Studie sagt Krankenhaus-Sterben voraus

Kranke Krankenhäuser

21.06.2006
Jede zehnte Klinik in Deutschland wird in den nächsten fünf Jahren schließen - viele davon in NRW. Das ist das Ergebnis des „Krankenhaus Rating Report 2006“, einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

In Nordrhein-Westfalen müssten demnach in den nächsten Jahren rund 50 Krankenhäuser schließen. Dabei wird es vor allem das Ruhrgebiet treffen. Grund zur Sorge sieht Boris Augurzky, Mitherausgeber der RWI-Studie, allerdings noch nicht. „Wir brauchen sogar einen Abbau“, erklärt Augurzky, da die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus in Zukunft immer kürzer werde. Außerdem nennt der zurzeit gültige Krankenhausplan für NRW, der 2001 beschlossen wurde, ohnehin einen Überschuss von 9.500 Betten landesweit, die langsam abgebaut werden sollen. Versorgungsengpässe sehen die Autoren der Studie daher selbst in den weniger stark besiedelten Gebieten Nordrhein-Westfalens bis 2010 nicht.

Patienten müssen sich auf längere Anfahrtswege einstellen

Dennoch werde sich die Versorgungssituation verändern, erklärt Augurzky: Krankenhäuser müssten sich generell „neu definieren“", um weiterhin Qualität zu gewährleisten. So sollten sich weniger gut ausgestattete Krankenhäuser auf Notfallversorgung beschränken und Patienten mit geplanten Operationen in spezialisierte Zentren überweisen. Wenn solche Zentren dann dank der Einsparungen gut ausgestattet seien, könnten „alle davon profitieren“. Bundesweit könnten durch Schließung der angeschlagenen Häuser drei bis viereinhalb Millionen Euro eingespart werden. Allerdings, räumt Augurzky ein, bedeute ein ausgedünntes Krankenhausnetz zukünftig auch längere Anfahrtswege für die Patienten.

Etwas anders bewertet die Krankenhausgesellschaft NRW die Studie. Es sei absolut noch nicht absehbar, welche Auswirkungen „solche Kompetenzverschiebungen und Konzentrationen“ haben werden, mahnt ihr Sprecher. Durch eine Spezialisierung auf bestimmte Leistungen entstehe mehr Stress, worunter die Qualität leide. Bestes Beispiel seien die neuen Brustzentren, die häufig über den kaum zu bewältigenden Patientenandrang und einen Mangel an qualifiziertem Personal klagen.

Land gibt kein Geld mehr für Krankenhäuser

Ob die verbleibenden Krankenhäuser wirklich von den Einsparungen profitieren könnten, wird bei der Krankenhausgesellschaft NRW ebenfalls bezweifelt. 80 Prozent der Kliniken in NRW schrieben rote Zahlen, während sich die neue Landesregierung fortschreitend aus der Finanzierung zurückziehe, wird gewarnt. Nach einem landesweiten Krankenhaus-Bauboom Anfang der 70er Jahre sei ein großer Teil der Häuser jetzt nicht mehr zeitgemäß ausgestattet. Für eine Renovierung fehle aber meist das Geld, und bei den Banken bekämen die finanzschwachen Häuser keine Kredite mehr.

Auch sei nicht absehbar, ob in ländlichen Gegenden demnächst wirklich noch eine flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern gewährleistet ist. Im Ballungsraum Ruhrgebiet ließen sich längere Wege noch durch gute Verkehrsverbindungen kompensieren. Auf dem Land aber gebe es Kliniken, deren bevorstehende Schließung zwangsläufig einen weißen Fleck auf der Versorgungskarte hinterlassen werde. Welche Kliniken vor der sicheren Schließung stehen, wollen aber weder Krankenhausgesellschaft noch RWI öffentlich machen.

Krankenhaus Rating Report 2006

„Die Entwicklung der deutschen Krankenhäuser – Wege zu einer nachhaltig finanzierbaren Patientenversorgung“.

Verfasser: ADMED GmbH Unternehmensberatung Healthcare (Köln, www.admed.com) und Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI Essen, www.rwi-essen.de)

Andreas Voss, MBmedien GmbH