Pluspunkt praktische Erfahrung

Jede Programmierarbeit im Lebenslauf angeben

17.04.2015 von Hans Königes
Während des Studiums stehen viele Informatikstudenten vor großen Herausforderungen. Unsicherheit bezüglich der Lebensläufe und darüber, wohin die berufliche Reise nach dem Studium führen soll, macht sich breit.

Wie viel Praxiserfahrung sollte man als IT-Absolvent mitbringen und wie kann man seine Leidenschaft zum Programmieren am besten darstellen? Solche Fragen stellen IT-Studenten und Absolventen im Karriereratgeber der CIO-Schwesterpublikation Computerwoche.

Zeigen Sie, was Sie können

Ein angehender Informatiker program­miert gerne in seiner Freizeit und möchte nun wissen, ob und wie er diese Aktivitäten und eventuelle Nebenjobs am besten im Lebens­lauf darstellen soll.

Keine falsche Bescheidenheit! Auch kleine Programmierarbeiten belegen Leidenschaft.
Foto: awesomephant - Fotolia.com

Olaf Kempin, Mitgründer und Geschäftsfüh­rer des IT-Dienstleisters Univativ aus Darm­stadt, sagt: "Ich empfehle Ihnen, unbedingt auf Ihre Programmierleidenschaft hinzuwei­sen. Das gilt vor allem, wenn Sie bisher wenig Berufserfahrung sammeln konnten. Jede prak­tische Tätigkeit ist besser als reine Theorie. Am besten erwähnen Sie Kompetenzen, die Sie sich in Ihrer Freizeit angeeignet haben, im An­schreiben. Dort haben Sie genug Raum dazu.

Bei Bewer­bungen in digitaler Form lohnt es sich, Ihre Ar­beit zur Veranschaulichung zu verlinken. Sie haben 'nur' eine Website für den Kaninchen­verein in Ihrem Ort programmiert? Keine fal­sche Bescheidenheit! Viele Berufseinsteiger neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Gerade die Leidenschaften sind es, die Sie von anderen abheben. Zeigen Sie, was Sie können!"

Olaf Kempin, Univativ: "Jede prak­tische Tätigkeit ist besser als reine Theorie."

Praxiserfahrung ist das Salz in der Suppe

Ein IT-Absolvent befürchtet, dass seine Jobchancen nicht so gut sind, weil er parallel zum Studium nicht gearbeitet hat. Er fragt: "Stimmt es, dass ich ohne Praxiserfahrung deutlich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe?"

Olaf Kempin antwortet: "Fachlich relevante Praxiserfahrungen sind ein wichtiger Punkt in jeder Bewerbung. Sie sind das Salz in der Suppe und helfen Ihnen, sich von anderen Bewerbern abzuheben. Außerdem sind sie un­verzichtbar für Ihre persönliche Berufsorien­tierung. Solange sich dadurch die Studienzeit nicht signifikant verlängert, zahlen sich Praxiserfahrungen nach unserer Erfahrung immer aus. Ich empfehle Ihnen, sich nach Jobs umzuse­hen, die eine flexible Zeiteinteilung erlauben. Auch wir bei Univativ bieten Projekte mit un­terschiedlichen Laufzeiten in Teil- und in Voll­zeit an. Manchmal ist auch Heimarbeit mög­lich."

Was muss man als Absolvent können?
Was Berater, Programmierer, Webexperten und Admins können müssen
Professor Heimo Adelsberger von Uni Duisburg-Essen beschreibt, welche Anforderungen Absolventen in den unterschiedlichen Einsatzbereichen erfüllen müssen.
Anforderungen an Berater
Ein typischer Wirtschaftsinformatiker/ Wirtschaftsingenieur muss je nach Branche die Kenntnis „beider“ Welten mitbringen, Sozialkompetenz, Change Management
Anforderungen an Programmierer
- Beherrschen von mehreren Programmiersprachen (darunter JAVA); im SAP-Bereich ABAP; Beherrschen der Konzepte moderner Softwareentwicklung (Software Engineering)
Anforderungen an Programmierer
o Business-Anforderungen der Branche verstehen o Analyse/Entwicklung/Testen - Verständnis für Modellierung (UML) - Beherrschen von Programmierwerkzeugen (IDE: integrierte Entwicklungsumgebungen, z. B. Eclipse)
Anforderungen an Programmierer
- gesamtes Feld der mobilen Applikationen (iOS, Android) - Datenbankprogrammierung (SQL, HANA,…)
Anforderung an Webentwickler, Schwerpunkt Webengineering
* HTML/XML/CSS … * Datenbankverständnis * Interface zu mobilen Endgeräten
Anforderung an Webentwickler, Schwerpunkt Webdesign
* Grafik * Ergonomie (Usability, Barrierefreiheit, …) * Typografie
Anforderungen an Administratoren
- neben guter IT-Ausbildung ist auch eine gute BWL-Ausbildung gefragt

Befristete Angebote zum Berufseinstieg

Ein angehender Informatiker beschwert sich über sein Studium: "Man lernt viel Theoretisches, von allem ein bisschen, aber nichts richtig. Deswegen weiß ich nicht, was ich später brauche und worauf ich mich spe­zialisieren sollte."

Univativ-Geschäftsführer Kempin meint: "Ich empfehle jedem Berufseinsteiger, der noch nicht weiß, wo er hin will, sich selbst auszuprobie­ren. Unterschiedliche Branchen, Projekte, Teams, Betriebsgrößen und Arbeitsweisen - all das sind Komponenten, die Einfluss auf unsere Arbeit nehmen. Beim Eintritt ins Berufsleben geht es auch darum, seinen Job selbst zu wäh­len und zu gestalten. Bewerben Sie sich zu­nächst ruhig auf befristete Angebote, ideale­weise für die Mitarbeit in Projekten. Diese eignen sich ganz gut dazu, sich auszuprobie­ren."

Kienbaum: Was Hochschulabsolventen 2014 verdienen
Frisch von der Uni, keine Ahnung vom Gehalt
Die Managementberatung Kienbaum hat in der Studie "Absolventenvergütung 2014" 656 Unternehmen befragt, wie viel Gehalt sie ihren Berufsanfängern zahlen. Wenn es nach dem Studiengang geht, ist recht eindeutig, was man studieren sollte:
Junge Juristen verdienen ...
als Einstiegsgehalt im Jahr.
Natürlich gibt es hier noch Luft nach oben und nach unten. Wer in einem Unternehmen in der Rechtsabteilung arbeitet, verdient im Schnitt 48 800 Euro Einstiegsgehalt.
Naturwissenschaftler haben am Jahresende ...
... eingeheimst - und das in ihrem ersten Berufsjahr.
Ein Ingenieur kommt auf ...
... Einstiegsgehalt, frisch von der Uni.
Wer dann in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung geht, kann dort mit 46 000 Euro im ersten Jahr rechnen. Dasselbe bekommen dort natürlich auch andere Studiengänge, wie etwa junge ITler.
Ein junger Informatiker verdient ...
... in IT-Abteilungen von Anwenderunternehmen.
Damit gehören Informatiker zu den Absolventen, die von Anfang an überdurchschnittlich bezahlt werden.
Absolventen in Kunst und Design kommen nur auf ...
... im Jahr als Einstiegsgehalt.
Damit stehen Kunst-und Designstudenten auf der Gehaltsliste ganz unten. Nicht nur die Studienrichtung, auch der akademische Grad wirken sich auf das Gehalt aus.
So ein Doktortitel lohnt sich einfach:
Unternehmen mögen Absolventen mit einem höheren akademischen Abschluss und honorieren die Arbeit.
... verdient, wer promoviert hat im ersten Jahr des Berufslebens.
Bachelor-Absolventen liegen da weit zurück:
... machen sie in ihrem ersten Jahr.
Dafür sind die Bachelor-Absolventen viel jünger als ihre promovierten Kollegen - nur nicht neidisch werden!
Wer wegen eines Master-Abschlusses länger büffelt, hat's gut:
... kassieren Absolventen mit Master.
Damit verdienen sie aber nur unwesentlich mehr als ihre Bachelor-Kollegen. Ob sich der Master also finanziell lohnt, muss letztlich jeder selbst wissen. Wer seine Fachrichtung schon gefunden hat, aber noch nicht weiß, in welche Richtung er später beruflich gehen will, für den hat die Kienbaum-Studie auch ein paar Zahlen parat.
Wo arbeitet es sich lukrativsten?
Die Branche kann, unabhängig vom Abschluss selbst, entscheidend sein für das Einstiegsgehalt.
In der Beratung lässt sich am meisten abgreifen:
... winken als Einstiegsgehalt.
Oft haben Berater Jura oder Wirtschaftswissenschaften studiert - aber auch als Informatiker oder gar Germanist kann man dort unterkommen.
Auch Wirtschaftsprüfer können nicht meckern.
... gibt es für die harte Arbeit allein im ersten Jahr.
Wer im Handel tätig ist, verdient schlecht:
... bekommt ein Absolvent im Schnitt als Einstiegsgehalt.
Ein Informatiker oder Wirtschaftswissenschaftler sollte sich also genau überlegen, ob er im Handel tätig sein will - finanziell ist das Einstiegsgehalt überschaubar.
Die Kreativen in der Medienbranche haben am Jahresende ...
... verdient als Einstiegsgehalt und arbeiten in der am schlechtesten zahlenden Branche.
Eine dritte Entscheidungshilfe gibt die Kienbaum-Studie außerdem: Wer als Einstiegsgehalt zu wenig bekommt, kann ja immer noch auswandern. Zum Beispiel....
... in die Schweiz?
... gibt es im ersten Jahr nach Abschlusszu verdienen.
Allerdings sind auch die Lebenshaltungskosten deutlich höher - insofern nivelliert sich der Gehaltsvorteil schon wieder.
Solange man nicht nach Österreich geht. Nur.
... gibt es im Nachbarland im Schnitt.
Gehaltstechnisch sind Jungakademiker dort also nicht sonderlich gut bedient. Das wäre aber auch der einzige Grund, dort nicht hinzuziehen.