Social Media und Privat-IT

Kluft zwischen CIOs und Anwendern

19.09.2011 von Werner Kurzlechner
IT-Verantwortliche scheinen wenig darüber zu wissen, wie Mitarbeiter private Geräte und Social Media nutzen. Das zeigt eine IDC-Studie im Auftrag von Unisys.

Europäische und auch deutsche Arbeitnehmer setzen zu Arbeitszwecken immer öfter private mobile Endgeräte ein und nutzen Social Media-Applikationen. Eine neue Studie von IDC im Auftrag des IT-Dienstleisters Unisys bestätigt also den viel diskutierten Trend der Konsumerisierung der IT. Bedenklich erscheint allerdings, dass IT-Verantwortliche das Phänomen bisher nicht in seiner ganzen Dimension erfassen. Die Studie offenbart eine bemerkenswerte Kluft: So sagen beispielsweise 73 Prozent der in Europa befragten iWorker, dass sie ihr privates Smartphone auch zur Arbeit nutzen. Aber nur 31 Prozent der IT-Executives gehen von diesem Umstand aus.

Was genau lässt sich mit Social Media anfangen? Die Meinungen zwischen Mitarbeitern und Entscheidern liegen zum Teil auseinander, wie die Grafik zeigt.
Foto: Unisys

Kaum besser lesen sich andere auseinander driftende Ergebnisse. 12 Prozent der Arbeitnehmer verwenden nach eigenen Angaben ihren persönlichen Tablet-PC dienstlich. Aber nur 7 Prozent der IT-Verantwortlichen wissen von einer Tablet-Nutzung seitens ihrer Kollegen.

Auch im Punkt Social Media-Einsatz gehen die Antworten der Arbeitnehmer und der IT-Verantwortlichen erheblich auseinander: 41 Prozent der iWorker in Europa (43 Prozent in Deutschland) setzen soziale Netzwerke und Communities wie Twitter, LinkedIn und Facebook in der Kundenkommunikation ein, davon gehen aber nur 30 Prozent der IT-Verantwortlichen Europas (35 Prozent in Deutschland) aus. Außerdem nutzen 34 Prozent der europäischen iWorker diese Tools für die Kommunikation untereinander, das glauben aber nur 16 Prozent der IT-Manager.

Nach Einschätzung von Rudolf Kühn, Geschäftsführer der Unisys Outsourcing Services GmbH, tun die Unternehmen noch zu wenig für die Unterstützung von Consumer-Technologien am Arbeitsplatz. „Das würde letztlich die Produktivität der Mitarbeiter und den Service am Kunden verbessern“, so Kühn. „Je länger die IT-Abteilungen brauchen, bis sie hier handeln, desto weniger können sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Konsumerisierung der IT in einen Wettbewerbsvorteil für ihr Unternehmen zu verwandeln.“

Die Studie liefert insgesamt aufschlussreiche Einblicke in derzeitige Entwicklungen – insbesondere deshalb, weil neben 1334 Arbeitnehmern in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden auch 264 IT-Entscheider in diesen Ländern befragt wurden. Für Deutschland liegt eine separate Auswertung vor. Hierzulande wurden 331 End-User und 65 IT-Chefs befragt. Darüber hinaus wurde die Studie auch in weiteren Ländern auf anderen Kontinenten durchgeführt. Weltweit bringen mittlerweile 40 Prozent der Mitarbeiter persönliche Endgeräte in ihr Unternehmen ein. Vor einem Jahr waren es lediglich 30 Prozent.

44 Prozent nutzen Blogs und Wikis

Das tun Firmen im Schnitt für die mobile Sicherheit: ein Vergleich zwischen Deutschland und dem Rest der Welt.
Foto: Unisys

Social Media, Blogging und Microblogging werden in europäischen und deutschen Unternehmen immer wichtiger. Laut der Studie hat sich die Nutzung von Facebook und MySpace für Geschäftszwecke in den letzten 12 Monaten europaweit auf 16 Prozent mehr als verdoppelt. In Deutschland gab es hier einen Anstieg von 10 auf 21 Prozent. 44 Prozent der deutschen iWorker nutzen mittlerweile Blogs, Wikis, Foren und Message Boards im Job – ein deutlicher Zuwachs gegenüber lediglich 18 Prozent im Vorjahr und ein Wert, der klar über dem europäischen Durchschnitt von 35 Prozent liegt. Twitter und Microblogging ist jetzt für 8 Prozent der europäischen iWorker am Arbeitsplatz relevant, 2010 waren es noch 5 Prozent. In Deutschland blieb der Prozentsatz hier konstant bei 9 Prozent.

Das Notebook hat den Desktop-PC längst als wichtigstes Arbeitsgerät verdrängt. 52 Prozent der europäischen und 56 Prozent der deutschen iWorker (Vorjahr: 45 Prozent) setzen ihr Laptop hier auf Platz Eins. Nur jeweils knapp 30 Prozent bezeichnen noch ihren Desktop-PC als wichtigstes Arbeitsinstrument. Deutlich an Gewicht gewinnen in diesem Zusammenhang Tablet-Rechner. Immerhin 7 Prozent der deutschen Arbeitnehmer gehen davon, dass iPad und ähnliche Geräte im kommenden Jahr zu ihrem bevorzugten Arbeitsgerät aufsteigen. Vor einem Jahr dachten das nur 2 Prozent.

79 Prozent der deutschen IT-Verantwortlichen sehen die Arbeitsmoral positiv beeinflusst, wenn die Mitarbeiter ihre persönlichen Endgeräte auch für die Arbeit nutzen dürfen. Außerdem meinen 66 Prozent, dass sich ein „Bring Your Own Device“-Programm, bei dem Arbeitnehmer Geld vom Arbeitgeber zum Gerätekauf erhalten, positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivitätsziele auswirken.

Die Modernisierung der Unternehmensapplikationen für den Einsatz auf mobilen Endgeräten verläuft indes schleppend. Nur 13 Prozent der deutschen IT-Manager haben hier nach eigenen Angaben modernisiert. 72 Prozent haben auch nicht vor, dass im kommenden Jahr zu ändern.

Als Barriere beim Einsatz privater Endgeräte nennen 85 Prozent der hiesigen IT-Entscheider Sicherheitsbedenken. 48 Prozent fürchten, dass soziale Netzwerke Viren verbreiten könnten. Sogar mehr als die Hälfte der Befragten verweisen auf die unbewältigte Herausforderung, ein unternehmensweit einheitliches Regelwerk intern abzustimmen. Jedes dritte Unternehmen hierzulande sorgt sich zudem wegen einer möglichen Überlastung der Breitbandverbindung.

Kaum Tablet-Support

Erstaunlicherweise tun IT-Manager europaweit jetzt weniger für die Sicherheit mobiler Endgeräte als im vergangenen Jahr: Nur noch 45 statt 59 Prozent geben Social Media Guidelines heraus. 46 statt 52 Prozent setzen komplexe Passwörter ein. Der Wert für Single-Sign-Ons rutschte von 53 auf 49 Prozent ab.

„Es ist gefährlich, wenn die IT den Trend der Konsumerisierung ignoriert“, beklagt Nick McQuire, EMEA Research Director Mobile Enterprise Strategies bei IDC. Damit setze man sein Unternehmen dem Risiko aus, dass die Mitarbeiter ihre privaten Endgeräte ohne definierte Richtlinien und Prozesse einsetzen. „Die Verantwortlichen können hier nicht einfach den Kopf in den Sand stecken“, so McQuire.

Gänzlich untätig zeigen sich die deutschen Unternehmen indes nicht. So wird zum Teil mit Hochdruck an der Bereitstellung von zusätzlichem Support gearbeitet. In einem Jahr soll flächendeckend eine komplette Unterstützung für Windows-Smartphones erreicht sein (derzeit 71 Prozent). 92 Prozent der Firmen wollen dann Blackberry-Support anbieten (derzeit 74 Prozent). Leicht rückläufig entwickelt sich hingegen der Support für iPhones (etwa zwei Drittel), Android-Support wird es auch in einem Jahr nur in jedem zweiten Unternehmen geben. Support für das iPad bleibt mit 12 Prozent eine Ausnahme.

Die Studie „Consumerization of IT“ ist bei Unisys erhältlich.