CIO-Struktur für UKE

IT innovativ machen

11.10.2007 von Andreas Schmitz
Peter Gocke berichtet als Leiter der IT nicht an den kaufmännischen Direktor des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), sondern an den Ärztlichen Direktor und Vorstandsvorsitzenden Jörg Debatin. Das ist gut für den Stellenwert der IT.
Peter Gocke, IT-Chef des UKE: "Der Stellenwert der IT wird von einem reinen Cost Center zum Teil des strategischen Portfolios im Krankenhaus gehoben."
Foto: Universitätsklinik Eppendorf

Herr Gocke, Sie kamen 2004 zum Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Hat sich dort seitdem einiges geändert?

Es gab mit meinem Einstieg erstmals ein CIO-Konstrukt für das UKE. Der CIO berichtet an den Ärztlichen Direktor. Der Stellenwert der IT damit wird von einem reinen Cost Center zum Teil des strategischen Portfolios im Krankenhaus gehoben. Heute ist die IT bei Klausurtagungen und den wöchentlichen Sitzungen der Führungsebene mit dabei. Das war vorher nicht so.

Nehmen die Ärzte und Schwestern - also Ihre internen Kunden - die IT nun anders wahr?

Direkt nach meinem Einstieg haben wir eine Kundenbefragung gemacht. Es stellte sich heraus, dass die IT nicht als Dienstleistung und auch nicht als innovativ empfunden wurde.

Was lief in der IT falsch?

Die damalige IT-Politik war sehr vorsichtig. Funknetze galten etwa als zu riskant, Notebooks sollten eingeschränkt werden, da sie als zu unsichere Endgeräte eingestuft wurden. Das hatte zur Folge, dass Kunden aggressiv auf die IT reagierten. Es herrschte die Meinung vor, dass jeder, der mit einem Problem auf die IT zukommt sechs neue aufgezeigt bekommt. Das musste anders werden.

Sie sind inzwischen drei Jahre im UKE unterwegs. Hat sich das Bild über die IT inzwischen gewandelt?

Vor etwa einem halben Jahr haben wir die Kundenbefragung wiederholt. In Hinsicht auf Innovation und Dienstleistermentalität haben wir uns etwas verbessert; aber wir sind immer noch nicht da, wo wir hinwollen.

Was haben Sie konkret verändert?

Wir haben einige Projekte gemacht, die demonstrieren, dass die IT nicht nur verwalten, sondern auch innovativ sein kann. Inzwischen haben wir WLAN im Einsatz, über den neuen UKE-Mitarbeiterausweis, die "UKE-Card". können Ärzte Türen öffnen und der Krankentransport kann nun online angemeldet werden. Den Fahrern wird dann - gesichert über VPN - eine Handy-SMS zugeschickt. Aufklärungsbögen werden jetzt mehrsprachig über das Intranet des UKE stets aktuell zur Verfügung gestellt. An den klinischen Arbeitsplätzen ist für die Ärzte eine Online-Spracherkennung verfügbar, die nicht wie in der Vergangenheit mit hohen Investitionen fest gekauft werden muss, sondern nur noch über ein Nutzungsentgelt bezahlt wird. Endlich haben wir es auch geschafft, die Plattform für die Krankenhausrechner von NT4 auf Windows XP zu bringen. Um nur einige Beispiele zu nennen.

Damit haben Sie Innovation durch IT nach vorne gebracht. Allerdings macht man aus der IT-Abteilung nicht von heute auf morgen einen Dienstleister…

Das stimmt. Wir haben unseren Helpdesk personell verstärkt, der nicht nur per Telefon die Anfragen abarbeitet, sondern auch per Online-Meldung über ein Intranet-Formular. An einem Ticket-System arbeiten wir allerdings derzeit noch, da die Personalräte bis jetzt leider noch nicht zugestimmt haben. Insgesamt setzen wir nun mehr und mehr auf Standards. Mit dem Rückenwind des Vorstands, der zentrale Prozesse einfordert. Die IT liefert das Werkzeug, mit dem die Prozesse umgesetzt werden.

Welche Standards haben Sie schon eingeführt?

Die Patientenaufnahme geschieht inzwischen flächendeckend über unser KIS, wir haben die Beschaffung zentralisiert und setzen auf standardisierte PC- und Notebook-Typen. Zudem haben wir das so genannte Eppendorfer Patientennetzwerk Epnet eingeführt, über das Patienten wie Ärzte über einen Token auf Arzt- und Laborberichte zugreifen können.

Haben Sie auch Niedergelassene in das Epnet eingebunden?

Noch sind wenige Niedergelassene im Epnet mit unterwegs. Insgesamt ist auch eine gewisse Scheu unter den Ärzten da. Immerhin ist für Epnet – im Gegensatz zu anderen Ansätzen - keine separate Software nötig, deren Pflege immer einen Mehraufwand bedeutet.

Haben Sie sich auch mit anderen Lösungen in Hinsicht auf eine Patientenakte auseinandergesetzt?

Ja, das Epnet scheint für uns gegenüber der elektronischen Fallakte (eFa) und auch dem Ansatz der Inter Component Ware (ICW) die sinnvollste Lösung zu sein. Die eFa ist eher für Klinikketten mit verteilten Standorten relevant und die Lösung der ICW ähnelt unserer, ist nur teurer, denn wir haben unsere Lösung auf Basis einer einfachen Erweiterung eines schon gekauften Produktes realisieren können. Zudem haben wir im Epnet eine einfachere Qualitätssicherung der Daten, die ins Netz hinein gelangen:. Es ist klar, dass neue Informationen nur vom UKE eingestellt worden sein können. Das bei ICW nicht so.

Sind Sie auf die elektronische Gesundheitskarte vorbereitet? Was bedeutet die Einführung für Sie?

Wir schaffen zunächst entsprechende Hardware mitsamt Konnektoren an. Es wird Multimedia-Terminals an allen Patientenbetten geben, über die auch ein Zugriff auf das Klinische Arbeitsplatzsystem (KAS) des UKE möglich sein wird. Dort kann sich der Patient über seine elektronische Gesundheitskarte (eGK) identifizieren, der Arzt über seinen Heilberufeausweis (HBA). Der Patient bekommt über das Terminal gleichzeitig Informationen über eventuelle Änderungen im Tagesplan, etwa, wenn sich die Visite kurzfristig verschiebt, findet er die Information dort. Alles in allem wird uns die Gesundheitskarte etwa eine halbe Million Euro kosten.

Sie sind kein Informatiker, sondern haben vor Ihrem Start im UKE 11 Jahre als Radiologe in der Uniklinik Essen gearbeitet. Haben Sie eine andere Sicht auf die IT als "disziplintreue" IT-Kollegen?

Ich habe jahrelang in der Onkologie gearbeitet und diese Zeit hat mich sehr geprägt. Medizinisches Personal (und ich persönlich wie auch das UKE trennt nur ungern zwischen "Arzt" und "Pflege") leistete teilweise unglaubliches, um Menschen mit in der Regel lebensbedrohlichen Erkrankungen zu helfen. Oft leider vergebens - ich habe dort Menschen sterben sehen, die teilweise jünger waren als ich. Diese Erfahrungen machen bescheiden. Es geht also nicht darum, die IT als wichtig zu positionieren - IT kann kein Selbstzweck sein. Mir ist es wichtig, mit meinen Mitarbeitern und durch den Einsatz von IT einen Beitrag zu leisten, um Ärzten die Information, die sie brauchen, so schnell und umfassend wie möglich zur Verfügung zu stellen. Dazu nutzt der Geschäftsbereich IT die Expertise einer ganzen Reihe von Fachleuten - etwa für Softwareverteilung, Kommunikations-Server und Security.