Wie sich IT-Abteilungen wegen ITIL ändern müssen

ITIL: "Sanfter Druck vom Management nötig"

18.11.2008 von Christiane Pütter
Wenn der CIO seinem Team die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen vorlebt, dann klappt es auch mit dem Business Alignment. Davon ist IDC-Analyst Matthias Kraus überzeugt. Mit CIO.de sprach er über IT Service Management (ITSM) und die Aufgaben von Informatik und Business.
"Entscheider beschäftigen sich mit ITIL V3, warten aber mit der Einführung noch ab. Das ist ja auch mit einem gewissen Aufwand verbunden", sagt IDC-Analyst Matthias Kraus.

Herr Kraus, inwieweit erschwert die häufig unklare Definition die Umsetzung von IT Service Management (ITSM)?

Die Grundvoraussetzung für ein effizientes ITSM ist, dass die Entscheider festlegen, was ITSM für sie und in ihrem Unternehmen sein kann. Sie müssen klären: Was ist für uns möglich? Was wollen wir? Welche Ressourcen haben wir? Es geht darum, in kleinen Schritten anzufangen, dabei aber einen ganzheitlichen Ansatz im Blick zu behalten.

Dabei beginnen die Schwierigkeiten schon mit der Definition. Mancher damit die IT Infrastructure Library (ITIL), andere nennen den Helpdesk. Wie definieren Sie ITSM?

Aus unserer Sicht fasst ITSM alle standardisierten Maßnahmen und Best Practices-Methoden der IT-Organisation zusammen, die zur Erbringung, Kontrolle, Messung und kontinuierlichen Verbesserung von IT-Services dienen.

Wie umreißen Sie in diesem Zusammenhang die Funktion einer IT-Abteilung im Unternehmen?

Die IT-Organisation fungiert als Service Provider, der sich an externen gesetzlichen Richtlinien und internen Unternehmenszielen orientiert. Ziel ist es, einen messbaren Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten. IT-Services sollen zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort, in der erforderlichen Quantität und Qualität sowie zum richtigen Preis erbracht werden. Entscheidend sind dabei drei Faktoren: Die Methoden beziehungsweise Prozesse, die nötigen Software-Tools und natürlich die Menschen, die damit arbeiten.

Laut IDC-Studien plant nur rund ein Viertel der Unternehmen die Einführung von ITIL V3, obwohl das Regelwerk vor mehr als einem Jahr herausgebracht wurde.

Die Entscheider beschäftigen sich mit ITIL V3, warten aber mit der Einführung noch ab. Das ist ja auch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Die Verbreitung wird sich vermutlich erhöhen, sobald Erfolgsbeispiele vorliegen.

Als internen Hemmschuh nennen CIOs immer wieder die fehlende Bereitschaft der Fachabteilungen, ITSM-Prozesse einzuhalten. Wie kann man das ändern?

Indem man die Fachabteilungen frühzeitig mit einbezieht. Wichtig ist ein Top-Down-Ansatz. Manchmal ist dabei auch ein sanfter Druck vom Top-Management nötig. Entscheidend ist, dass die Fachabteilungen den Nutzen der neuen ITSM-Prozesse spüren.

Was kann ein CIO tun, um sein IT-Team zur Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen zu motivieren?

Vor allem ein gutes Vorbild sein! Die IT muss von sich aus auf die internen Kunden zugehen. Wenn der CIO das vorlebt, schließen sich die Mitarbeiter eher an. Letztlich hat die IT ein Eigeninteresse daran, sich neu zu positionieren.

Warum sollte sie? Mancher Informatiker bleibt vielleicht lieber bei der Technik und interessiert sich nicht für Alignment.

Die IT ist aber heutzutage Selbstzweck. Sie soll heute Business Partner sein und wird sich irgendwann auch zum Business Enabler entwickeln. Wir sprechen heute viel mehr als früher über Zusammenarbeit.

Mancher Analyst denkt, dass die Zeit für diese Entwicklung arbeitet, weil kommende Generationen an Arbeitnehmern mit einem ganz anderen Technikverständnis aufgewachsen sind. Für sie ist IT kein Mythos mehr, sondern gehört zum Alltag.

Das mag sein. Aber erstens: Nicht jeder, der sich aus dem Internet Musik auf den iPod laden kann, versteht auch den Umgang mit komplexen Business-Anwendungen. Und zweitens: Die IT hat nicht die Zeit, auf diese Generationen zu warten. Die Praxis findet hier und heute statt.