Stress im Arbeitsleben

Kaum Stress durch Smartphone oder Social Media

12.07.2020 von Alexandra Mesmer
Ständig erreichbar dank Smartphone, Multitasking statt konzentriertem Arbeiten - auch unter solchen Umständen fühlen sich vor allem jüngere Nutzer am Arbeitsplatz nicht so belastet, wie eine Studie zeigt.
Wer regelmäßig mehrere Dinge auf unterschiedlichen Geräten gleichzeitig erledigt, kann sich nicht mehr so gut konzentrieren und wird unzufriedener.
Foto: Artie Medvedev - shutterstock.com

Den Umgang mit digitalen Medien am Arbeitsplatz empfinden die meisten subjektiv nicht als Stress, zu dem Ergebnis kommt eine Lünendonk-Studie. Die Marktforscher aus dem Allgäu haben zusammen mit der als "Dr. Stress" bekannten Ärztin und Unternehmensberaterin Sabine Schonert-Hirz rund 600 Berufstätigen in Deutschland befragt, wie sie digitale Medien am Arbeitsplatz nutzen.

Smartphone bringt Freude und Stress

"Unsere Studie zeigt, dass wir es in allen Alters- und Berufsgruppen mit selbstverantwortlichen Nutzern digitaler Medien zu tun haben, die jedoch Informationen über deren versteckte Stresspotentiale und Unterstützung bei der Entwicklung individueller Strategien des Umgangs mit diesen Medien brauchen," analysiert Sabine Schonert-Hirz. Thomas Lünendonk, Senior Advisor von Lünendonk & Hossenfelder, ergänzt: "Tablet und Smartphone machen Menschen Freude, lösen gleichwohl Stress aus. Wir gehen professionell mit der jungen Technik um, aber noch nicht professionell mit den Folgen für unsere körperliche und mentale Belastung."

Vor allem die Jüngeren empfinden kaum Stress durch die Nutzung von Social Media, auch Multitasking, also mehrere Aktivitäten gleichzeitig, entweder auf einem oder auf mehreren Geräten zu erledigen, scheint für sie üblich zu sein. 42 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und 40 Prozent der 30- bis 39-Jährigen praktizieren es ständig und oft. Ab dem Alter von 50 Jahren sinkt dieser Anteil ganz rapide. Über 80 Prozent der über 50-Jährigen geben an, selten oder nie Multitasking zu praktizieren.

"Zur gravierenden Belastung kommt es, wenn Multitasking gewohnheitsmäßig ausgeführt wird. Dann macht es unzufrieden, fördert Konzentrationsstörungen, steigert die Stressbelastung und kann sogar massive Schlafstörungen hervorrufen. Deshalb sind auch hier Aufklärung und ein systematisches Konzentrationstraining die angezeigten Maßnahmen", erläutert Medizinerin Schonert-Hirz.

Die Hälfte der Befragten fühlt sich durch Social Media kaum bis gar nicht gestresst. Noch weniger Stress empfinden die Befragten beim Smartphone, E-Mail, dem Internet und dem Tablet. Je stärker die von dem Medium selbst ausgelöste Aufforderung zur Beachtung neu eingegangener Informationen ist, desto größer scheint die empfundene Stressbelastung zu sein.

Selbstkontrolle statt digitaler Null-Diät

"Dass es zu negativen Auswirkungen kommen kann, wird nur ganz vereinzelt wahrgenommen, wenn es zu einer massiven Überbelastung, Schlafstörungen oder gar einer Abhängigkeitsentwicklung gekommen ist. Dass das bereits bei 5 bis 7 Prozent der Jugendlichen diagnostiziert werden kann, ist ein wichtiges Warnsignal", erläutern die Studienautoren.

Auch wenn sich nur eine Minderheit mittelmäßig bis stark gestresst fühlt, sei das ein deutliches Signal an die Gesundheitsbeauftragten der Unternehmen, hier für Entlastung und Abhilfe zu sorgen. Sie sollten jüngere Mitarbeiter über die neurobiologischen Vorgänge bei der Entstehung von digitalem Stress informieren und sie für die Anzeichen sensibilisieren.

In den Augen der Befragten ist Selbstdisziplin das häufigste Mittel, um sich gegen digitalen Stress durch digitale Endgeräte und Kommunikationsmittel zu wehren. Das klappt aus medizinischer Sicht aber auch nicht ohne entsprechende Information und ein gut aufgebautes Training. "Selbstdisziplin ist an ein gutes Funktionieren bestimmter Hirnregionen gebunden. Ermüdung, Langeweile, Erschöpfung oder Unterzuckerung schwächen die Willenskraft und lassen ungünstige gewohnheitsmäßige Verhaltensmuster, wie zu viel Multitasking, immer wieder durchbrechen", so die Studienautoren.

Ein eigenes Zeitfenster zur Nutzung digitaler Medien oder strenge medienfreie Zeiten ("Digital Detox") werden nur von 13 Prozent der Befragten gewünscht. Unternehmensregeln und gesetzliche Vorgaben liegen mit 4 beziehungsweise 5 Prozent ganz weit hinten in der Präferenz der Berufstätigen.

9 Tipps gegen Stress
Treiben Sie Sport ...
... und ziehen Sie Yoga und weitere Meditationsübungen in Betracht. Diese Übungen sind die besten Mittel gegen Stress und tragen dazu bei, Stressgefühle abzubauen. Ganz abgesehen vom gesundheitlichen Nutzen dienen die Trainings auch dazu, den Stress besser zu managen.
Lernen Sie gut zu atmen
Obwohl wir natürlich seit unserer Geburt atmen, wissen die meisten von uns nicht, wie man richtig atmet. Viele atmen in einer oberflächlichen Art und Weise - besonders in stressbetonten oder unruhigen Zeiten. Tiefes Atmen durch den Bauch kann zur inneren Ruhe beitragen. Und es hilft, in unbequemen und angespannten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren.
Bringen Sie ihre Mitarbeiter an einen Tisch, um über jetzige schwere Zeiten zu sprechen
Wer sich die Zeit nimmt um darüber zu sprechen, wie die vielen Veränderungen und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz die einzelnen Mitarbeiter bewegen, kann die Arbeitsmoral heben. Es ist ein Fehler zu glauben, Menschen seien nicht verängstigt und besorgt und der Arbeitsplatz sei davon nicht betroffen.
Fordern Sie zu positiven, lösungs-orientierten Antworten auf
Die Zeiten sind angespannt und schwierige Veränderungen in Organisationen sind die Regel. Daher sind Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Offenheit so wichtig. Heute ist es mehr als je zuvor entscheidend, eine positive Einstellung in der Belegschaft auszulösen. Stellen Sie Fragen, die zu Lösungen ermuntern wie "Was läuft heute gut, was sind unsere Stärken, wie möchten wir, dass dieses Unternehmen aussieht?"
Seien Sie mit den Gedanken und mit dem Herzen bei der Sache.
Leute arbeiten intensiver für das, woran sie glauben und was sie zur Schaffung beigetragen haben. Das ist ein entscheidender Punkt, der während einer tiefgreifenden Umgestaltung am Arbeitsplatz geprüft werden muss. Was das mögliche Ausmaß des Arbeitsplatz-Wandels betrifft, sollten Mitarbeiter frühzeitig in die Entwicklung einbezogen werden.
Lernen Sie Ihre eigenen Gefühle zu erkennen
Bücher, Gruppen, Familie und enge Freunde sowie Trainer können wichtige Quellen sein, um sich den eigenen Gefühlen bewusster zu werden. Auch kann man dadurch leichter lernen, mit diesen Gefühlen umzugehen, um sich über sein Verhalten im Klaren zu werden. Besonders sollte man darauf achten, wie man andere Menschen anspricht.
Geben Sie als Führungskraft ein gutes Beispiel
Was man tut oder lässt, hat direkten Einfluss darauf, was Mitarbeiter glauben, was akzeptabel ist. Seien Sie ein überzeugendes Beispiel dafür, dass ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben von Bedeutung ist. Essen Sie mit anderen zu Mittag und motivieren Sie Kollegen dazu mitzukommen. Auch Spaß und Lachen am Arbeitsplatz sind erwünscht, da dies Stress reduzierende Faktoren sind.
Nehmen Sie sich Zeit für gute Nachrichten
Wer sich immer nur auf das Negative konzentriert, tut weder seiner Gesundheit noch seiner Denkweise einen Gefallen. Und seien wir ehrlich: Der Anteil an positiven und erbaulichen Geschichten in den Nachrichten fällt eindeutig spärlich aus. Es ist extrem wichtig, sich so gut wie möglich von jeglichem Trübsal abzukapseln und wieder mit Leuten Kontakt aufnehmen bzw. Dinge zu tun, die Spaß machen.
Halten Sie sich von überflüssigen Dingen frei
Konzentrieren Sie sich auf den Kern Ihrer Arbeit. Jetzt ist Zeit, mit den Mitarbeitern Prioritäten zu setzen und sich darüber Gedanken zu machen, welche Projekte einen perfekten Lösungsansatz erfordern. Nicht jedes Projekt kann an oberster Stelle stehen. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten sind Brainstorming-Sitzungen wichtiger denn je.