Analysten-Kolumne

IT Service Management - Zu viel Improvisation statt klarer Prozesse

23.03.2004
"Die IT muss sich nach dem Business richten!". "Das Business muss sich an den Möglichkeiten neuer IT-Technologie orientieren!" Angestaubte Schlagworte, die auch auf der Cebit wieder zu hören waren. Dabei stehen diese Themen eigentlich gar nicht im Mittelpunkt des Interesses. Sie beschreiben lediglich unterschiedliche Perspektiven, von denen aus die nötigen strategischen und konzeptionellen Schritte für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung zu definieren sind.

Tatsache ist jedoch, dass es in vielen Unternehmen – unabhängig vom Thema IT – immer noch ein Abteilungsdenken und kein Prozessdenken gibt. Aus dieser Position heraus dann von der IT die reibungslose Abbildung und Realisierung komplexer Geschäftsprozesse zu fordern, scheint bisweilen vermessen. Und um die IT-Abteilungen selbst steht es oft auch nicht viel besser: Sie bilden in sich eine Heterogenität an Technologien und Dienstleistungs-Portfolien ab, die es unmöglich macht, abteilungsintern ein durchgängiges Prozess-Denken und Prozess-Management zu verwirklichen. Hier trifft dann Puzzle auf Puzzle! Kein Wunder, dass es daher ohne externe Berater nur selten gelingt, sich als interner Dienstleister und Wertschöpfungspartner zu positionieren und die Anforderungen der Fachabteilungen zu erfüllen.

Kostensenkung versus Prozessdefinition

Infrastruktur-Outsourcing und Business Process Outsourcing werden daher von Unternehmensführungen oft für ein schnelles Lösungs- und Kostensenkungs-Modell gehalten. Schnell kommt jedoch auch die Stunde der Wahrheit, wenn die auszulagernden Prozesse nicht eindeutig und transparent definiert waren und sich die Unmöglichkeit nachprüfbarer Leistungskataloge und -abgrenzungen zeigt. Wer aber nicht in der Lage ist, eindeutige Rollen und Prozesse zu definieren sowie Service Level Agreements aufzustellen, umzusetzen und zu kontrollieren, der hat ein internes Problem durch ein externes abgelöst. Hier ist die Soll-Bruchstelle dann schon "programmiert".

Entgegen vieler Verlautbarungen aus Unternehmen steht es um die Themen Process Management und Change Management noch nicht zum Besten. Manche Experten behaupten sogar, die Unternehmen stünden hier erst am Anfang einer höheren Professionalisierung und Systematik. Die immer wieder auftauchenden Friktionen in den Unternehmen scheinen dieses Urteil zu bestätigen.

Diese Einschätzung spiegelte sich auch in der Studie "Netz- und System-Management 2003" der Lünendonk GmbH wider, bei der nach dem Einsatz von Management-Tools gefragt wurde. Tools für die Themen "Incident Management (Helpdesk und Support)", "Change Management" und "Service Level Management" rangierten am Ende der Skala, was die aktuell eingesetzten Tools betraf (siehe Grafik). Von einer durchgängigen Prozess- und Service-Orientierung kann also – zumindest bezüglich der Tools – noch keine Rede sein.

Anforderungen an IT-Abteilungen

Dabei sind die Forderungen eigentlich klar: Unternehmen wollen nicht in erster Linie IT-Dienstleistungen, sondern ein reibungsloses Funktionieren ihrer Geschäftsprozesse. Für diese Sichtweise wird häufig auch der Begriff Business Service Management statt IT Service Management verwendet. Aufgabe einer leistungsstarken IT-Abteilung muss es aus diesem Verständnis heraus sein, sich in ihrem Portfolio und in ihren eigenen Prozessen auf diese Aufgabe auszurichten. Das klingt leichter als es ist. Denn die Forderungen einer Unternehmensabteilung kollidieren nicht selten mit denen einer anderen. Hier ist mehr als nur IT-Know-How gefordert, hier wird die IT-Abteilung zum internen Berater und Gestalter. Sie kann diese Rolle umso erfolgreicher spielen, je besser sie ihre eigenen Prozesse im Griff hat. Stichworte sind hier: eindeutige Positionierung als Dienstleister, systematische Planung, transparente und nachvollziehbare Prozessdefinitionen, klare Dokumentation und disziplinierte Einhaltung der definierten Spielregeln.

Lösungsansätze

Eine mögliche Strategie für diese Erfolgsposition der IT bietet die IT Infrastructure Library (ITIL). Dabei handelt es sich weder um Hardware noch Software noch Mode, sondern um eine Sammlung von Best Practices, um IT Service Management erfolgreich umzusetzen. Zunächst wurde ITIL in größeren Organisationen – Behörden und Großunternehmen – eingesetzt. Inzwischen zeigt sich jedoch, dass diese Methode für Unternehmen jeder Größe geeignet ist, wenn es gilt, aus der IT die bestmögliche Unterstützung zu erhalten. Mit der Hilfe von externen Beratern, die ITIL als Instrumentarium nutzen, konnten sich beispielsweise in den Niederlanden mittelständische Unternehmen erfolgreich optimieren.

Das Geheimnis dabei ist keines: Es treten lediglich an die Stelle historisch und unsystematisch gewachsener Strukturen und Prozesse klare Prozessdefinitionen in der IT-Abteilung und eine prozessorientierte Aufstellung als interner Dienstleister. Die Rolle erfolgreicher Prozessmanager muss daher von dem Mann eingeführt werden, der im heutigen Verständnis IT- und Business-Welt gleichermaßen verstehen und verbinden sollte: dem CIO!

Thomas Lünendonk ist Geschäftsführer der Marktforschungsfirma Lünendonk GmbH.

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