High Potentials

IT-Nachwuchs will weg aus Deutschland

05.11.2009 von Christiane Pütter
90 Prozent der IT-, Physik- und Mathestudenten sehen ihren künftigen Arbeitsplatz nicht in Deutschland. Wie eine McKinsey-Studie zeigt, suchen sie deshalb interntational arbeitende Unternehmen. Am liebsten würden sie aber an der Uni bleiben oder zu einem Unternehmensberater gehen.

Hauptsache raus: Neun von zehn Informatik-, Physik- und Mathestudenten möchten im Ausland arbeiten. Das geht aus der Studie "Most wanted" hervor, für die der Unternehmensberater McKinsey und das Netzwerk E-Fellows mehr als 3.000 Stipendiaten des Netzwerkes befragt haben. 17 Prozent der Teilnehmer studieren Informatik, Physik oder Mathe.

Die Autoren der Studie wollten wissen, in welche Branchen es den Nachwuchs zieht. Dabei gibt es zwei klare Sieger: Die sogenannten High Potentials (weil Stipendiaten) bleiben am liebsten an der Uni und machen eine wissenschaftliche Karriere oder sie gehen in eine Unternehmensberatung. Diese Punkte erreichen dreizehn beziehungsweise zwölf Prozent der Nennungen. Mit deutlichem Abstand folgen Automobil- und Elektro-Industrie. Diese Branchen erreichen fünf beziehungsweise vier Prozent der Stimmen.

Werden die Antworten der Informatiker/Physiker/Mathematiker gesondert betrachtet, ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Gut jeder Vierte (26 Prozent) will in die Wissenschaft. Nur jeder Zehnte möchte in einer Unternehmensberatung oder der Elektro-Industrie arbeiten. Automobilfirmen kommen sogar nur auf drei Prozent der Nennungen.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Den Schritt in die Selbstständigkeit können sich Informatiker, Physiker und Mathematiker weniger gut vorstellen als ihre Kommilitonen anderer Fachrichtungen. Nur 58 Prozent nennen dies als interessante Option. Das ist der niedrigste Wert nach Biologen, Chemikern und Geologen.

Zum Vergleich: 89 Prozent der Mediziner wollen sich selbstständig machen. Bei Ingenieuren sind es 69 Prozent und bei Wirtschaftswissenschaftlern und Juristen sowie Geistes- und Sozialwissenschaftlern je 68 Prozent.

Alle wollen Spaß, IT-ler wollen Herausforderungen

Weitere Besonderheiten zeigen sich bei der Frage nach den Treibern für die Arbeitgeberwahl. Während die anderen Studenten vor allem Spaß an der Arbeit haben wollen, setzt die Fraktion Informatik/Physik/Mathe den Punkt "Herausfordernde Aufgaben" auf Platz Eins. Spaß wird nur Vize-Meister.

Allerdings: Dankenswerterweise fügen die Studienautoren eine Reihe Zitate an, in denen der Nachwuchs seine Definition von "Spaß" darlegt. Diese reichen von "Wenn ich morgens mit einem Lächeln im Gesicht zur Arbeit gehe" über "Nicht immer dieselben Handgriffe machen" bis zu "Dass ich mich mit meinen Aufgaben identifiziere, in der Entwicklung mitdenke, gefordert werde und meine Leistungen anerkannt werden".

Wichtig ist jungen Informatikern, Physikern und Mathematikern auch, dass das Unternehmen international ausgerichtet ist (was zu ihren Abwanderungswünschen passt). Zudem achten sie auf Arbeitsmarktchancen und wollen sich für die Produkte des Arbeitgebers begeistern können. Gehaltssteigerungen sind ihnen dagegen angeblich kaum wichtig.

Ein weiteres Thema der Studie: Der Nachwuchs aller Branchen informiert sich vorrangig auf den Webseiten der Unternehmen über potenzielle Arbeitgeber. Auf einer Skala von Eins für "nie" und sechs für "häufig" erreichen die Sites den Wert 5,1. Außerdem suchen die Studenten über Karriere-Portale (4,5) nach Stellen. Erst danach nennen sie Empfehlungen von Freunden und Familie sowie eigene Praktika (jeweils 4,2).

Lieber ins Internet als auf die Karrieremesse

Arbeitgeberrankings spielen mit einem Wert von 3,3 nur eine mittlere Rolle. Immerhin bieten sie häufiger eine Informationsquelle als Karrieremessen (3,1).

McKinsey und das Karrierenetzwerk E-Fellows.net betonen, dass die Studie nicht für alle deutschen Studierenden repräsentativ ist. "Die Befragten sind ausgewählte High Potentials, da die Mitglieder des Karrierenetzwerks für die Aufnahme besonders strenge Anforderungen beziehungsweise Noten und Erfahrungen erfüllen müssen", schreiben die Studienautoren.