Apps von VW und Audi

Killer Apps für iPhone, iPad & Co.

16.08.2011 von Thomas Pelkmann
45 Prozent der Smartphone-User kaufen sich pro Woche mindestens eine App. Doch ihr Erfolg sich nicht vorhersagen. Eine Deloitte-Studie beleuchtet den App-Markt.
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Gerade einmal ein Prozentchen der verfügbaren Apps für mobile Geräte sind weltweit mehr als eine Million Mal heruntergeladen worden. Nur 20 Prozent haben überhaupt eine ausreichend kritische Masse erreicht, um von der Deloittes-Analyse "Killer Apps - Appearance isn’t anything" erfasst zu werden. Zudem bewegen sich die Anwender von Smartphones und Tablet-PCs nach anfänglicher Euphorie über neue Geräteklassen und Typen von Anwendungen zunehmend reifer und kritischer im Markt. Heißt: Sie kaufen nicht mehr alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Dennoch ist der Appetit ungestillt, meint Deloitte: Immerhin 45 Prozent der Smartphone-User kaufen sich pro Woche mindestens eine neue App.

Zu den wichtigsten Anforderungen an mobile Anwendungen gehören den Analysten zufolge: Unterstützung der Mobilität (81 Prozent), Nutzung der speziellen Sensoren (wie Beschleunigungsmesser und Lagesensoren, 77 Prozent), intelligente Nutzung der Touchscreen-Funktionen und Verwendung von Location-Based Services (je 61 Prozent) sowie Verwendung der Kamerafunktionen (59 Prozent).

Verkaufszahlen von Smartphones und Tablet-PCs explodieren

Smartphones und Tablet-PCs werden immer häufiger verkauft, Notebooks und Desktop-PCs immer weniger.
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Die Verkaufszahlen bei Smartphones und Tablets explodieren, während die Durchschnittspreise für einzelne Geräte in den Keller gehen. Wurden laut Deloitte 2009 weltweit noch 170 Millionen Smartphones für einen Durchschnittspreis von 200 US-Dollar verkauft, werden es den Schätzungen zufolge 2014 schon 700 Millionen Geräte mit einem Durchschnittspreis von dann nur noch 150 US-Dollar sein.

Bei den Tablets sind die Zahlen noch deutlicher: 2009 wurden eine Million Tablets verkauft (also noch vor Einführung des iPad). Durchschnittspreis damals: 2.000 US-Dollar. Im Jahr 2014 werden es voraussichtlich 70 Millionen Geräte mit einem Durchschnittspreis von nur noch 400 US-Dollar sein. Aus einem 2-Milliarden-Markt wird dann ein 28-Milliarden-Markt geworden sein. Die Raten bei Notebooks und Desktop-PCs werden dabei wohl fallen: Von 162 auf 150 Millionen bei tragbaren und von 137 auf 125 Millionen Tischrechner.

Steil nach oben entwickeln sich die Verkaufszahlen von Apps für unterschiedliche Plattformen.
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Eine der wichtigsten Gründe für das Wachstum, so Deloitte, sei das rapide Wachstum bei den Apps für mobile Endgeräte. Zu dem Zeitpunkt, als die Studie entstand, also etwa Anfang des Jahres, seien im Apple iTunes-Store 350.000 Apps verfügbar gewesen. Für Android-Geräte habe die Zahl damals bei rund 200.000 gelegen.

Irgendeine App zu machen reicht nicht

Schon angesichts der schieren Masse an Anwendungen wird deutlich, dass es längst nicht mehr reicht, irgend eine App auf den Markt zu bringen. Jetzt, heißt es bei Deloitte, müssen Unternehmen Nutzwert bieten, um mit Apps erfolgreiches Marketing für die eigenen Produkte und Dienstleistungen betreiben zu können. Wer das nicht könne, so die Analysten kurz und bündig, solle lieber bei seiner Webseite bleiben. Denn ansonsten riskiere man mit einer dennoch teuer programmierten Anwendung schwache Download-Zahlen und schlechte Bewertungen und schade damit seiner Marke eher, als dass man ihr nutzt.

Was Apps nach Meinung der Anwender können müssen.
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Erfolgreiche Marken-Apps fallen laut Deloitte in zwei Kategorien: die Zeitvertreiber und die Nutzbringer. Spiele sind auch im kommerziellen Markt von Apps schon die wichtigste Download-Kategorie für mobile Geräte. So hat der Hersteller von Sport- und Action-Spielen, Electronic Arts, erst kürzlich erklärt, dass iPad und iPad 2 für das Unternehmen die am schnellsten wachsenden Plattformen seien.

Fahrsimulations-Apps von VW und Audi erfolgreich

Diesen Boom bei Spielen mit Gestensteuerung können sich Unternehmen zunutze machen, müssen aber dabei echten Spielespaß bieten. Analysen von Deloitte haben ergeben, dass gerade einmal zwei bekannte Marken es geschafft haben, dieser Anforderung gerecht zu werden: VW und Audi bieten fürs iPhone Fahrsimulations-Apps an, die tatsächlich aufgrund ihrer Güte eine nennenswerte Download-Basis gefunden haben.

Aber auch dieser Erfolg ist nicht mehr ohne weiteres wiederholbar, denn der Markt rund um ein junges Publikum ist in stetem Wandel. Wo es früher nur wenige ähnliche Anwendungen gab, teilen sich Firmen nun die Kunden mit professionellen Anbietern.

So hat allein die Firma Firemint für die Entwicklung ihres "Real Racing 2" geschätzte zwei Millionen US-Dollar ausgegeben und damit weit mehr, als die durchschnittlich genannten 100.000 US-Dollar, die das Entwickeln einer App gemeinhin kostet.

Utility-Apps - Anwendungen mit Nutzwert

In dem Maße, in dem es schwieriger wird, Spiele als Möglichkeit für Marketing einzusetzen, wächst eine andere Option heran: Utility Apps, also Anwendungen mit Nutzwert. Deloitte zitiert in seiner Studie den "Kraft iFood Assistenten", der immerhin bereits eine Nutzerbasis von rund einer halben Million Anwender hat. Der Ernährungsassistent bietet nach Zutaten und Zubereitungszeiten geordnete Rezepte sowie passende Einkaufslisten und Zubereitungsvideos an.

Stärken der Geräte ausnutzen

Aus der Sicht von Deloitte ist das Kraft-Futter für Smartphones deswegen erfolgreich, weil es gleich mehrere Erfolgsrezepte berücksichtigt.

Gerade der letzte Punkt sei sehr wichtig, insistiert Deloitte, weil Nutzer über solche spezifischen Funktionen eine besondere "User Experience" mit den Geräten hätten. Also solle man nicht unterschätzen, welchen Wert GPS, Accelerometer, Lagesensoren, Mikrophone, Kameras und Touchscreens für das Markenbewusstsein der Konsumenten haben können. Wer seine Angebote nicht mit diesem Mehrwert an Funktionen verbinde, sollte es ganz lassen und lieber seine Webseite ausbauen.

Das App-Store-Rating-Spiel mitspielen

Eine gute App ist noch kein Kundengewinn. In einem zunehmend unübersichtlichen Markt ist es immer schwieriger, wahrgenommen und gefunden zu werden. Wie beim Suchmaschinenmarketing im Web ist es auch hier wichtig, bei Anfragen schnell gefunden zu werden, also in den einschlägigen Toplisten ganz oben aufzutauchen. Dafür benötigt es ein eigenes App-Marketing inklusive Schlüsselbegriffen im Anwendungsnamen und positiven Bewertungen durch die Anwender.

Ähnlich wie bei Google hängt die Popularität eben auch nicht nur an den passenden Suchbegriffen, sondern auch an den Urteilen der Nutzer. Apple verbietet die direkte Firmen-Promotion von Apps im Appstore, so dass die Nutzerbewertungen sogar damit noch wichtiger werden. Daher sollte man Nutzer direkt ermuntern und eventuell sogar dafür belohnen, Rezensionen zu verfassen.

Für die passende Plattform entwickeln

Schließlich ist von Bedeutung, für welche Plattform man seine App entwickelt. Zumindest für den Moment scheint die Antwort klar zu sein: für Apple, weil es die mit Abstand populärste Plattform ist.

Auf mittelfristige Sicht wird Android aber allen Vorhersagen zufolge iOS überholen. Durch die Tatsache, dass auch Microsoft und Nokia (Windows Mobile), sowie RIM mit dem Blackberry und HP mit WebOS im Wettbewerb mitmischen, wird die Entscheidung nicht leichter.

Wer ein iPhone nutzt.
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Dennoch sollte die Entscheidung sorgfältig durchdacht sein, weil die Synergien für die Entwicklung, die die unterschiedlichen Plattformen bieten, nur sehr gering sind, schreibt Deloitte. In Euro und Cent heißt das: Kostet die Entwicklung einer App für eine Plattform 100.000 Euro, fallen bei der Entwicklung einer Anwendung für zwei Betriebssysteme nach Schätzung der Analysten 160.000 Euro an.

Channel-Marketing auch für Apps nötig

Insofern ist es wichtig, eine App für einen bestimmten Channel genauso zu behandeln wie bestimmte Produkte eines Unternehmens oder wie vergleichbare Marketingmaßnahmen mit Unterschieden bei TV-, Print- oder Direktwerbung. So identifiziert Deloitte zum Beispiel das iPhone als Gerät für "White Collar"-Nutzer, die mit sauberem Hemdkragen auf irgendwelchen Flughäfen herumsitzen. Wer andere Zielgruppen ansprechen möchte, sollte unter Umständen besser auf Android- oder im Dauereinsatz gestählte Windows-Mobiles setzen.