APIs, Start-Ups, Digitalisierung

IT im Cannabis-Business

05.10.2016 von Katherine Noyes
APIs, virtuelle Roboter, Cloud-Plattformen: "High"-Tech lässt die legale Marihuana-Industrie in den USA erblühen. Wir werfen einen Blick auf eine streng regulierte Branche im digitalen Wandel.

Die Cannabis-Industrie in den Vereinigten Staaten wird langsam erwachsen. Der beste und aktuellste Beweis dafür: die Kooperation von Microsoft mit dem Marihuana-Start-Up Kind. Natürlich spielt der Windows-Gigant dabei eine eher hintergründige Rolle: In erster Linie stellen die Redmonder ihre Azure Cloud-Services für einen Compliance-fokussierten Software-Push zur Verfügung. Dennoch ist dieser Schritt bedeutend und bemerkenswert zugleich, wie Kyle Sherman, Mitbegründer und CEO beim Software-Hersteller Flowhub, herausstellt: "Dass der Name Microsoft künftig öffentlich im gleichen Satz wie das Wort ‚Cannabis‘ genannt werden darf, legitimiert unsere Branche."

Was früher auch ganz gut als Cover für ein Gangster-Rap-Album getaugt hätte, bildet heute die Business-Realität in Teilen der USA ab.
Foto: La Conte's

Cannabis-Business: Strenge Regularien, hohes Potenzial

Gründer, die ein legales Cannabis-Business aufziehen wollen, kämpfen seit jeher gegen Vorurteile und Ausgrenzung. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass Marihuana in den USA - trotz der Legalisierung in einigen Bundesstaaten - offiziell weiterhin als illegale Droge mit höchstem Gefährdungspotenzial eingestuft wird. Bislang haben 25 Staaten der USA per Gesetz den Gebrauch von Cannabis zu medizinischen oder "rekreativen" Zwecken zugelassen. Für einige Marihuana-Entrepreneure ist das allerdings ein schwacher Trost: In vielen Fällen wird ihnen nämlich die Eröffnung eines Bankkontos verwehrt.

Das Problem: Banken und Kredit-Institutionen ist es per Bundesgesetz verboten, Geld aus dem Handel mit Cannabis anzunehmen. Nach offiziellen Stellungnahmen des US-Justiz- und Finanzministeriums, die besagen, dass Unternehmen, die ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, keine Repressalien zu befürchten haben, haben einige Finanzinstitute inzwischen umgedacht - die großen Player der US-Finanzbranche lassen jedoch weiterhin die Finger von der Cannabis-Industrie.

Dabei gibt es am Profit-Potenzial der Marihuana-Branche keine Zweifel. Im Gegenteil: Der legale Verkauf von Cannabis-Produkten spülte im Jahr 2015 satte 5,4 Milliarden Dollar in die Kassen - mit Tendenz nach oben, wie eine aktuelle Studie von Arcview Market Research und New Frontier zeigt. Im Jahr 2020 soll das legale Geschäft mit dem High Schätzungen zufolge 21,8 Milliarden Dollar umsetzen.

Start-Ups: Technologie meets Marihuana

Dieses Ziel zu erreichen, haben sich etliche "Weed-Start-Ups" auf die Fahnen geschrieben. Und wie das bei Start-Ups so üblich ist, haben die juvenilen Unternehmen jede Menge Technologie im Gepäck. Das war bisher ganz anders: Bei der Produktion und dem Verkauf von Marihuana spielte Technologie bislang - vor allem aufgrund rechtlicher Bedenken - kaum eine Rolle.

"Kaum ist aber das falsche Wort", wirft Mike Bologna ein und unterstreicht: "Der Einsatz von Technologie wurde bisher eher aktiv vermieden." Bologna ist Gründer und CEO bei Green Lion Partners, einem Unternehmen, das sich auf die Business-Strategien von Firmen in der Cannabis-Branche spezialisiert hat. Seiner Einschätzung nach könnte das Technologie-Wachstum innerhalb der Branche möglicherweise schon bald das der Branche selbst übertreffen.

Dabei geht es nicht nur um landwirtschaftliche Technologien und physische Sicherheits-Maßnahmen beim Anbau der Droge, sondern auch um Tools für Ausgabe und Verkauf, die einen komfortablen, transparenten und regelkonformen Handel mit Cannabis sicherstellen sollen.

Fünf Tipps für erfolgshungrige IT-Startups
Tipp 1: Probleme lösen, anstatt Software zu verkaufen
Einzellösungen werden oft nicht den komplexen Anforderungen im Unternehmensalltag der Kunden gerecht. Softwareanbieter müssen zunächst also verstehen, welche Probleme den Kunden wirklich umtreiben. Im nächsten Schritt können sie dann aus ihrem Portfolio für den Kunden ein Paket schnüren.
Tipp 2: Survival of the fittest: Anpassungsfähigkeit ist gefragt
IT-Unternehmen müssen mit der Zeit gehen. Dazu gehört, in regelmäßigen Abständen die eigene strategische Ausrichtung und Marktpositionierung zu hinterfragen – und gegebenenfalls zu korrigieren.
Tipp 3: Reden ist Silber, Zuhören ist Gold
Häufig wissen potentielle Neukunden nicht, wo bei Ihnen eigentlich genau der Schuh drückt. Dann ist es Aufgabe der IT-Startups, bestehende Geschäftsprozesse ihrer Kunden zu durchleuchten. Im nächsten Schritt können sie dann aufzeigen, wie sich Abläufe schneller, besser, billiger und effizienter gestalten lassen.
Tipp 4: Einer für alle, alle für einen: Das richtige Team zusammenstellen
Der Erfolg eines wachsenden Jungunternehmens hängt von wenigen Faktoren so sehr ab, wie von der Rekrutierung der passenden Mitarbeiter. Dabei steht ehrgeizigen Gründern häufig ihr Ego im Weg: Oft hemmt sie die Angst davor, „die Kontrolle im Unternehmen zu verlieren“, sehr gute Mitarbeiter einzustellen.
Tipp 5: Fake it, until you make it – Image ist alles
Wie man sich präsentiert, so wird man wahrgenommen. Ambitionierte Firmenneugründungen sollten sich nach außen also von Anfang so präsentieren, als wären sie bereits einer der Marktführer.

Flowhub: SaaS für Cannabis-Unternehmen

Flowhub bietet Marihuana-Bauern und Händlern eine "Seed-to-Sale"-Tracking-Plattform an - mit speziellem Fokus auf Compliance. Das in Denver, Colorado beheimatete Software-Start-Up hat außerdem mobile RFID-Scanner für die Cannabis-Pflanzen, ein Point-of-Sale (PoS)-Kassensystem für die Ausgabestellen sowie eine per iOS-App oder Web zugängliche Software-as-a-service (SaaS)-Plattform.

Derzeit hat das Marihuana-Start-Up Kunden in den Bundesstaaten Colorado, Alaska und Oregon. Das Ziel von Flowhub ist es, jede Marihuana-Pflanze, jedes Produkt und jeden Mitarbeiter, der mit der Produktion und dem Verkauf in Zusammenhang steht, nachverfolgbar zu machen, um die Erfüllung der strengen, rechtlichen Vorgaben gewährleisten zu können.

Über die iOS-App von Flowhub können Kunden Händler auf die SaaS-Plattform zugreifen.
Foto: Flowhub

Deshalb sendet das PoS-System von Flowhub alle nötigen Daten über APIs direkt an die verantwortlichen staatlichen Stellen. Ein Prozess, der zuvor arbeitsintensiv und zeitraubend manuell durchgeführt werden musste. Seine Schnittstellen hat das Unternehmen auch anderen Cannabis-Gründern zur Verfügung gestellt und sie so dazu befähigt, Applikationen zu schreiben, die die Flowhub-Datensätze nutzen - etwa für Belohnungs- oder Loyalitätsprogramme.

"Unser Ziel als Unternehmen ist eine verantwortungsvolle Legalisierung von Cannabis durch Technologie. Zunächst in Nordamerika und irgendwann einmal auf der ganzen Welt", so Flowhub-CEO Sherman. "Die staatlichen Regulatoren müssen endlich einsehen, dass es die bessere Lösung ist, Cannabis durch Rückverfolgbarkeit vom Schwarzmarkt fern zu halten. Wir wollen der Welt zeigen, dass das auf verantwortungsvolle Art und Weise geht."

Flowhub-CEO Kyle Sherman (l.) und CFO Chase Wiseman
Foto: Flowhub

La Conte’s: Flowhub im Praxis-Einsatz

Die in Denver, Colorado ansässige Marihuana-Ausgabestelle La Conte’s Clone Bar and Dispensary hat durch den Einsatz der Flowhub-Lösung bereits unzählige Arbeitsstunden eingespart, wie Zach Howell, Supply-Chain-Manager des Ladengeschäfts erzählt: "Bevor wir Flowhub genutzt haben, mussten wir jeden Abend die Daten manuell bei den Behörden hochladen. Das bedeutete jede Menge Screenshots von jeder Menge Tabellenkalkulationen und einen Copy-Paste-Marathon." Heute können die Verkaufs-Datensätze eines Tages automatisch in die Behörden-Datenbank geladen werden - in nur einem Schritt. Zudem dient das Flowhub System der Cannabis-Abgabestelle auch als Echtzeit-Inventar.

La Conte's Clone Bar and Dispensary: ein Blick ins Ladeninnere.
Foto: La Conte's

Jeder Kunde, der den Laden betritt, muss seinen Ausweis scannen lassen und so sowohl Geburtsdatum als auch Wohnort bestätigen. Dieser Scanvorgang loggt die Kunden zugleich im System des Ladens ein. So wird sichergestellt, dass jeder Kunde auch nur das kauft, was er kaufen darf. In Colorado etwa ist es Einwohnern anderer US-Bundesstaaten verboten, mehr als eine Unze (ca. 28 Gramm) Marihuana zu kaufen.

Die Kontrolle von Vorgaben wie dieser fiel bislang in das Aufgabengebiet der Mitarbeiter: Sie mussten bis dahin möglichst schnell herausfinden, welche Gesamtmenge sich aus einer Vielzahl von Cannabis-Produkten wie Gebäck oder Süßigkeiten ergibt. Diese Aufgabe übernimmt nun Flowhub - völlig automatisch. Zach Howell zeigt sich begeistert: "Wenn ein Ausweis aus einem anderen Staat gescannt wird, wird die Transaktion bei Überschreitung der Grenzmenge automatisch gestoppt. Im Grunde haben die die Regularien in ein Stück Software gepresst, das die Kunden dazu bringt, nach den Regeln zu spielen."

Zach Howell ist Supply-Chain-Manager bei La Conte's und hat einige Jahre Erfahrung in der Cannabis-Branche.
Foto: La Conte's

Howell selbst kann, wie er preisgibt, übrigens auch jederzeit über das Flowhub-System eingreifen, wenn es Probleme geben sollte: "Wenn ich gerade im Flugzeug sitze und ein Manager anruft, weil er Produkt-Nachschub aus dem Lager braucht, kann ich es über das System in sein ‚Inventory‘ verschieben, so dass er darauf zugreifen und es in den Verkauf nehmen kann."

Zum Video: IT im Cannabis-Business

"Ein Haufen Leute ohne Geschäftssinn, die wussten, wie man Gras anbaut"

Technologie durchdringt also dieselben Prozesse und setzt dieselben Ressourcen frei wie in anderen Handels-Sparten, wo das schon lange zum Standard gehört, geht dabei aber auf die besonderen regulatorischen Bedürfnisse der Marihuana-Industrie ein. Und weil die Branche wächst und reift, wird sich dieser Trend fortsetzen und weiter verstärken.

"Als ich in dieser Branche angefangen habe", erzählt LaConte’s-Manager Howell, "war das einfach ein Haufen Leute ohne Geschäftssinn, die wussten, wie man Gras anbaut. Heute fangen die großen Player damit an, Berater anzuheuern und HR-Abteilungen aufzubauen. Die Unternehmen, die in diesem Umfeld überleben, wissen, dass sie einen CEO, ein Geschäftsmodell und einen Plan brauchen. Und wir brauchen Technologien, um unsere Prozesse zu verschlanken und Richtlinienkonformität gewährleisten zu können."

Das sind wichtige Schritte, denn wenn es nach Green Lion Partners-CEO Bologna geht, werden Cannabis-Produkte irgendwann zu völlig normalen Bedarfsartikeln. Sollte das tatsächlich geschehen, dürften auch in der Marihuana-Branche dieselben effizienzsteigernden Best Practices und Tools zur Anwendung kommen, wie in der restlichen Enterprise-Welt: "Viele Leute stecken uns in eine Schublade, aber wir sind bereits dabei, mit allen grundlegenden Tools zu arbeiten", so Bologna.

Business Intelligence: Die Trend-Top-Ten 2016
10. Neue Technologien
Es gibt eine Reihe neuer Technologien im Ökosystem der Business Intelligence. Mit ihrer Markteinführung werden auch Lücken sichtbar, die es noch zu füllen gilt. Neu gegründete Unternehmen werden genau das tun. Hadoop-Beschleuniger, NoSQL-Datenintegration, Integration von Daten des Internet der Dinge, verbesserte Social-Media - alles Ansatzpunkte für neue Start-Ups. In 2016 werden wir den Aufstieg dieser „Lückenfüller“ und damit einhergehend eine Konsolidierung des Marktes beobachten können. Unternehmen werden sich zunehmend vom Ansatz der Einzellösung verabschieden und auf einen offenes und flexibles Arsenal setzen, das neue Technologien beinhaltet.
9. Daten aus dem Internet der Dinge
Das Internet der Dinge (IoT) schickt sich an, 2016 den Mainstream zu erobern. Es scheint so, als hätte bald alles einen Sensor, der nach Hause telefoniert. Man muss sich nur die Masse an Daten vorstellen, die von Mobilgeräten rund um die Uhr erzeugt werden. Mit dem Wachstum des IoT-Datenbestands steigt auch das Potenzial für neue Erkenntnisse. Firmen werden nach Mitteln und Wegen suchen, Anwender Daten erforschen und ihre Ergebnisse teilen zu lassen - und das auf sichere, geregelte und interaktive Art und Weise.
8. Mobile Analytik-Lösungen werden eigenständig
Die Mobile Analytik ist erwachsen geworden. Sie ist nicht länger nur eine Schnittstelle der herkömmlichen Business-Intelligence-Produkte. In 2015 kamen Produkte auf den Markt, die eine fließende, auf Mobilgeräte optimierte Benutzererfahrung boten. Unterwegs mit Daten zu arbeiten wird von einer lästigen Pflicht zu einem dynamisch integrierten Teil des Analyseprozesses.
7. Kompetenzzentren für Analytik spielen zentrale Rolle
Immer mehr Unternehmen werden Kompetenzzentren (CoE) einrichten, um die Verbreitung und Implementierung von Self-Service-Analytik zu fördern. Diese Zentren spielen eine kritische Rolle bei der Umsetzung einer datengesteuerten Unternehmenskultur. Durch Online-Foren und Einzeltraining versetzen sie auch Nicht-Experten in die Lage, Daten in ihre Entscheidungsprozesse einzubinden. Mit der Zeit führt dies dazu, dass sich die Arbeitsabläufe im gesamten Unternehmen auf Daten stützen und an ihnen orientieren.
6. Cloud-Daten und -Analytics starten durch
2015 war das Jahr, in dem die Cloud salonfähig wurde. Die Unternehmen merkten, dass die Speicherung von Daten in der Cloud einfach und sehr gut skalierbar ist; und dass man mit Cloud-Analytik sehr agil ist. Nicht zuletzt dank neuer Tools, die es einfacher machen Daten aus dem Web zu verwenden, werden 2016 noch mehr Unternehmen in die Cloud wandern. Die Early Adopter lernen jetzt schon von diesen Daten, und alle anderen stellen fest, dass sie besser nachziehen sollten. Mehr Unternehmen werden dank der Cloud größere Datenmengen schneller analysieren - die Cloud etabliert sich als unternehmenskritisches System.
5. Advanced Analytics nicht mehr nur für Analysten
Auch die Nicht-Analysten werden immer anspruchsvoller. Sie erwarten mehr als nur ein Diagramm, das auf ihren Daten aufsetzt, sondern tiefer gehende und sinnvolle analytische Möglichkeiten. Unternehmen werden Plattformen implementieren, mit denen Anwender statistische Methoden anwenden, eine Reihe von Fragen stellen und im Fluss ihrer Analyse bleiben können.
4. Datenintegration wird agiler
Viele Firmen verlangen heutzutage sehr viel Agilität im Controlling. Sie wollen den richtigen Mitarbeitern die richtigen Daten zur richtigen Zeit liefern. Das ist keine Kleinigkeit, da Daten an vielen verschiedenen Orten generiert und gespeichert werden. Datenquellenübergreifend zu arbeiten kann mühsam, unmöglich, oder beides zugleich sein. 2016 werden wir viele neue Wettbewerber mit Lösungen zur Datenintegration sehen. Dank ausgeklügelter Werkzeuge und ständig neu hinzukommenden Datenquellen werden Firmen sich davon verabschieden, alle Daten an ein und demselben Ort speichern zu wollen. Wer Daten erforschen will, wird dort auf die einzelnen Datensätze zugreifen, wo sie sich befinden und sie mit agileren Werkzeugen und Methoden kombinieren, verschmelzen oder verknüpfen.
3. Demokratisierung der Daten-Wertschöpfungskette
Self-Service Analytikwerkzeuge haben unsere Erwartungshaltung für immer verändert. In 2016 werden Nutzer eine Wertschöpfung aus dem gesamten Lebenszyklus von Daten anstreben, insbesondere durch den Eintritt der Milleniums-Generation in den Arbeitsmarkt. Für sich wiederholende Aufgabenstellungen müssen Geschäftsanwender bestimmte Daten spontan umformen können. Dementsprechend wird als natürliche Folge von Self-Service-Analytik die Nachfrage nach Self-Service-Tools zur Datenaufbereitung und Self-Service Data-Warehousing steigen. Diese Demokratisierung wird es uns ermöglichen, schnell auf Prioritätenwechsel zu reagieren.
2. Visuelle Statistik wird zur Weltsprache
Daten verändern den Diskurs in Chefetagen, den Medien und in sozialen Netzwerken. Menschen visualisieren ihre Daten, um Antworten auf Fragen zu suchen, Erkenntnisse zu gewinnen und ihre Geschichten mit anderen zu teilen, egal ob diese Datenexperten sind oder nicht. Mit dem Anstieg der Nutzung von Daten wird auch die Zahl der Anwender steigen, die geschäftliche oder persönliche Fragestellungen mithilfe von Daten beantworten. Arbeitgeber werden verstärkt nach Kandidaten suchen, die in der Lage sind, sich kritisch mit Daten auseinanderzusetzen. Die visuelle Analytik wird dabei als die gemeinsame Sprache dienen, mit der Menschen schnell zu Erkenntnissen gelangen, sinnvoll zusammenzuarbeiten und eine Community auf der Grundlage von Daten aufbauen können.
1. Governance & Self-Service-BI werden beste Freunde
Viele sehen Governance und Self-Service als natürliche Feinde an. Deshalb dürften auch Viele überrascht sein, die beiden friedlich nebeneinander grasen zu sehen. Es wächst zusammen, was zusammen gehört: die kulturelle Kluft zwischen Business und IT schließt sich. Die Unternehmen haben verstanden, dass richtig auf- und eingesetzte Sicherheit eine analytische Unternehmenskultur fördern und die Anforderungen der Business-Abteilungen erfüllen kann. Man setzt sich schließlich viel eher intensiv mit seinen Daten auseinander, wenn man zentrale, bereinigte Datenquellen zur Verfügung hat und weiß, dass sich jemand (IT) um Sicherheit und Performance kümmert.

GreenRush: Lieferheld für medizinisches Marihuana

Bei GreenRush ist das definitiv der Fall: Die E-Commerce-Plattform für die Auslieferung von medizinischem Marihuana arbeitet mit lokalen Ausgabestellen und Lieferservices zusammen und hilft ihnen, über die Online-Plattform bei der Kundenakquise. "Wir sind wie GrubHub für medizinisches Marihuana", subsummiert Gründer und CEO Paul Warhsaw ("GrubHub" ist ein US-Lieferservice und funktioniert ähnlich wie beispielsweise "Lieferheld" hierzulande, Anm. d. Red.).

Kunden können auf der Online-Plattform sowohl Ausgabestelle als auch Produkte wählen und diese - mit einer verifizierten Karte für medizinisches Marihuana - bestellen. Wer in Kalifornien wohnt, aber keine entsprechende Karte besitzt, kann über die GreenRush Telemedicine-Plattform auch gleich einen Arzt konsultieren.

"Lieferheld für medizinisches Marihuana": Ein Blick auf die Webseite von GreenRush.
Foto: GreenRush

Die Technologie hinter GreenRush wurde zwar in großen Teilen inhouse programmiert, aber das Start-Up hat eine Reihe externer Tools benutzt, um sein Business in Gang zu bringen. Eine Partnerschaft mit Salesforce etwa hilft in Sachen Sales Management und Kunden-Support. Das hat auch seinen Grund, wie Warshaw erklärt: "Wir sind eine Sales Company. Alles steht und fällt mit den Kontakten zu den Ausgabestellen."

Daneben setzt GreenRush zum Beispiel DocuSign für Mitgliedschafts-Verträge, MailChimp für E-Mail-Marketing und Slack für die Kommunikation mit seinen Partnern ein. Es muss also nicht immer eine Speziallösung sein, wie Warshaw verdeutlicht: "Es ist toll, dass Leute speziell auf die Cannabis-Branche zugeschnittene Technologien erschaffen, aber es gibt bereits einige großartige Plattformen und Tools da draußen, die unser Business so viel effizienter und transparenter machen können."

Beim Start-Up Potbot brüstet man sich mit dem weltweit ersten "virtuellen Bud-Tender". Dabei handelt es sich um eine "Empfehlungs-Engine" für medizinisches Marihuana, die Patienten per mobiler App oder Webzugang entsprechend ihrer benötigten Cannabinoid-Dosen und Konsum-Gewohnheiten zur richtigen Marihuana-Sorte führt. Diese kann anschließend direkt zur nächstgelegenen Abgabestelle bestellt werden.

Das müssen B2B-E-Commerce-Plattformen leisten
Neun Herausforderungen für B2B-E-Commerce-Plattformen
Hersteller, Zulieferer und Großhändler im B2B haben die Potenziale des E-Commerce für die Steigerung ihrer Vertriebsergebnisse erkannt. Als integraler Bestandteil der Softwarelandschaft eines Unternehmens bildet er die perfekte Plattform, um Multi- und Omnichannel-Strategien zu steuern. In Kooperation mit der E-Commerce-Agentur netz98 präsentieren wir Ihnen neun Anforderungen, die E-Commerce-Lösungen im B2B-Bereich erfüllen sollten.
1. Direktvertrieb
Der digitale Vertrieb über E-Commerce-Plattformen ist mehr als ein Kanal. Er soll die Wertschöpfung des B2B-Unternehmens steigern. Durch das Umgehen von Zwischenstufen lassen sich die eigenen Leistungen mit mehr Gewinn verkaufen. Gleichzeitig erhöht er die Reichweite, gibt dem Marketing neue Möglichkeiten und steigert damit in der Regel auch den Umsatz.
2. Neukunden
Der Onlinekanal eignet sich auch im B2B perfekt für kurzfristige Kaufentscheidungen. Ein digitaler Vertrieb kann den Absatz niedrigpreisiger, schnelldrehender Produkte verbessern und hier Neukundengeschäft generieren, wenn etwa die Zielgruppenanalyse eine hohe Onlineaffinität zeigt.
3. Kostenoptimierung
Im B2B E-Commerce geht es zudem um die Senkung der Vertriebskosten durch eine Digitalisierung bestehender Prozesse. Der Anbieter profitiert etwa von einer vollständig automatisierten Abwicklung der Bestellprozesse. Eine Reduzierung der Kosten steigert eben auch den Gewinn.
4. Kundenbindung
Eine B2B E-Commerce Plattform muss Nutzer bei operativen und administrativen Prozessen entlasten. Kann eine wiederkehrende Bestellung mit wenigen Klicks ausgelöst werden, spart dies dem Kunden Zeit und damit Kosten. Kostenreduktion und höhere Servicequalität stärken die Kundenbindung.
5. Internationalisierung
Eine B2B-Plattform bietet eine kosteneffiziente Möglichkeit, Geschäftspartner im Ausland zu erreichen und neue Märkte zu erschließen. Ein Multi-Store-Konzept sowie ein leistungsfähiges, skalierbares Hosting unter Nutzung eines Content Delivery Networks (CDN) bilden die perfekte Basis. Ohne eine Anpassung der Supply Chain Managements, des Fullfilments und der Kommunikation an internationale Bedürfnisse kann aber auch die beste B2B E-Commerce-Plattform keine Vertriebserfolge erzielen.
6. Interne Kommunikation
Fehlende Expertise bei Online- und insbesondere E-Commerce-Projekten führt häufig dazu, dass Fachabteilungen den Eindruck haben, ihre Budgets und Kompetenzen schützen zu müssen und so gegeneinander arbeiten. Die Unternehmensführung muss das Projekt entsprechend hoch priorisieren, um vermeintliche Verteilungskämpfe zu vermeiden.
7. Proof-Of-Concept mit Zukunft
Pilotprojekte bzw. die schrittweise Ausdehnung des digitalen Vertriebs auf das Gesamtportfolio erleichtern den Change und den Aufbau einer internen Expertise. Dazu muss die Lösung aber leistungsseitig und funktional problemlos skalieren – damit der Ausbau ohne finanzielle Überraschungen erfolgen kann.
8. User Experience
Um dem Nutzer eine schnelle und sichere Auswahl sowie überzeugende User Experience zu bieten, muss der B2B-Shop die Abhängigkeiten zwischen komplexen B2B-Produkten in allen Bereichen präzise abbilden: in der Seitenstruktur, den Produktdetailseiten, der zielführenden Navigation und der intelligenten Suche bzw. Filterung – was die Integration von leistungsfähigen Suchtechnologien und die optimale Strukturierung der Produktdaten voraussetzt.
9. Flexibles Framework
Über den Grad der Wertschöpfung einer E-Commerce-Lösung entscheiden Zuverlässigkeit, Flexibilität und ein breites Funktionsspektrum. Ein kosteneffizientes Customizing der Lösung für die spezifische Anforderung ist für eine schnelle Einführung wie auch die Zukunftsfähigkeit relevant.

Zwischen Profitabilitäts-Wunder, Banken und Vorurteilen

Mehr als 80 Prozent der Start-Ups in der legalen Cannabis-Industrie erreichen nach einem Jahr den Break-Even. Das sei teilweise dem hohen Preisniveau zu Schwarzmarkt-Zeiten geschuldet, verrät Leslie Bocskor, President bei Electrum Partners, einer auf das Cannabis-Business spezialisierten Beratungsfirma. "Eine solch rapide Profitabilität hat es vorher nicht gegeben", erklärt sie.

Gleichzeitig stelle diese Profitabilität auch die größte Herausforderung für die Branche dar: "Hohe Margen können über viele Fehler hinwegtäuschen. Wenn Unternehmen nicht vorankommen, müssen sie Best Practices nutzen - egal wie es um ihre Profitabilität steht. Technologie spielt hierbei eine große Rolle", so Bocskor.

Das "Banken-Problem" bleibt allerdings weiterhin eines der größten Hindernisse für die Cannabis-Industrie, wie GreenRush-CEO Warshaw aus eigener Erfahrung weiß: "Das durchschnittliche Cannabis-Unternehmen kann nicht einfach zu irgendeiner Bank gehen. Und nicht jeder ist auch Willens, mit dir zusammenzuarbeiten. Es kann für Cannabis-Unternehmen auch Schwierigkeiten geben, wenn es um Werbe-Anzeigen auf Google oder Facebook geht oder darum, Apps online zu bringen. Dinge, die man sonst überhaupt nicht als Herausforderung wahrnehmen würde."

Dennoch dürfte das legale Geschäft mit Marihuana eine große Zukunft vor sich haben. Denn die Bemühungen und Investitionen könnten für neue Arbeitsplätze und steigende Steuereinnahmen sorgen. Den klischeebehafteten Kinderschuhen ist diese Branche jedenfalls längst entwachsen, wie Leslie Bocskor betont: "Da steht nicht länger ein Typ in einem verlassenen Lagerhaus, wo Kaffee geröstet wird, um den Geruch zu überdecken. Die Investitionen sind Innovationstreiber und werden sich weltweit auf die Landwirtschaft auswirken."

Oder wie Howell es ausdrückt: "Wir bauen nicht mehr nur Gras an, um Gras zu verkaufen. Es ist ein Business."

Cannabis-Legalisierung in Deutschland ab 2018?

Vielleicht ist Ihnen das ganze Thema viel zu theoretisch und praxisfern. Schließlich steht Erwerb und Verkauf von Cannabis in Deutschland weiterhin unter Strafe. Lediglich zu medizinischen Zwecken dürfen Cannabis-Produkte in engen rechtlichen Grenzen eingesetzt werden. Und das dürfte sich - trotz zahlreicher Modellprojekte und Petitionen - auf Bundesebene wohl auch nicht so schnell ändern. Aber vielleicht haben Sie sich auch schon einmal gefragt, was passieren würde, wenn die Bundesregierung plötzlich eine Kehrtwende vollzöge und Cannabis legalisiert? Welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen daraus entstehen würden?

Journalist und Autor Rainer Schmidt hat genau das getan und seine Zukunftsvision zu Papier gebracht. Das satirische Ergebnis heißt "Legal High" und ist am 26. August 2016 im Rohwolt-Verlag erschienen.

Rainer Schmidts Gesellschaftssatire "Legal High" ist am 26. August 2016 beim Rohwolt Verlag erschienen.
Foto: Rohwolt Verlag

Im folgenden haben wir eine kleine Leseprobe für Sie zusammengestellt. Wenn Sie danach Lust auf mehr verspüren, finden Sie weiteres Material zum Probelesen direkt bei Rohwolt.

Auszug aus Rainer Schmidts "Legal High":

"Manchmal verstand die Kanzlerin ihre Mitbürger nicht. Warum hackten scheinbar normale Menschen ohne Not schmucklose Gewächse klein, stopften das Gestrüpp in Papier, zündeten es an und saugten daran - bloß um dann auszusehen und aufzutreten wie ihre halbe Fraktion nach anstrengenden Sitzungen? War das so erstrebenswert? Bei internationalen Konferenzen sah es übrigens nicht anders aus. In einigen Fällen lag es an den Themen, bei manchen Teilnehmern am Alkohol, oft einfach an der Erschöpfung.

Sie wollte sich gar nicht davon ausnehmen. Gott, in was für einem Zustand sie teilweise während dieser absurden Verhandlungen mit den Griechen vor drei Jahren gewesen waren, unverantwortlich eigentlich. Wie Betrunkene hatten sie bis in die frühen Morgenstunden über Dinge gesprochen, die selbst ausgeruht kaum zu verstehen waren, vollkommen übermüdet und erschöpft gegen fünf Uhr morgens allerdings allen wie ägyptische Kreuzworträtsel erschienen. Sogar den Griechen selbst. Auch ihr Finanzminister hatte mehr als einmal hysterisch gekichert, und der rauchte ja wohl nicht. Obwohl, vielleicht aus medizinischen Gründen …?

Aufmerksam blätterte sie in dem kleinen Geheimdossier, das ihr die Büroleiterin am 16. August 2018 zusammengestellt hatte, wie darauf vermerkt war, privat sozusagen, niemand sollte mitbekommen, womit sie sich hier beschäftigte. Und alles nur wegen der Amerikaner. Lächelnd schüttelte sie den Kopf, denn neben den Cannabis-Umsatzzahlen und den entsprechenden Steuereinnahmen der diversen US-Bundesstaaten hatte ihre Vertraute sehr liebevoll überall lachende Schäuble-Köpfe mit Hanf-Siegerkranz und Dollarzeichen in den Pupillen hingemalt. Je höher die Summe, desto breiter grinste sie ihr ewiger Minister an.

Mit vor Erregung glühenden Wangen saß er auf der steil nach oben ragenden Pfeilspitze der Einnahmenkurve, in der Hand das prall gefüllte Staatssäckle. Das sah fast zu süß aus, dachte die Kanzlerin, so süß war der ja selten in echt. Aber wie er sie so triumphierend von der Zeichnung angrinste, wurde ihr klar, dass genau diese Zahlen seine radikale und durchaus überraschende Kehrtwende bewirkt haben mussten. Plötzlich stellte er sich vor die Kameras und sagte: «Ja, Legalisierung ist auch ein Gebot fiskalpolitischer Vernunft!» Das hatte er selbstredend wieder ohne Absprache und Ankündigung zur besten Sendezeit in den Tagesthemen und auf YouTube verkündet.

Schäuble eben. Nicht zu bremsen. Sie kannte das ja. Deswegen fragte sie manchmal ihre Büroleiterin morgens als Erstes: «Gibt es was Neues vom irren Alten?» Wahlweise auch: «Was heckt unsere Schwarze Null heute wieder aus?» Das war ihr kleiner Running Gag. Aber sein neuer Drogenkurs war nicht witzig. Der Seehofer lag ihr mit dem Cannabis-Thema auch schon länger in den Ohren. Kurz hatte sie gedacht, endlich ist Ruhe an der Südfront, der hat so viele Pleiten erlebt, jetzt geben der und dieser fränkische Fleischkopf endlich mal Ruhe, nein, bekommt er wieder seine berühmten fünf Minuten und will im Alleingang die Hanf-Revolution ausrufen, weil seine Bauern endlich Klarheit verlangen, wie er behauptet.

Bayerns und Deutschlands Zukunft als fortschrittliche Agrarnation stehe auf dem Spiel, man könne und werde sich diesen Milliardenkuchen unter gar keinen Umständen von den Amis oder eventuell sogar den Chinesen vor der Nase wegschnappen lassen, die schon in Colorado die US-Anbieter von Ausrüstung zum Cannabisanbau in die Ecke gedrängt hätten. Der Bayerische Bauernverband drohe bereits unverhohlen mit Aufrufen zu Wahlboykott und Parteiaustritten. Sogar die Katholiken saßen dem im Nacken. Gottes Schöpfung sei heilig und zu ehren, kein Mensch habe das Recht, seine Weisheit und Güte in Frage zu stellen und bei seinen Geschenken zwischen Gut und Böse zu urteilen.

Das sei anmaßend und frevelhaft, eine Sünde wider den Herrn, weswegen sich die Deutsche Bischofskonferenz bald in einem Hirtenbrief für Cannabis starkmachen werde. Das traf den Horst bis ins Mark. Der glaubte selbstverständlich schon lange an gar nichts mehr außer an sich selbst, aber er wusste sehr genau um die mögliche Wirkung solcher Worte von der Kanzel bei seiner verbliebenen Kernklientel.

Der steht ganz schön unter Druck, der Arme, dachte die Kanzlerin, deswegen führt er sich auf wie Rumpelstilzchen. Gedroht hatte er ihr auch schon wieder. Wenn sie sich nicht bald zu einer Stellungnahme bewegen ließe, würde er eben alleine vorpreschen. Ganz böse hatte der Horst dabei geguckt, fehlte nur noch, dass er mal wieder mit einer Verfassungsklage drohte. Und alles bloß wegen dieses Cannabis.

Schnell warf sie einen Blick auf die aktuellen Umfragen zum Thema, die seit dem Nachmittag auf dem Tisch lagen. Oha! Daher wehte der Wind also. Das waren allerdings klare Zeichen. Sie würde wohl doch bald handeln müssen."

Mit Material von IDG News Service.