Benchmarking

Konzerninternes IT-Benchmarking

22.03.2005
Seit 1999 sorgt die Gauselmann Gruppe aus Espelkamp mit ihrem selbst entwickelten IT-Benchmark-Modell R3F für mehr Transparenz und für eine sachlichere Diskussion über die IT-Kosten. Beim Gauselmann-Modell setzt sich die Kennzahl "Relative IT-Kosten" aus den IT-Arbeitsplatzkosten, der IT-Durchdringung und der Personalintensität zusammen.
Günter Steinau ist CIO der Gauselmann AG.
Foto: Gauselmann

Die betriebswirtschaftliche Theorie liefert eine Reihe von Werkzeugen für die Absicherung von Investitionsentscheidungen. Mit statischen oder dynamischen Methoden können wir die Vorteile eines einzelnen Vorhabens oder verschiedener Alternativen bewerten. Zumindest bei größeren Investitionen werden diese Methoden heute in vielen Unternehmen – so auch in unserem Konzern – angewandt. Dies gilt natürlich auch für Entscheidungen über neue IT-Lösungen.

Den zu erwartenden einmaligen und laufenden Kosten eines IT-Vorhabens können wir den entsprechenden quantitativen und qualitativen Nutzen gegenüberstellen. Auf der Basis einer möglichst vollständigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung trifft das Management seine Entscheidung. In der Phase der IT-Investitionsplanung arbeiten die Vertreter des Business- und des IT-Managements sehr eng und sehr konstruktiv zusammen; beide Bereiche verfolgen schließlich in der Regel dasselbe Ziel.

Die Situation verändert sich, wenn eine neue IT-Lösung Teil des laufenden IT-Betriebs wird. Die mit dem Betrieb verbundenen Kosten werden den davon profitierenden Geschäftsbereichen belastet. Hier setzt oft eine Diskussion um die IT-Kosten ein. Wegen der fehlenden Transparenz und Vergleichbarkeit wird nicht selten infrage gestellt, ob die Kosten angemessen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die absoluten ITKosten steigen oder wenn sich die Kennzahl Relative IT-Kosten erhöht. Diese Kennzahl enthält die IT-Kosten als Prozentsatz des jeweiligen Umsatzes. Anders als bei einer einzelnen Investition ist eine Kosten- Nutzen-Betrachtung für den laufenden IT-Betrieb kaum möglich, da die Nutzenseite, der so genannte Business Value of IT, nicht oder nur sehr schwer messbar ist. Damit fehlt aber eine wichtige Bezugsgröße, um die Wirtschaftlichkeit eines laufenden IT-Betriebs zu bewerten.

Die Situation bei der Gauselmann Gruppe

In dieser Situation befand sich vor einigen Jahren auch die Beit Systemhaus GmbH, die als interner IT-Dienstleister die Schwesterfirmen der Gauselmann Gruppe mit sämtlichen IT-Leistungen bedient. Die im Familienbesitz befindliche Gauselmann Gruppe ist im Inund Ausland als Hersteller, Anbieter und Betreiber von münzbetätigten Spielgeräten mit und ohne Geldgewinn tätig. In ihren Marktsegmenten ist die Gruppe in Deutschland und Europa führend und nimmt auch weltweit einen der vorderen Plätze ein. Insgesamt beschäftigt der Konzern rund 5500 Mitarbeiter; im Geschäftsjahr 2003 erzielte er einen Umsatz von 669 Millionen Euro.

Das Beit Systemhaus wurde 1987 gegründet und versorgt heute mit etwa 100 Mitarbeitern rund 2000 Anwender und ein Dutzend Konzerngesellschaften im In- und Ausland mit IT-Services. Dazu zählen Unternehmen unterschiedlichster Größenordnung und Wertschöpfungstiefe. Ende der 90er-Jahre haben wir das Systemhaus konsequent als Internal Service Company positioniert. Dies zeigt sich heute unter anderem in einer kundenorientierten Organisation, in der Key Account Manager engen Kontakt zu den Business- Verantwortlichen der internen Kunden halten. Unsere Serviceleistungen sind auf die Bedürfnisse der Schwestergesellschaften zugeschnitten; die Leistungen sind in Art und Umfang eindeutig abgegrenzt und werden zu marktüblichen Konditionen angeboten.

Das Regelwerk für das Kunden-/ Lieferantenverhältnis zwischen den Schwesterunternehmen und dem IT-Dienstleister legen wir in einem übergeordneten IT Steering Committee fest. Dazu zählt zum Beispiel die Formulierung konzernweiter IT-Standards im Rahmen einer gemeinsam abgestimmten Gauselmann-IT-Strategie. Mit der Ausrichtung der IT-Organisation zu einer Internal Service Company haben wir weitere Instrumente geschaffen, die eine optimale IT-Governance im Gauselmann Konzern sicherstellen sollen. Das sind unter anderem strukturierte Verfahren für IT-Investitionsanträge und -genehmigungen, Service Level Agreements, monatliche Servicereports und nicht zuletzt der Gauselmann-IT-Benchmark.

Zentrales Instrument des IT-Controlling


Den Gauselmann-IT-Benchmark haben wir erstmals im Jahre 1999 entwickelt. Seitdem wird diese Dokumentation im halbjährlichen Rhythmus aktualisiert und der Konzernleitung, dem IT Steering Committee sowie den Geschäftsführungen der einzelnen Gruppenunternehmen zur Verfügung gestellt. In denBenchmark fließen die Werte aller vom Beit Systemhaus betreuten Unternehmen ein, und zwar jeweils für einen Zwölf-Monats-Zeitraum sowie das entsprechende Vorjahr.

Vor dem eingangs skizzierten Hintergrund haben wir den IT-Benchmark mit der folgenden Zielsetzung entwickelt:

Um die formulierten Ziele zu erreichen, haben wir das R3F-Modell entwickelt und unserem IT-Benchmark zugrunde gelegt. R3F-Modell steht für "Relative IT-Kosten -drei Faktoren-Modell" und umschreibt die Zerlegung der Kennzahl in drei Bestimmungsfaktoren. Wir haben die Relativen IT-Kosten bewusst als Ausgangspunkt der Analyse gewählt, da diese Kennzahl bei der Betrachtung von IT-Kosten und der Durchführung von Benchmarks sehr verbreitet ist. Dies gilt insbesondere, wenn es darum geht, die IT-Kosten von Unternehmen unterschiedlicher Größe zu vergleichen. Zudem gelten die Relativen IT-Kosten häufig als Indikator für den Stellenwert der IT in einem Unternehmen.

Die Kennzahl Relative IT-Kosten ist eine etablierte und bekannte Größe in der IT-Welt und wird häufig auch für ein Benchmarking innerhalb einer Branche oder darüber hinaus genutzt. Allerdings ist die Aussagekraft der Kennzahl wegen unterschiedlicher Kostenstrukturen und Abgrenzungen in den betrachteten Unternehmen sehr begrenzt oder gelegentlich fragwürdig. Deshalb haben wir uns entschieden, in den Benchmark nur direkt vergleichbare Zahlen der Konzernunternehmen einfließen zu lassen. Die Relativen IT-Kosten lagen im Jahr 2004 in den Unternehmen der Gauselmann Gruppe in der Bandbreite zwischen 0,3 und 2,6 Prozent. In einigen Unternehmen der Gruppe ist diese Kennzahl gegenüber dem Vorjahr angestiegen, in anderen dagegen zurückgegangen. Die Abweichungen der Relativen IT-Kosten und deren Entwicklung sind angesichts der Heterogenität und der Dynamik des Konzerns zu erwarten. Für ein aktives IT-Controlling ist es aber unverzichtbar, die konkreten Gründe für Abweichungen und unterschiedliche Entwicklungen zu erfassen.

Bestimmungsfaktoren der Relativen IT-Kosten

Um Kostenunterschiede und -veränderungen zu erklären, reicht ein einfacher Vergleich der hochverdichteten Kennzahl Relative IT-Kosten nicht aus. Wenn wir einen Benchmark als Steuerungsinstrument nutzen wollen, müssen wir folgende Fragen beantworten können: "Warum liegen die Relativen IT-Kosten im Unternehmen A deutlich über denen des Unternehmens B?" und "Was waren die Ursachen dafür, dass die Relativen IT-Kosten des Unternehmens X gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind?" Nur wenn wir diese Fragen eindeutig beantworten können, wir also die Ursachen für Kostenabweichungen und -veränderungen kennen, kann das Management steuernd eingreifen. Genau diese Zielsetzung verfolgen wir mit dem Gauselmann-IT-Benchmark.

Gemäß dem R3F-Modell resultieren die Relativen IT-Kosten aus drei voneinander unabhängigen Faktoren. Diese drei Faktoren sind:

Aus der Formel Relative IT-Kosten = IT-Arbeitsplatzkosten × IT-Durchdringung × Personalintensität wird deutlich, dass die Relativen IT-Kosten variieren, wenn sich einer der drei Bestimmungsfaktoren ceteris paribus, das heißt bei Konstanz der beiden anderen Faktoren, verändert. In der Realität verändern sich jedoch meist alle drei Faktoren, eine Veränderung der Relativen IT-Kosten resultiert demnach aus dem Zusammenspiel der drei genannten Größen. Hier ist es interessant zu beobachten, wie sich die Einflüsse gegenseitig verstärken oder auch neutralisieren. So können zum Beispiel die Relativen IT-Kosten ansteigen, obwohl die Kosten je IT-Arbeitsplatz deutlich sinken. Dies ist dann der Fall, wenn die IT-Durchdringung und/oder die Personalintensität entsprechend stark ansteigen. Umgekehrt kann der Fall auftreten, dass die Relativen IT-Kosten trotz erhöhter IT-Arbeitsplatzkosten sinken, weil zum Beispiel die Personalintensität überproportional zurückgegangen ist.

Ein Anstieg der Relativen IT-Kosten wird nicht selten dem zuständigen IT-Management angelastet, weil es zulässt, dass die Kosten seines Bereichs schneller wachsen als der Umsatz. Hier leistet das R3F-Modell einen wichtigen Beitrag zu einer Versachlichung der Diskussion. Dasselbe gilt für den Intercompany- Vergleich. Höhere Relative Kosten als in einem Vergleichsunternehmen können vielfältige Gründe haben. Mit den Bestimmungsfaktoren der Relativen Kosten ermöglicht das Modell eine Zuordnung des jeweiligen Verantwortungsbereichs. Wie diese Zuordnung getroffen werden kann, wird bei näherer Betrachtung der einzelnen Faktoren deutlich.

Kennzahl für Kosten des Arbeitsplatzes

Die Kennzahl IT-Arbeitsplatzkosten bilden wir für eine Periode, indem wir die insgesamt angefallenen IT-Kosten auf die jeweilige durchschnittliche Anzahl der genutzten IT-Arbeitsplätze beziehen.

Die IT-Arbeitsplatzkosten setzen sich wiederum aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten zusammen. Mittels einer weitergehenden Differenzierung identifizieren wir die für Abweichungen und Veränderungen relevanten Bestandteile und Verantwortungsbereiche. Das Beit Systemhaus agiert innerhalb der Gauselmann Gruppe als Internal Service Company, die den konzerninternen Kunden gemäß einem Leistungskatalog definierte Leistungen zu festgelegten Konditionen anbietet. Die IT-Kosten eines Gruppenunternehmens entsprechen damit dem Umsatz mit dem Beit Systemhaus. Dank dieser Konstellation haben alle betrachteten Unternehmen des Gauselmann Konzerns eine einheitliche und damit direkt vergleichbare IT-Kostenstruktur. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für einen aussagefähigen Benchmark.

Betrachten wir das Jahr 2004, dann lagen die Kosten eines IT-Arbeitsplatzes in den Unternehmen der Gauselmann Gruppe zwischen 5200 und 9400 Euro. Die gesamten Kosten eines IT-Arbeitsplatzes unterteilen wir in einem ersten Schritt in die Projektkosten und die Servicekosten.

Projektkosten fallen im Zusammenhang mit neuen Vorhaben an, etwa der Realisierung neuer IT-Lösungen, um Geschäftsprozesse zu unterstützen oder neue Geschäftsfelder auszubauen. Neue Projekte werden nicht kontinuierlich und weder in allen Bereichen noch in allen Unternehmen zur selben Zeit durchgeführt. Dies spiegelt sich in den großen Unterschieden bei den Projektkosten wider. Bezogen auf den einzelnen IT-Arbeitsplatz lagen diese Kosten im Jahr 2004 bei den Konzernunternehmen zwischen 100 und mehr als 3000 Euro.

Im Vergleich zu den Projektkosten ist die Spanne bei den Servicekosten deutlich geringer. Diese fallen für die laufende Nutzung der IT-Systeme an. Hier lag der niedrigste Wert im letzten Jahr bei knapp 5000 Euro je IT-Arbeitsplatz, der höchste bei etwa 7500. Gemäß den Leistungskategorien des Beit Systemhauses können wir die angefallenen Servicekosten noch weiter auffächern. Wir unterscheiden hier fünf Kostenkomponenten:

Kosten Basissysteme: In diese Kategorie fallen die Mieten für die Endgeräte sowie die Servicegebühren für die allgemeinen Netzwerkdienste, für Büroapplikationen, das Mailing und weitere Groupware- Anwendungen.

Kosten Datenkommunikation: In dieser Position fassen wir die für die Anbindung von Standorten und Außenstellen anfallenden Kosten zusammen.

Kosten SAP: Diese Kostenkomponente enthält die für die Nutzung des SAP-Systems berechneten Servicegebühren.

Kosten Anwendungen: Hier weisen wir zusammengefasst die individuellen Servicegebühren für weitere, von den Unternehmen genutzte Anwendungen aus.

Kosten Support: Diese Position umfasst die auf Basis fest definierter Stundensätze berechneten Leistungen, die im Rahmen des Anwender-Supports in Anspruch genommen werden.

Dank der feinen Gliederung der Kosten für IT-Arbeitsplätze können wir mit IT-Benchmarking die Ursachen für Kostenabweichungen und -veränderungen leicht identifizieren. Damit können wir im Detail nachvollziehen, welche Kostenkomponenten sich in welchem Maße verändert haben und wie sich diese Änderung auf die gesamten IT-Arbeitsplatzkosten und die Relativen IT-Kosten auswirkt. Dadurch sind auch die Verursacher der Kostenänderung unmittelbar ersichtlich. So können wir zum Beispiel die Veränderung der IT-Arbeitsplatzkosten auf Preisänderungen von Services beziehungsweise auf eine veränderte Ausstattung zurückführen.

IT-Durchdringung

Mit dem Faktor IT-Durchdringung messen wir die Anzahl der IT-Arbeitsplätze in Relation zur Mitarbeiterzahl. Dabei legen wir die rechnerische Anzahl an Vollzeitmitarbeitern zugrunde. Die IT-Durchdringung messen wir rein quantitativ, zum Beispiel in der Ausprägung: 65 Prozent der rechnerischen Vollzeitmitarbeiter nutzen einen IT-Arbeitsplatz. Die qualitative Ausstattung (Hardware und Software beziehungsweise die Nutzung von Services) spiegelt sich in den schon genannten Servicekosten je Arbeitsplatz wider.

In den Unternehmen der Gauselmann Gruppe liegt die IT-Durchdringung zwischen 20 und knapp über 100 Prozent. Werte über 100 Prozent sind durchaus möglich. Sie treten zum Beispiel dann auf, wenn das jeweilige Unternehmen viele Teilzeitkräfte beschäftigt oder wenn einige Mitarbeiter über mehr als einen IT-Arbeitsplatz verfügen. In unserem Modell wirkt sich eine Veränderung der IT-Durchdringung direkt auf die Höhe der Relativen IT-Kosten aus. Eine spürbare Erhöhung der IT-Durchdringung beobachten wir immer dann, wenn das Unternehmen einzelne Bereiche erstmals oder verstärkt mit IT-Arbeitsplätzen ausstattet. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vertrieb eine CRM-Anwendung neu einführt und deshalb allen Außendienstmitarbeitern erstmals ein IT-System zur Verfügung stellt. Derartige Veränderungen werden meistens von Business-Seite angestoßen.

Personalintensität

Die Personalintensität misst in unserem R3F-Modell die Relation Anzahl Vollzeitmitarbeiter zu Umsatz. Sie ist also die Umkehrung der bekannteren Kennzahl Pro- Kopf-Umsatz. Die Personalintensität hat zwar keinen direkten Bezug zum IT-Einsatz und zu den IT-Kosten; sie wirkt sich in dem R3F-Modell aber ebenso wie die beiden anderen Faktoren auf die Höhe der Relativen Kosten aus. Wenn IT-Arbeitsplatzkosten und IT-Durchdringung konstant bleiben, führt eine Verringerung der Personalintensität auch zu einem Absinken der Relativen IT-Kosten – und umgekehrt. Diesen Zusammenhang muss man beachten, wenn sich die Relativen IT-Kosten verändern oder abweichen. Denn hier tritt ein Effekt auf, dessen Ursache außerhalb des Einfluss- und Verantwortungsbereichs des IT-Managements liegt.

Erfahrungen mit dem IT-Benchmark

In der Gauselmann Gruppe wenden wir den hier beschriebenen IT-Benchmark – wie oben bereits erwähnt – seit 1999 erfolgreich an. Zwar fließen in unseren Benchmark keine Informationen über den Business Value of IT ein, und deshalb erlaubt dieses Instrument keine vergleichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, wie sie eine Investitionsrechnung bei neuen Vorhaben bietet. Der gewählte Ansatz ist aber geeignet, die Diskussion um die laufenden IT-Kosten zu versachlichen und zielgerichtet zu führen. Das unserem Benchmark zugrunde liegende R3F-Modell schafft eine hohe Transparenz und liefert den Verantwortlichen wichtige Hinweise auf die Ursachen von Kostenabweichungen und -veränderungen. Der IT-Benchmark und das R3F-Modell, das die Kennzahl Relative IT-Kosten durch das Zusammenspiel der drei Faktoren IT-Arbeitsplatzkosten, IT-Durchdringung und Personalintensität erklärt, sind bei Gauselmann unverzichtbare Instrumente des IT-Controlling.