Keine Fixkosten mehr

Keiper bezahlt SAP nur noch nach Verbrauch

23.03.2011 von Holger Eriksdotter
Der Automobilzulieferer Keiper hat jetzt sein Shared-Service-Modell mit fester Mindestabnahme auf ein lupenreines Pay-per-Use umgestellt. 40 Prozent des IT-Budgets sind variable Kosten.
"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir mit unserer internen IT-Organisation den SAP-Betrieb nicht zu dem am Markt angebotenen Preisen liefern können", sagt Keiper-Geschäftsführer Georg Kellinghusen.
Foto: Keiper

Es geht um die Variabilisierung von IT-Kosten, flexible Leistungsverrechnung, wirtschaftliche Vernunft - und ist dennoch auch eine Lehre aus der Wirtschaftskrise: Wie bei allen Automobilzulieferern brach der Umsatz bei Keiper während der Wirtschaftskrise zweistellig ein, es gab Kurzarbeit in allen Bereichen. Die Folge: Auch die Auslastung des SAP-Systems sank merklich. „Während der Wirtschaftskrise konnten wir die vereinbarte Mindestabnahmemenge vielfach nicht ausschöpfen“, blickt Fred Höwener, Leiter IT-Operations bei Keiper, zurück.

Auch das war ein Grund für den Hersteller von Autositzkomponenten, sein Abrechnungsverfahren zu überdenken und auf ein rein verbrauchsabhängiges Modell umzustellen. War in den Zeiten jährlich steigender Umsätze ein Verfahren mit vereinbarter Mindestabnahme von SAP Systemleistungen die Grundlage für die Abrechnung mit dem Dienstleister HP, ist an dessen Stelle jetzt ein reines Pay-per-Use getreten – ohne Mindestbetrag und Fixkosten.

Schon 1995 hat Keiper seine SAP-Infrastruktur an einen Hoster ausgelagert. Seit 2002 bezieht das Unternehmen vom Dienstleister HP SAP-Services auf Basis der "HP Utility Services for SAP" eines verbrauchsabhängigen Abrechnungs- und Betriebsmodells, und rechnete diese nach der SAP-Systemleistung (gemessen in SAPs- SAP Application Performance Standard) und dem genutzten Speichervolumen ab.

Kein Investitionsrisiko und keine Kapitalbindung

Von Anfang an hatte sich Keiper aus Kostengründen für einen Shared-Service-Ansatz entschieden: Die SAP-Anwendungen im Rechenzentrum von HP laufen nicht auf dedizierter Hardware, sondern teilen sich diese mit anderen HP-Kunden. „Der Bezug des SAP-Betriebs als HP Utility Service bietet uns eine IT-Lösung, die jeden Expansionskurs problemlos mitmacht“, sagt Georg Kellinghusen, der bei Keiper als Geschäftsführer die Bereiche Finance & Controlling, IT und Global Human Resources verantwortet. Wir können ausländische Niederlassungen schnell an das Hosting Center anbinden und bezahlen nur für die IT-Ressourcen, die wir auch benötigen. Es besteht kein Investitionsrisiko, und die Kapitalbindung entfällt.“

Der Automobilzulieferer Keiper mit Hauptsitz in Kaiserslautern ist mit mehr als 6000 Mitarbeitern in elf Ländern einer der weltweit führenden Entwickler und Hersteller von Komponenten und Strukturen für Fahrzeugsitze.
Foto: Keiper

Das neue Bezahlverfahren reagiert nicht nur flexibel auf steigenden Verbrauch, sondern legt jetzt auch keine Untergrenze mehr fest: Die Kosten für den SAP-Betrieb skalieren tatsächlich parallel zu Auftragslage und Umsatz nach oben und unten. „Genauso wie für den Strom bezahlen wir jetzt nur für die tatsächlich in Anspruch genommene Leistung. Damit können wir unsere IT-Kosten weiter variabilisieren“, sagt Höwener. 40 Prozent von Keipers IT-Budget entfallen bereits auf variable Kosten.

SAP-Kosten richten sich nach SAP-Nutzer und Speichervolumen

Auf fünf Jahre Laufzeit ist der Vertrag ausgelegt. Weil Keiper davon ausgeht, dass die Zahl der SAP-Nutzer in den nächsten Jahren relativ konstant bei 1600 liegen wird, entschied sich das Unternehmen bei der Vertragsverlängerung für eine Änderung der Abrechnungsparameter: Die monatlichen Kosten für den SAP-Betrieb richten sich jetzt nach der Zahl der SAP-Nutzer und nach dem genutzten Speichervolumen. Den „Verbrauch“ der beiden Leistungseinheiten liest HP jeweils an einem Stichtag ab, dieser Wert ist die Grundlage für die Abrechnung.

Die regelmäßig Überprüfung und Priorisierung sämtliche IT-Produkte, von der Hardware bis zu prozessunterstützenden Anwendungen hinsichtlich ihrer strategischen Bedeutung für das Unternehmen, ist bei Keiper wesentlicher Bestandteil der IT-Strategie. „Wir kennen in der IT jeden Euro. Wir wissen genau, was uns welche intern erbrachte Leistung kostet – und haben damit die kalkulatorische Grundlage für jede Art von Make-or-Buy-Entscheidung“, sagt Geschäftsführer Kellinghusen. „So sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die SAP-Infrastruktur von einem externen Dienstleister betrieben werden soll, weil wir mit unserer internen IT-Organisation den SAP-Betrieb nicht zu dem am Markt angebotenen Preisen liefern können.“

Das Applikations-Management bleibt im Haus

Dabei ist lediglich der Betrieb der Infrastruktur - Hardware, Betriebssysteme und Datenbanken – in das HP-Rechenzentrum ausgelagert. Um die SAP-Anwendungen jederzeit an veränderte geschäftliche Anforderungen anpassen zu können, liegt das Applikations-Management nach wie vor in den Händen des Automobilzulieferers; Anwendungen, Updates, Erweiterungen und Customizing der weltweiten SAP-Infrastruktur erledigen die IT-Mitarbeiter bei Keiper selbst.

Die Schnittstelle zum Service-Provider HP bildet ein web-basiertes, automatisiertes System, das die interne Abwicklung samt aller erforderlichen Abläufe bei HP steuert. Mit seiner monatlichen Rechnung erhält Keiper auch einen Bericht über die verbrauchte Ressourcen sowie die Einhaltung der insgesamt zwölf vereinbarten Service Level Agreements (SLAs).

„Wenn HP die SLAs erfüllt, läuft unser System und wir haben keine Probleme“, so Höwener. „In der IT tendiert man dazu, mit dem Anbieter über Details wie Hardware zu diskutieren. Wer hier aber auf eigenen Vorstellungen beharrt, macht es nur teuer.“ Bei Störungen im SAP-Betrieb recherchiert der Keiper IT Service Desk, ob es sich um ein Problem auf Anwendungs- oder Infrastrukturseite handelt. Wenn letzteres der Fall ist, werden die Störungen über das elektronische System ebenfalls über standardisierte Eingabemasken an HP weitergeleitet.

Oracle-Datenbank 11 soll SAP-Kosten weiter senken

Monatlich steht die Abstimmung zwischen Keiper und HP über abgelaufene und künftige Aktivitäten auf der Agenda. In nächster Zeit etwa steht die Migration der Oracle-Datenbank von Version 10 auf Version 11 im HP-Rechenzentrum auf dem Programm. Die Lizenzen dafür hat der Automobilzulieferer einst gemeinsam mit den SAP-Lizenzen erworben. Die Umstellung soll sich auch direkt auf die Abrechnung auswirken: „Laut Anbieter soll die neue Datenbank die Komprimierung von Daten ermöglichen. Dadurch benötigen wir dann voraussichtlich auch weniger Speicherplatz für die SAP-Daten“, sagt Höwener.

Ein weiteres Projekt befindet sich noch im Planungsstadium: Der chinesischen Keiper-Produktionsstandort in Quingpu in der Nähe von Shanghai soll an das im deutschen HP-Rechenzentrum betriebene SAP-System angeschlossen werden. Sicher ist: Keiper muss sich weder um die IT-Infrastruktur noch um eigenen Betriebspersonal kümmern – und der Kostenrahmen steht auch schon fest.

Der Automobilzulieferer Keiper GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Kaiserslautern ist als Entwickler und Hersteller von Komponenten und Strukturen für Fahrzeugsitze sowie Anbieter von Entwicklungsdienstleistungen weltweit tätig. Das Unternehmen beschäftigt rund 6000 Mitarbeiter in elf Ländern. Nach einem Umsatz von 610 Millionen. Euro im Jahre 2009 rechnet Keiper für 2010 mit einem Jahresumsatz von etwa 770 Millionen Euro.