden. Für die ITExperten heißt das: Prozessrelevante IT-Daten wie beispielsweise die Auftragsnummer aus unterschiedlichen Quellsystemen, wie etwa dem Kunden-Management, bilden die Grundlage, um innerbetriebliche Geschäftsprozesse zu visualisieren.

Kassenziel: Verwaltungskosten senken

Schnittstellen zwischen den verschiedenen EDV-Systemen, Unternehmensabteilungen oder auch Mitarbeitern können durch die grafische Darstellung erkannt werden. Systembrüche und unnötige Schleifen bei der Bearbeitung von Dokumenten werden dadurch verringert oder vollständig beseitigt. „Wir haben unsere Arbeitsprozesse so optimiert, dass wir möglichst wenig Reibungsverluste haben und auch Tätigkeiten, die sich überschneiden, nur einmal gemacht werden“, erläutert Peter Erber, Vorstand der Schwenninger BKK.

Zumindest die Einsparpotenziale scheinen den Baden-Württembergern Recht zu geben. So zählt die Schwenninger BKK mit einem Verwaltungskostenanteil von weniger als drei Prozent zu den am effizientesten arbeitenden Krankenkassen. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 5,6 Prozent.