Steuerung und Governance

Keine IT-Kooperation ohne die richtigen Strukturen

20.12.2007 von Alexander Galdy
Bei immer mehr Krankenkassen sind die Zeiten vorbei, in denen jede Kasse ihr eigenes IT-Süppchen kocht. Sie müssen handeln, heißt sparen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. IT-Kooperationen sollen die gewünschten Synergie-Effekte bringen. Aber ohne adäquate Steuerungs- und Governance-Strukturen geht es nicht. Nur mit diesen kann das volle Potenzial von Zusammenschlüssen ausgereizt werden. Zu diesem Ergebnis kommt das Beraterhaus Kienbaum Management Consultants, das mehrere solche Projekte begleitet hat.

Bei einer IT-Kooperation können verschiedene Ebenen der Zusammenarbeit und damit auch der Synergie-Schöpfung von den beteiligten Unternehmen angestrebt werden. Zum einen können Synergien durch Skalen-Effekte beim Betrieb von Infrastruktur und Anwendungen geschaffen werden. Eine Zusammenarbeit kann auch in der Anwendungsentwicklung und IT-nahen Aufgaben wie beispielsweise Test & Freigabe stattfinden. Oder die gemeinsame Zielsetzung erfolgt auch mit Blick auf zukunftsorientierte Aufgaben der IT wie zum Beispiel digitale Archivierung oder Business Intelligence.

Synergie-Potenziale ausschöpfen

Frank Keusch, Consultant im Bereich Information Management bei Kienbaum.

"Auf die Kooperation spezifisch angepasste Steuerungs- und Governance-Strukturen sind erforderlich, um neben der grundsätzlichen Ausrichtung der IT an der Unternehmens-Strategie auch die verschiedenen Synergie-Potenziale tatsächlich zu heben.", sagt Frank Keusch, Consultant im Bereich Information Management bei Kienbaum. Dabei spielen verschiedene Perspektiven eine entscheidende Rolle beim Aufbau einer IT-Kooperation.

Norbert Terglane, Director & Partner der Kienbaum Management Consultants.

Bei der Eigentümer-Perspektive kommt es aus Sicht der "Investoren" wie der Geschäftsführung oder den Vorständen der Partner vor allem auf das verfolgte Geschäftsmodell an - und damit auf die Unternehmens-Strategie der Kooperation. Es stellt sich die Frage, ob man zum Beispiel die IT-Kooperation mit dem Ziel der Kostenführerschaft aufstellen beziehungsweise primär eine Senkung der IT-Kosten erzielen will. "Aus Sicht der Eigentümer ist daher eine Steuerung der gemeinsamen Zielsetzung durchzuführen", so Norbert Terglane, Director & Partner der Kienbaum Management Consultants.

Der Gradmesser für einen langfristigen Erfolg jeder IT-Kooperation ist nach Erfahrung von Kienbaum jedoch eine übergreifende Kundenperspektive. Gelingt es hier nicht, so Terglane, die für die Synergie-Hebung erforderlichen Vereinheitlichungen zu erreichen, werden die angestrebten Potenziale nicht erzielt. Aus dieser Blickrichtung sind vor allem die übergreifenden Konsolidierungen und Standardisierungen voranzutreiben, um Skalen-Effekte, Auslastungserhöhungen oder Spezialisierungseffekte zu ermöglichen beziehungsweise zu forcieren.

Ein Beispiel sind hier die Kosten für den Betrieb der verschiedenen Fachanwendungen. Bei einer gemeinsamen Aufgabenerledigung sind Einsparungen von rund 20 Prozent durchaus realistisch. Dafür ist jedoch eine Vereinheitlichung der verschiedenen Software-Systeme erforderlich, da die Pflege von verschiedenen hausspezifischen Änderungen sehr aufwendig ist. "Diese Angleichung der Anwendungen und die Verabschiedung eines gemeinsamen Standards kann jedoch nur aus einer übergreifenden Kundensicht erfolgen", sagt Keusch.

Aus Sicht der Kunden, also den einzelnen Fachabteilungen der Kooperationspartner, sollte sich durch die IT-Kooperation möglichst wenig ändern - vor allem nicht zum Negativen. Aus übergeordneter Sicht ist es deshalb erforderlich, dass die synergierelevanten Themen und konkreten IT-Anforderungen auf eine übergreifende Ebene gehoben werden. Governance-Strukturen an der Nahtstelle zur IT-Kooperation müssen so ausgestaltet werden, dass mit Blick auf das gemeinsame Ziel ein Ausgleich der unterschiedlichen Perspektiven geschaffen wird. Gleichzeitig müssen die Entscheidungsprozesse unter Berücksichtigung der richtigen Personen stattfinden.

Bei all den Strukturen lebt die Funktionsfähigkeit der Governance vor allem davon, dass sich die Partner an die vereinbarten Spielregeln halten. Erfolg oder Misserfolg der ganzen Kooperation hängen von diesem Punkt ab. Aus Sicht von Terglane haben sich einige Faktoren als kritisch für den Erfolg der Kooperation herausgestellt. Dienen sie quasi als Leitplanke des Kooperationsprozesses und werden sie auch konsequent eingehalten, so ist bereits ein großer Schritt in Richtung erfolgreiche Umsetzung getan.

Großes Ganzes

Zur Gestaltung eines Top-Down-Prozesses bei der Ausgestaltung der Kooperation sollten die obersten Entscheidungsträger eine gemeinsame Zielsetzung fixieren. Ohne eine solide Basis, auf die man sich auch in schwierigen Zeiten rückbesinnen kann, wird es extrem schwierig bei den ersten kritischen Entscheidungen einen einheitlichen Kurs zu halten.

Gestaltung von Entscheidungsprozessen

Die Ausgestaltung von beispielsweise Konsolidierungsgremien sollte so lange wie möglich sachlich fundiert erfolgen und erst so spät wie möglich politisch geprägt sein. Die letztliche Berücksichtigung der politischen Situation ist dann, aber eben erst dann, für das Gelingen dieser Gremien wichtig, damit diese auch die entsprechende Akzeptanz beziehungsweise das notwendige Gewicht erhalten.

Ausgeglichenheit zwischen den Partnern

Im Rahmen von Kooperationen ist es durchaus üblich, die Größenverhältnisse in Form von Stimmrechten oder Finanzierungsanteilen proportional zu weiteren Kenngrößen wie eingebrachte Mitarbeiter oder Sachmittel abzubilden. Wenn die Größe der Partner allerdings stark variiert, ist es bei der Gestaltung des Kooperations- und Integrationsprozesses wichtig, dass dies die kleineren Partner nicht permanent spüren. Umso mehr sollten auch die Ziele und Ideen von eventuell sehr viel kleineren Kooperationspartnern adäquat berücksichtigt werden.