Malteser-IT setzt auf stärkere Prozessorientierung

IT im Zeichen des Kreuzes

01.08.2006 von Thomas Zeller
Bei dem Krankenhausbetreiber Malteser Trägergesellschaft (MTG) stehen die Zeichen auf Expansion. Durch Übernahmen in den vergangenen Jahren arbeiten mittlerweile 5.900 Menschen an 30 Standorten für die MTG. Tendenz stark steigend. Eine der wichtigsten Stützen der auf Wachstum ausgerichteten aggressiven Malteser-Strategie ist die IT.

Der CIO der MTG, Bernd Christoph Meisheit, hat eine Vision. Er möchte mit seinen Systemen Patientenaufenthalte so planen, dass nur die medizinischen Ressourcen vorgehalten werden müssen, die auch nötig sind. "Das ist jedoch schwierig, da die Patientenzahlen sehr stark schwanken und nur bedingt vorhersehbar sind."

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet die Festlegung von klinischen Pfaden und deren Verankerung in der IT, wie sie beispielsweise Andreas Reidt von der Beratungsfirma Pro-Klinik fordert. "Krankenhäuser müssen sich stärker an den Produktionssteuerungs und Planungsprozessen der Industrie orientieren." Nur so könnten die knappen Ressourcen effizient eingesetzt werden und die echten Kosten, die der Patient verursacht ermittelt werden.

Der Haken an diesem Abrechnungsverfahren ist jedoch die mehr als aufwändige Leistungsdokumentation durch das medizinische Personal. Der ärztliche Direktor des Bonner Malteser-Krankenhauses, Hans Keller, zeigt sich deshalb nicht besonders glücklich über diese Forderung. "Unsere Ärzte werden mit immer mehr nicht medizinischen Aufgaben überfrachtet. Ich musste sogar eine Arztstelle einsparen, um dafür eine Kodierkraft einzusetzen."

Damit neben der Dokumentation künftig auch noch Zeit zum Behandeln der Patienten bleibt, müssen die Prozesse noch stärker standardisiert und automatisiert werden, meint Reidt. Er sieht im Einsatz von Kodierkräften zudem einen neuen bundesweiten Trend. Diese Berufsgruppe werde künftig auch für das Management der Qualitätssicherung benötigt.

Der Wunsch nach einer stärkeren Prozessorientierung führte bei der Malteser Trägergesellschaft bereits 2002 zu einer neuen IT-Strategie. "Wir brauchten ein Team, dass in die Krankenhäuser geht, um dort neue Prozesse zu entwickeln", beschreibt MTG-CIO Meisheit die damalige Situation. "Dafür mussten wir unsere Ressourcen bündeln."

Am Ende stand die Idee für ein gemeinsames Rechenzentrum mit der zweiten deutschen Malteser Gesellschaft, dem Malteser Hilfsdienst. So wurde 2004 mit der Konsolidierung der IT-Systeme im Bonner Rechenzentrum begonnen. Fast gleichzeitig begann die Umstellung des Unternehmensnetzwerkes auf Multi Protocol Label Switching (MPLS)-Basis. Diese Technologie gewährleistet einen hochperformanten Datenverkehr zwischen allen angeschlossenen Einrichtungen und bietet die Möglichkeit, jederzeit weitere Häuser einzubinden.

Mittlerweile wurden 30 Standorte miteinander vernetzt. Die Administration des Unternehmensnetzes ging zu einem festen monatlichen Fixpreis vollständig an den Dienstleister Pironet NDH. Durch dieses Projekt sparen die Malteser (inkl. MHD und MTG) rund drei Millionen Euro an jährlichen IT-Kosten.

Mitarbeiter in der Pflicht

Den Preis für diese Einsparungen mussten jedoch auch die IT-Mitarbeiter der MTG bezahlen. Sie waren bei dem Outsourcing-Projekt von Kündigungen bedroht. Mit einer 42-Stunden-Woche, 20 Prozent Gehaltsverzicht und der Einführung des Samstags als regulärem Arbeitstag konnten sie zumindest ihren Arbeitsplatz retten.

Deutlich positiver fällt die Bilanz für die einzelnen Krankenhäuser mit ihren Anwendern aus. Sie profitieren durch das Outsourcing von einem besseren Support an 365 Tagen rund um die Uhr. "Das gibt es bei den meisten anderen Häusern noch nicht", sagt MTG-CIO Meisheit.

Allerdings muss Meisheit auch bei seinen Anwendern noch für die neue Lösung werben. "Viele Krankenhäuser der MTG beklagen sich über die Anonymität und darüber, dass sie keine IT-Fachkraft mehr vor Ort haben." Das liege vor allem daran, dass viele Kliniken als kleine Fürstentümer geführt worden sind, meint Andreas Reidt von der Beratungsfirma Pro-Klinik. "Durch die Zentralisierung der Services ist der Chefarzt dann aber auch nur noch eine Nummer auf der Warteliste." Das führt zu einer gefühlten Verschlechterung des Supports.

Als Lösung schlägt Reidt vor, zwischen der IT-Abteilung und den Anwendern Service Level Agreements zu vereinbaren. "Die Verhandlungen darüber dürften zumindest die Anonymisierung reduzieren."