IT-Kennzahlen

Jeder fünfte Euro der IT-Kosten fließt in ein Projekt

15.04.2010 von Rolf Röwekamp und Simone  Rudolph
Der IITBA-Datenbank zufolge beträgt der Anteil der Projekte an den IT-Gesamtkosten durchschnittlich 22,2 Prozent. IT-Leiter Jörg Fritsche von der SV Sparkassenversicherung hat deswegen "Quality Gates", die den Projektfortschritt kontinuierlich bewerten. Die Nutzenbeitragsmessung erfolgt in vier Schritten.
Laut IITBA-Datenbank beträgt der Anteil der Projekte an den IT-Gesamtkosten durchschnittlich 22,2 Prozent.

Der IT-Abteilung kommt eine immer stärker beratende Funktion zu. Das zeigt sich zum Beispiel in der Durchführung von Projekten. Denn oftmals sind die Fachbereiche in den ersten Phasen eines IT-Projektes nicht in der Lage, ihren Unterstützungsbedarf klar zu formulieren. Das gemeinsam zu erarbeiten ist eine zentrale Aufgabe der IT-Abteilung. Laut IITBA-Datenbank beträgt der Anteil der Projekte an den IT-Gesamtkosten durchschnittlich 22,2 Prozent.

Im Klartext heißt das: Jeder fünfte Euro der IT-Kosten fließt in ein Projekt. Das ist im Ganzen betrachtet nicht wenig, sodass eine genauere Betrachtung von projektbezogenen Kennzahlen lohnt. Dabei sollte das Augenmerk jedoch nicht ausschließlich auf der Ermittlung von Projektkosten liegen, sondern verstärkt qualitative Aspekte einbeziehen.

Jörg Fritsche, Leiter IT-Steuerung, bei der Sparkassenversicherung: "Bei der Termintreue würde ich am ehesten Abstriche machen. Projekte mit einer geringeren Priorität können auch mal zeitlich gestreckt werden."

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat Jörg Fritsche von der SV Sparkassenversicherung bereits getan. Als Hauptabteilungsleiter für IT-Steuerung besteht die wichtigste Aufgabe seines erst neu geschaffenen Bereichs darin, als zentrale Schnittstelle zwischen IT und Fachbereichen zu fungieren. "Damit soll der Link zwischen Business und IT stärker fokussiert werden. Die Beauftragung der IT soll eine andere Qualität bekommen, weg vom reinen Auftragswesen", meint Fritsche.

Quality Gates für Projekte

Die SV bündelt das Versicherungsangebot der Sparkassenorganisationen in Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und Teilen von Rheinland-Pfalz. Die Beitragseinnahmen der SV aus über 7,8 Millionen Verträgen belaufen sich auf rund 2,8 Milliarden Euro. Die Kapitalanlagen summieren sich auf mehr als 19,3 Milliarden Euro. Die SV ist damit die Nummer drei unter den öffentlichen Versicherern.

Als eine der ersten Maßnahmen wurden deshalb sogenannte Quality Gates für Projekte und größere IT-Aufträge eingerichtet, die den Projektfortschritt kontinuierlich bewerten. Vor Projektbeginn wird neben Zielwerten zu klassischen Projektkostenkennzahlen vor allem der erwartete Nutzenbeitrag zur strategischen Unternehmensentwicklung erfasst.

Im Projektverlauf sind es vornehmlich operative Kennzahlen, beispielsweise zur Einhaltung von Programmierrichtlinien, Termin-, Qualitäts- und Kostentreue. Am Projektende wird dann der tatsächlich erreichte Nutzen in einer ganzheitlichen Betrachtung gemessen. Dabei gilt laut Fritsche meist die Faustregel: "Je größer der (erwartete) strategische Nutzen und die Kosten eines Projektes sind, desto genauer wird geschaut." Besetzt werden die Quality Gates mit einem Mitarbeiter-Mix aus IT-Steuerung, Betriebsorganisation, beteiligten Fachbereichen und IT.

Nicht alles ist gleich ein Projekt

Mit der Messung des Nutzenbeitrags aus Projekten wird die Absicht verfolgt, die Wahrnehmung der IT-Abteilung als reinen Kostenfaktor in den Augen der Fachbereiche nachhaltig zu ändern. Das hat jedoch Konsequenzen. Zunächst muss es eine allgemein akzeptierte Abgrenzung geben, ab welchem Leistungsumfang eine Aufgabe als Projekt deklariert wird. Denn nicht jede kleinere Applikationsanpassung muss auch ein eigenes Projekt sein. Anschließend sind messbare Ziele und Meilensteine zu definieren, die am Projektende abgeglichen werden.

Fritsche gliedert die Nutzenbeitragsmessung in vier Schritte: In den ersten beiden Schritten werden die strategischen Unternehmensvorgaben quantifiziert, und es erfolgt die Zuordnung, welche Projekte diese strategischen Vorgaben umsetzen sollen. Die Erreichung dieser Vorgaben wird in den nachfolgenden Schritten drei und vier auf den Ebenen "direkter Projekterfolg" und "Beitrag zur strategischen Unternehmensentwicklung" gemessen.

Dennoch ist die Erfolgsmessung von Projekten in der Praxis häufig noch mit vielen Schwierigkeiten verbunden, wie Professor Gerold Riempp vom Institute of Research on Information Systems der European Business School anmerkt, vor allem weil Projekte im Rahmen der rollenden Planung häufig in den Punkten Qualität, Zeit und Budget angepasst werden müssen.

Für Fritsche spielt die Einhaltung der Budget- und Qualitätsziele dabei die Hauptrolle. "Bei der Termintreue würde ich am ehesten Abstriche machen. Projekte mit einer geringeren Priorität können auch mal im zeitlichen Verlauf gestreckt werden, um die damit frei werdenden Kapazitäten für andere Aufgaben einsetzen zu können, die man zum Zeitpunkt der Planung noch nicht auf dem Radar hatte."

Die Kennzahlen der IITBA-Datenbank

Die Kennzahlen der IITBA-Datenbank zeigen ein ähnliches Bild. Mit durchschnittlich 42 Prozent ist die Budgettreue in Projekten am wichtigsten, gefolgt von der Termintreue (39 Prozent) und der Qualitätstreue (38 Prozent).

Im Zuge der Nutzenbeitragsdiskussion von Projekten sieht Professor Helmut Krcmar, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität München, vor allem in der Durchführung von IT-Innovationsprojekten eine hervorragende Möglichkeit, die strategische Rolle der IT im "Enable-Align-Prozess" klar herauszustellen.

Laut IITBA-Datenbank sind 30 Prozent der Projekte strategischer Natur. Obwohl der Stellenwert der Durchführung derartiger Projekte für einzelne Branchen unterschiedlich hoch ausfallen mag, erscheint der Wert doch bereits ganz passabel. Fritsche bezeichnet sie gar als eine Top-Kennzahl für seine Branche, in der die IT als zentraler Produktionsfaktor gilt, und arbeitet bereits an ihrer weiteren Optimierung: "Durch eine Senkung der Betriebskosten wollen wir künftig den Anteil an Innovationsprojekten erhöhen, um verstärkt in Strategie und Zukunft investieren zu können."