Nicht-Outsourcer sind eine Minderheit

IT-Outsourcing bleibt starkes Wachstumssegment

13.10.2004 von Detlef Scholz
Das IT-Outsourcing legte in Europa im vergangenen Jahr um 6,7 Prozent auf 26 Milliarden Euro Umsatz zu. Das Marktvolumen betrug damit fast ein Viertel des Gesamtmarktes der IT-Dienstleistungen. Das zeigt eine Gemeinschaftsstudie des Consulting-Unternehmens Unilog und IDC.

Das IT-Management war 2003 das einzige Wachstumssegment der IT-Dienstleistungsbranche. Diese verzeichnete einen Rückgang um 0,1 Prozent. Für das laufende Jahr rechnen die Marktforscher im IT-Outsourcing mit einer Wachstumsrate von 8,4 Prozent.

Die Studie unterteilt die Unternehmen in fünf Kategorien, die deren Haltung zum Thema Outsourcing widerspiegeln:

Die Mehrzahl europäischer Unternehmen zählt zur Kategorie der "Pragmatiker". Gut 40 Prozent aller Befragten haben sich für selektives IT-Outsourcing entschieden. Etwa jedes zehnte ist ein "Vorreiter" und setzt auf Komplett-Outsourcing. Die "Entschlossenen" und die "Unentschlossenen" halten sich mit je circa zehn Prozent die Waage. Als "widerspenstig" erweisen sich laut der Befragung 28 Prozent der europäischen Unternehmen.

Das Outsourcing verteilt sich nahezu gleichermaßen auf alle Unternehmensbereiche. Das Infrastruktur-Ausgliedern führt mit zwei Dritteln der Unternehmen knapp vor dem Netzwerk-Outsourcing mit 63 Prozent. Es folgt das Verlagern von Anwendungen mit 60 Prozent.

Noch vor einigen Jahren waren es in erster Linie Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern, die IT-Outsourcing nutzten. Mittlerweile sind jedoch vermehrt Unternehmen mit 1000 bis 5000 Angestellten dazu übergegangen.

Outsourcing nahm in Großbritannien seinen Anfang. Dieser historische Vorsprung drückt sich auch heute noch in Zahlen aus. Während 55 Prozent der britischen Unternehmen IT-Outsourcing nutzen, sind es in Deutschland und Frankreich nur knapp 50 respektive 47 Prozent.

Besonders im Bereich Dienstleistungen ist der Unterschied zwischen Großbritannien und dem Festland deutlich: Fast zwei Drittel der britischen Unternehmen der Dienstleistungsbranche haben IT-Funktionen ausgelagert. In Deutschland sind es nur 54 Prozent. Auch der öffentliche Sektor der Insel scheint auslagerungsfreundlicher zu sein: Über die Hälfte öffentlicher Organisationen in Großbritannien hat IT-Leistungen ausgelagert, in Deutschland und Frankreich dagegen nur rund ein Viertel. Die Nase vorn haben die Deutschen nur in der Industrie. 63 Prozent der Industrieunternehmen sind IT-Outsourcer, in Großbritannien und Frankreich sind es jeweils 60 Prozent.

In Großbritannien zählen 35 Prozent der Unternehmen zur Kategorie der "Vorreiter" (Komplett-Outsourcing), verglichen mit 18 Prozent in Frankreich und 23 Prozent in Deutschland. In Großbritannien wird IT-Komplett-Outsourcing in erster Linie im Bankenwesen (gutes Drittel), Dienstleistungssegment (knapp 40 Prozent) und im öffentlichen Sektor eingesetzt (fast 30 Prozent). Diese Zahlen liegen im europäischen Vergleich eindeutig an der Spitze. Die Vergleichswerte Deutschland belaufen sich auf 19, 21 und 4 Prozent.

Verglichen mit dem Banken-, Dienstleistungs- und Industriesektor entwickelt sich den Analysten zufolge das IT-Outsourcing im Handel rückläufig. Hier beträgt der europäische Durchschnitt 36 Prozent (Großbritannien knapp 40 Prozent).

Aus der Studie geht hervor, dass das Ausmaß der Nutzung von IT-Outsourcing mit der Größe des Unternehmens zunimmt. Einen Grund dafür sehen die Studienautoren im Umfang des IT-Systems der Unternehmen. Je größer das Unternehmen, desto umfangreicher das IT-System. Entsprechend höher ist das Potenzial für IT-Outsourcing. Die Outsourcing-Quote von Unternehmen mit über 10.000 Beschäftigten gibt die Studie mit 63 Prozent an. Bei Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 1000 und 5000 ist es etwa die Hälfte.

Beim IT-Outsourcing steht der IT-Leiter in 90% der Unternehmen im Zentrum des Entscheidungsprozesses. An zweiter Stelle folgt die Geschäftsführung (gut drei Viertel). Den übrigen Unternehmensfunktionen kommt eine unterstützende Rolle zu. Es kommt auch vor, dass der Leiter IT oder die Geschäftsführung allein über ein Outsourcing-Projekt entscheidet:

Bei Komplett-Outsourcing-Verträgen wird der IT-Chef in 100 Prozent der Fälle eingebunden, bei selektivem Ausgliedern liegt dieser Wert nur bei 95 Prozent. Diese Abweichung lässt sich dadurch erklären, dass der IT-Verantwortliche im Hinblick auf die vom selektiven Outsourcing betroffenen Segmente vom Leiter Produktion, Betrieb oder Research unterstützt wird. Im Falle eines Komplett-Outsourcing hingegen hat er die zentrale und essenzielle Rolle inne.

Der starke Kostendruck hat die zunehmende Nutzung von Offshore-Dienstleistungen in den vergangenen Jahren erheblich beeinflusst. In Europa werden derzeit 70 Prozent dieser Leistungen durch britische Unternehmen eingekauft. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten darauf hin, dass Unternehmen in Europa bei der Auslagerung von Dienstleistungen kulturnahen Anbietern den Vorzug geben. Mehr als ein Drittel der Unternehmen kann die durch ausgelagerte Dienstleistungen erzielten Einsparungen nicht quantifizieren. Diejenigen, denen dies gelingt, gestehen ein, dass die Einsparungen unter 20 Prozent liegen. Damit bleiben sie weit hinter den von großen Offshore-Dienstleistern versprochenen 30 bis 50 Prozent zurück.

Die Studie basiert auf einer Umfrage unter Entscheidungsträgern in 200 Großunternehmen mit mehr als 1000 Angestellten in Frankreich, Großbritannien, Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz.

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